Gelsenkirchen. Schalkes Ehrenrat entscheidet heute über die Zukunft des Aufsichtsratschef Clemens Tönnies. Vieles ist möglich – auch ein Ausschluss.

Eigentlich müsste sich der FC Schalke 04 nur auf den Pflichtspielauftakt freuen. Am Samstag beginnt die Saison für den Fußball-Bundesligisten mit dem DFB-Pokalspiel beim Regionalligisten SV Drochtersen/Assel (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). Und doch interessiert auf Schalke heute keine sportliche Frage, sondern: Bleibt Clemens Tönnies Aufsichtsrats-Chef? Denn der Ehrenrat der Königsblauen tagt und entscheidet nach den rassistischen Äußerungen des 63-Jährigen beim „Tag des Handwerks“ in Paderborn über mögliche Konsequenzen. Tönnies kann sogar aus dem Verein ausgeschlossen werden. Hier sind die wichtigsten Antworten.

Wer sitzt im Ehrenrat?

Der Ehrenrat besteht aus fünf aktiven oder passiven Schalke-Mitgliedern, die seit mindestens fünf Jahren im Verein sind. Zwei Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Ein Mitglied ist Jurist Prof. Dr. Klaus Bernsmann, der an der Ruhr-Uni Bochum den Lehrstuhl für Straf- und Prozessrecht innehat, nebenbei aber auch als Strafverteidiger arbeitet. Eine interessante Personalie, denn Bernsmann kennt Tönnies sehr gut. Er gehörte zu Tönnies’ juristischen Beratern im Fleischskandal-Prozess, der von 2007 bis 2010 dauerte und mit Tönnies’ Entlastung endete. Nun urteilt Bernsmann über seinen Ex-Klienten.

Was kann der Ehrenrat beschließen?

Der Ehrenrat hat weitreichende Befugnisse, wie sogar das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil bekräftigte. Das Gericht machte deutlich, dass der Ehrenrat bei Sanktionen einen weiten Spielraum habe. So kann der Ehrenrat sogar Mitglieder aus dem Verein ausschließen, laut Satzung zum Beispiel bei „grob vereinsschädigendem oder unehrenhaftem Verhalten, insbesondere bei der Kundgabe rassistischer oder ausländerfeindlicher Gesinnung.“ Weitere mögliche Sanktionen sind unter anderem eine Verwarnung, ein Ordnungsgeld oder ein Ausschluss auf Zeit. Sollte der Ehrenrat nicht sofort zu einer Entscheidung kommen, kann er auch das Ruhen des Vereinsamts bis zum Abschluss des Verfahrens anordnen.

Ist Clemens Tönnies bei der Sitzung des Ehrenrats anwesend?

Ja. Wie die Königsblauen mitteilten, nahm der Ehrenrat Kontakt zu Tönnies auf. Weiter heißt es: „Er hat unverzüglich seine Bereitschaft erklärt, sich auch in der Sitzung zu dem Vorgang zu äußern.“

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Welche wichtige Entscheidung traf der Ehrenrat zuletzt?

Im Februar 2017 suspendierte der Ehrenrat das Aufsichtsrats-Mitglied Andreas Horn für zwölf Monate. Tönnies-Kritiker Horn hatte den Aufsichtsrats-Boss zum Verzicht auf Wiederwahl oder zu einem Rückzug bewegen wollen. Der Ehrenrat bezeichnete dieses Vorgehen als unsportlich und sah darin einen Verstoß gegen die Satzung und das Schalker Leitbild.

Wer übernimmt die Führung, wenn Tönnies zurücktritt oder gehen muss?

Der stellvertretende Aufsichtsrats-Chef Jens Buchta rückt nicht automatisch auf. „Scheidet im Laufe einer Wahlperiode der Vorsitzende aus seinem Amt aus, so hat der Aufsichtsrat das Amt unverzüglich durch erneute Wahl neu zu besetzen“, heißt es in der Satzung. In den Aufsichtsrat nachrücken würde Unternehmensberater Matthias Rüter (42), der bei der Mitgliederversammlung am 30. Juni knapp gescheitert war.

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Kann Schalke auch ohne Zustimmung der Mitglieder neue Kandidaten in den Aufsichtsrat berufen?

Ja. Bis zu drei Mitglieder kann der Aufsichtsrat bestellen – momentan sind dies Ulrich Köllmann, Matthias Warnig und Dirk Metz. Köllmann (ELE) und Warnig (Gazprom) repräsentieren Großsponsoren. Die Bestellung erfolgt für zwei Jahre. Laut Satzung ist sie aber „jederzeit widerruflich“. Stimmberechtigt sind neue Mitglieder erst nach drei Monaten Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat.