Gelsenkirchen. Trotz des forschen Saisonstarts sind die Titelchancen von Schalke 04 laut einem Rechenmodell pure Illusion – sagt ein US-Statistik-Guru.

„Alle, die nach sechs Spieltagen und einem Auswärtssieg in Leipzig in Euphorie verfallen – bitte gebt denen Tabletten!“ Diese Empfehlung von S04-Coach David Wagner gilt einen Spieltag später, nach dem 1:1 gegen Köln, mehr denn je. Soll heißen: Meisterträume und ähnlich wirre Gedanken fallen auf Schalke bis auf Weiteres in den medizinisch auffälligen Bereich – und müssen entsprechend behandelt werden.

Rückendeckung für Wagners Anti-Euphorie-Kur

Rückendeckung für seine Anti-Euphorie-Kur erfährt der frühere US-Nationalspieler Wagner (acht A-Länderspiele) ausgerechnet von einem prominenten Landsmann: Der aus Michigan stammende Statistik-Guru Nate Silver (41), seines Zeichens einer der renommiertesten Wahlforscher in den Vereinigten Staaten, attestiert den Königsblauen in der Bundesliga eine Titelchance von weniger als einem Prozent – das ist, wissenschaftlich betrachtet, nicht viel mehr als ein statistisches Restrisiko.

Silvers mathematische Modelle, nachzulesen auf der Internetseite fivethirtyeight.com, gelten international als führend und waren auch in der vergangenen Saison erstaunlich treffsicher – nicht zuletzt, wenn es um Schalke ging: Nach dem 1:0-Sieg der Knappen am 27. Spieltag in Hannover sagte das Superhirn voraus, dass die Stevens-Schützlinge am Saisonende mit 34 Punkten und fünf Zählern Vorsprung auf den Drittletzten VfB Stuttgart Rang 14 belegen würden. Alles an dieser Prognose ging auf, bis auf die Tatsache, dass Schalke lediglich 33 statt 34 Punkte sammelte.

Statistik und Trends geben den Ausschlag

Dass Nate Silver nach eigenen Angaben vom Fußball so gut wie nichts versteht, tut übrigens nichts zur Sache. Er ist auch kein ausgewiesener Baseball-Experte, dennoch entwickelte er einen Algorithmus, der die Leistungen und die Karrieredynamik von professionellen Baseballspielern anhand von statistischen Informationen und Trends verblüffend präzise vorhersagen kann. Auch Silvers Berechnungen für die Fußball-Bundesliga basieren auf einfachen statistischen Informationen wie der bisherigen Punkteausbeute, der Tordifferenz, der Ergebnisarithmetik und dem jüngsten Leistungstrend der Teams. Dennoch sind sie hochkomplex und enorm zuverlässig.

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Wer also immer noch königsblaue Meisterträume träumt, darf mindestens als hoffnungsloser Optimist gelten. Geht es nach Silver, werden wohl die derzeit strauchelnden Bayern (mit einer 76-prozentigen Wahrscheinlichkeit) wieder Meister werden. Die aussichtsreichsten Rivalen: Dortmund und RB Leipzig mit jeweils acht Prozent Titelchance, gefolgt von Bayer Leverkusen (vier Prozent) und dem derzeitigen Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach (zwei Prozent).

Immerhin: Diesmal keine Abstiegsgefahr für Schalke

Für die Schalker kann es laut Silver allenfalls um die Teilnahme an der lukrativen Champions League (Plätze 1 bis 4) gehen. Die Chance, dass das klappt, beziffert der Statistiker mit immerhin 23 Prozent – und damit um sieben Prozent höher als die Königsklassen-Aussichten des derzeitigen Tabellenzweiten VfL Wolfsburg (16 Prozent). In ernsthafte Abstiegsgefahr geraten, so wie in der zurückliegenden Saison, wird Schalke diesmal übrigens nicht: Auch diese Chance beziffert Silver mit weniger als einem Prozent.