Gelsenkirchen/Sevilla. . Das muss Liebe sein: Obwohl es kriselt bei den Königsblauen, darf sich S04 dennoch über Unterstützung beim Test in Spanien freuen.
Wer hätte das gedacht? Wenn die krisengeschüttelten Schalker Profis heute Abend (20.45 Uhr) zum Freundschaftsspiel beim spanischen Tabellensechsten FC Sevilla antreten, werden die leidgeprüften Anhänger der Königsblauen fast in Europapokal-Stärke vor Ort sein: Bereits Anfang der Woche hatten sich rund 180 Schalker mit Tickets eingedeckt. Insgesamt dürften etwas mehr als 200 Blau-Weiße im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán auftauchen, wo Asamoah, Kuranyi & Co. im Uefa-Pokal in der Saison 2005/06 erst in der Verlängerung des Halbfinal-Rückspiels die Segel streichen mussten.
1:0 hieß es damals zugunsten des FC Sevilla, durch einen fulminanten Volleyschuss von Antonio Puerta in der 101. Minute. Trotz der bitteren Niederlage (Hinspiel 0:0) schwärmen die damals mitgereisten S04-Schlachtenbummler bis heute von der feurigen, aber freundschaftlichen Atmosphäre in der andalusischen Arena.
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Auch der Schalker Vereinsführung hatte sich jene Nacht unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt. Als knapp eineinhalb Jahre nach dem Uefa-Cup-Duell ausgerechnet Sevillas damaliger Siegtorschütze Puerta im Alter von nur 22 Jahren einem Herzstillstand erlag, gedachte S04 dem Verstorbenen vor dem folgenden Bundesliga-Heimspiel gegen Leverkusen mit einer Gedenkminute. Zudem schaltete der Knappen-Vorstand ganzseitige Kondolenz-Anzeigen in spanischen Gazetten. Solch mitfühlende Gesten fanden im Süden Spaniens großen Widerhall: Die Anhänger des Sevilla Football Club halten die Spieltags-Schals vom Match gegen Schalke seit Puertas Tod in besonderen Ehren – zum Andenken an ihren einstigen Helden, aber auch in Anerkennung der Anteilnahme vonseiten des Revier-Klubs.
Zwischen den Fanlagern beider Vereine besteht mittlerweile sogar eine kleine, aber feine Freundschaft, wie Mitja Müller von der Abteilung Fanbelange des FC Schalke 04 erklärt: „Diese Verbindung ist sicherlich auf das Halbfinal-Rückspiel von 2006 zurückzuführen.“ Nach 120 aufreibenden Minuten feierten die Sevillaner nämlich nicht nur den Final-Einzug ihrer Mannschaft (die schließlich durch ein 4:0 über den FC Middlesbrough den Titel gewann), sondern auch die unterlegenen Gäste aus Gelsenkirchen mit lang gezogenen „Schaaaalke, Schaaaalke“-Sprechchören. „Zwei unserer Fanclubs, die ,Sportfreunde Kurpfalz 04’ und ,Schalke GEsindel’ stehen sogar in regelmäßigem Kontakt mit dem Fanclub ,Forza Sevilla Campeon’“, verrät Mitja Müller. „Zwischen diesen Fanclubs kommt es immer wieder mal zu gegenseitigen Besuchen anlässlich von Spielen beider Vereine.“
Spieltags-Schals von 2006
Ob aus derlei Kontakten eines Tages sogar eine Fan-Freundschaft auf breiter Ebene werden kann – so wie die legendäre Bundesliga-Brüderschaft zwischen S04 und dem 1. FC Nürnberg – bleibe laut Mitja Müller erst noch abzuwarten. „So etwas muss sich immer entwickeln und aktiv mitgetragen werden, um von einzelnen Fanclubs auf die große Masse überspringen zu können. Zum aktuellen Spiel erwarten wir jedenfalls Leute aus verschiedensten S04-Fanclubs sowie individuell anreisende Anhänger.“
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Diese dürften heute in der Sevilla-Fankurve jede Menge Blau und Weiß aufblitzen sehen, so wie im März 2018: Als die Andalusier im Champions-League-Achtelfinale einen 2:1-Auswärtssieg beim englischen Rekordmeister Manchester United feierten, präsentierten die mitgereisten Schlachtenbummler einmal mehr stolz die alten Spieltags-Schals von 2006 mit dem Sevilla- und dem S04-Wappen. Auch im darauffolgenden Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Bayern (1:2 und 0:0 aus Sicht des FC Sevilla) war jede Menge Königsblau auf den Rängen zu sehen.
Es schien daher nur folgerichtig, dass die Sevillaner den FC Schalke 04 zur diesjährigen Trofeo Antonio Puerta, einem Match zu Ehren des Verstorbenen, einluden. Fast ebenso folgerichtig sagte die damalige Vereinsführung um Christian Heidel, Alexander Jobst und Peter Peters spontan zu. Schalke steht damit in der Tradition großer Vereine des Welt-Fußballs: 2016/17 etwa traten die legendären Boca Juniors aus Argentinien zum Gedenkspiel im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán an, 2017/18 die AS Rom.
2300 Kilometer nach Sevilla
Dass trotz der aktuell bedrückenden sportlichen Situation am Schalker Markt so viele blau-weiße Fans die 2300 Kilometer für einen Freundschaftskick zurücklegen, ist wohl auch ein Signal an den Anhang der Rot-Weißen. Entwickelt sich hier wirklich gerade eine Freundschaft fürs Leben – so wie sie nicht nur zum FCN, sondern auch zum holländischen Nachbarn FC Twente Enschede besteht? Oder zwischen den Ultras GE und deren Kollegen vom mazedonischen Rekordmeister Vardar Skopje sowie der Ultra-Fanszene des süditalienischen Zweitligisten US Salernitana?