Essen/Dortmund. Schalke hat wieder einen Nationalspieler. Wir haben mit einem gesprochen, der Suat Serdar sehr gut kennt: Ex-Sportvorstand Christian Heidel.

Suat Serdar hatte es besonders eilig. Als erster Nationalspieler traf der Profi des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 am Montagmorgen am Teamhotel der deutschen Nationalmannschaft in Dortmund ein. „Ich war sehr nervös und bin es immer noch“, sagte der 22-Jährige nur einen Tag nach seiner ersten Nominierung von Bundestrainer Joachim Löw. Gut möglich, dass Serdar entweder im Spiel gegen Argentinien (Mittwoch, 20.45 Uhr/RTL) oder in Estland (Sonntag, 20.45 Uhr/RTL) sein Länderspiel-Debüt feiert. Und das, obwohl ein schwieriger Weg hinter ihm liegt.

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Einer, der diesen Weg lange begleitet hat, ist Schalkes Ex-Sportvorstand Christian Heidel. Heidel erholt sich immer noch in täglicher Reha von seinem Schlaganfall, verfolgt das Fußballgeschehen aber genau. Er freut sich sehr über die Nominierung seines langjährigen Spielers: „Suat ist ein ganz feiner Junge, der seinen Weg geht. Es ist für mich nicht überraschend.“

2008, als 11-Jähriger, war Serdar zu Heidels Ex-Klub FSV Mainz 05 gekommen. Heidel kann sich im Gespräch mit dieser Zeitung noch genau an den Tag erinnern, an dem Serdar in seinem Büro seinen ersten Profivertrag unterschrieben hatte: „Suat hatte seine Familie dabei, er war stolz wie Oskar, dass er diesen Vertrag bekommen hat. Da wusste ich natürlich noch nicht, dass ich ihn irgendwann zu Schalke hole.“

Wechsel für 10,5 Millionen Euro von Mainz 05 zu Schalke 04

Der Wechsel folgte dann im Sommer 2018 – Schalke war gerade Vizemeister geworden und hatte im Mittelfeld Leon Goretzka und Max Meyer abgegeben. Dass Serdar für eine Ausstiegsklausel von 10,5 Millionen Euro überhaupt verfügbar war, erfuhr Heidel spät: „Als ich Mainz verlassen habe, hatte Suat einen anderen Vertrag als zu dem Zeitpunkt, als er zu Schalke gewechselt ist. Von der Klausel wusste ich nichts.“ Ex-Trainer Domenico Tedesco habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass Serdar vor einem Wechsel nach Hoffenheim stünde. „Domenico und ich haben immer mal über Suat Serdar gesprochen. Domenico kannte ihn gut aus seiner Zeit als Jugendtrainer in Hoffenheim, da hat er oft gegen Suat gespielt. Auch er hat immer gesagt, dass er ein Riesenspieler ist. Ich habe immer gesagt: Den kann man nicht holen. Wenn der Vertrag ohne Ausstiegsklausel gewesen wäre, hätte Mainz ihn niemals abgegeben."

Nach Tedescos Info, Serdar würde zu Hoffenheim wechseln, wählte Heidel die Nummer von Serdars Berater: „Er hat gesagt, dass er mit einem Verein sehr weit ist und erklärt, dass es eine Wechselmöglichkeit gibt. Dann war der Wechsel zu Schalke innerhalb von 48 Stunden perfekt. Suat wollte den Wechsel zu Schalke unbedingt."

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In Serdars erstem Jahr in Königsblau lief es aber nicht gut – weder für das Team, das in Abstiegsgefahr geriet, noch für Serdar selbst. „Er ist durch keine einfache Schule gegangen, die sich jetzt vielleicht sogar bezahlt macht“, sagt Heidel. „Er wurde mit 20 Jahren Stammspieler auf Schalke und trotzdem erwarteten viele Wunderdinge, insbesondere, wenn man ein großes Preisschild umhängen hat. Auch ein Leon Goretzka hat seine Zeit gebraucht, das wird immer vergessen. Aber er ist mit der Kritik, die auch auf ihn einprasselte, bravourös umgegangen und hat seinen Weg fortgesetzt. Den Glauben an Suat Serdar hat niemand auf Schalke verloren“, sagt Heidel. Gerade Domenico Tedesco habe immer an Serdar geglaubt: "Er ist abgefahren auf den Jungen und hat ihm immer eine große Zukunft vorhergesagt."

Unumstritten war Serdar aber erst gegen Ende der vergangenen Saison, nachdem Huub Stevens Tedesco abgelöst hatte. Inzwischen ist Serdar fester Bestandteil des Schalke-Teams. Er traf in den vergangenen vier Spielen dreimal – und das als Mittelfeldspieler.

Kein Groll bei Christian Heidel

Dass Serdar und Schalke jetzt in der Bundesliga durchstarten und Spieler, die er geholt hat, erst jetzt als Stammspieler überzeugen, verfolgt Heidel ohne Groll. „Das ist für mich keine Genugtuung. So ticke ich nicht. Ich freue mich sehr für Suat, aber auch für die anderen Jungs, die jetzt alle zeigen, dass sie gute Fußballer sind, trotz der extrem schwierigen, vergangenen Saison“, sagt der 56-Jährige.

Heidel kann sich nicht vorstellen, dass sich Serdar nach der Nominierung verändert: „Man muss keine Angst haben, dass er abhebt. Das passt überhaupt nicht zu seinem Naturell.“ Er traut Serdar sogar eine große fußballerische Zukunft zu: „Durch seine Begabung und seinen Ehrgeiz hat er alle Möglichkeiten, die er nur nutzen muss.“ Zunächst wünscht er Serdar, auf Schalke zu bleiben: „Er ist in dem Verein, in dem er in sehr jungen Jahren schon sehr hoch geschätzt wurde und wird. Er hat bislang alles richtig gemacht und Schalke auch.“