Gelsenkirchen. Mike Hanke wurde beim FC Schalke 04 zum Bundesliga-Profi. Am Samstag treffen seine Ex-Klubs Schalke und SC Freiburg aufeinander.

Als Kind war Mike Hanke glühender S04-Fan. Später schaffte er den Sprung in die Knappenschmiede und absolvierte zwischen 2002 und 2005 immerhin 58 Bundesliga-Spiele für Schalke (sieben Tore). Doch was der 35-Jährige zuletzt von seinem Herzensklub sah, vermochte ihn gar nicht zu begeistern: „Das ist teilweise wirklich starker Tobak, wie die Mannschaft spielt“, sagt der ehemalige A-Nationalspieler, der seine Profikarriere vor vier Jahren beim chinesischen Klub Beijing Renhe beendete: „Schalke bringt eigentlich schon seit Jahren keine konstant guten Leistungen, die aktuelle Saison ist aus meiner Sicht jedoch besonders enttäuschend.“

Mike Hanke befürchtet Abstiegskampf

Und so fürchtet Hanke, dass es für die „Königsblauen“ ein langer, beschwerlicher Abstiegskampf werden könnte: „Das letzte Bundesliga-Heimspiel gegen Gladbach war für die Mannschaft ein absolutes Schlüsselspiel. Nachdem sie das verloren haben, halte ich es für möglich, dass sie nun wieder ganz unten rein rutschen.“ Zumal mit Hankes Ex-Arbeitgeber SC Freiburg, für den er von 2013 bis 2014 spielte, ein äußerst unangenehmer Gegner in die Veltins-Arena kommt: „Ich kenne Freiburg-Trainer Christian Streich ja noch aus meiner eigenen Zeit dort. Er bereitet seine Mannschaft auf jeden Gegner extrem gründlich vor. Gerade auswärts sind die Freiburger sehr gefährlich, deshalb glaube ich, dass sie auf Schalke gewinnen werden – auch wenn das sicherlich kein S04-Fan gerne hört.“

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Dass die Breisgauer trotz erheblich geringerer Mittel in der Bundesliga-Tabelle vor Schalke rangieren, ist laut Hanke vor allem Streich zu verdanken: „Er ist einerseits ein sehr impulsiver Typ, mit dem ich auch das eine oder andere Mal ordentlich aneinandergeraten bin. Trotzdem ist er für mich menschlich total korrekt. Und: Er versteht sehr, sehr viel vom Fußball. Es ist schon beachtlich, wie er immer wieder junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu Profis formt.“ Eine Fähigkeit, die man auch auf Schalke einst registriert hatte. 2013 wollte der damalige S04-Sportvorstand Horst Heldt den „Vulkan“ Streich an den Schalker Markt locken. Doch Hanke ist skeptisch, ob das funktioniert hätte: „Bei jedem anderen Verein wäre es für Christian Streich schwierig, so zu arbeiten, wie er das in Freiburg macht. Zumal er sich mit gestandenen Spieler mitunter etwas schwer tut.“

Mike Hanke ist noch immer bestens informiert, was in den Klubs der höchsten deutschen Spielklassen läuft. In seinem neuen Berufsfeld arbeitet er mit weit über 100 Profikickern aus der 1. und 2. Fußball-Bundesliga sowie der Premier League zusammen: „Ich habe ein Internet-Startup namens ,Tivela’ gegründet“, verrät er. „Unser Portal hilft Fußballern, ihre Fanbasis zu verbreitern und ihren Marktwert zu steigern. Neben aktuellen News und Livetickern bringt Tivela Homestorys und präsentiert den modischen Lifestyle der Spieler.“ Besonderer Clou: Über ein neuartiges Shopping-Tool können die Fans die Klamotten der Stars nachkaufen.

Mike Hanke denkt strategisch

Darüber hinaus übernimmt Hankes Startup auch die weitergehende Vermarktung zahlreicher Spieler wie etwa Ex-Nationalkeeper René Adler vom FSV Mainz 05. „In der individuellen Vermarktung ist bei vielen Bundesliga-Profis noch einiges Potenzial nach oben vorhanden“, erklärt der WM-Teilnehmer von 2006. Dabei denkt Hanke durchaus strategisch und weit über die Sportkarrieren seiner Klienten hinaus: „Ungefähr 70 bis 80 Prozent aller Profis gehen in den ersten fünf Jahren nach ihrer Karriere pleite. Wir sorgen dafür, dass sie über die Bindungen an bestimmte Unternehmen auch berufliche Perspektiven für die Zeit nach dem Fußball entwickeln können.“

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Hanke selbst spielt derweil immer noch aktiv Fußball – wenn auch nur zum Spaß, beim kleinen TuS Wiescherhöfen in seiner Geburtsstadt Hamm. „Das war mein allererster Verein“, verrät der Familienvater. „Der Trainer, Steven Degelmann, ist ein guter Freund von mir, mit dem ich früher in der Jugend zusammengespielt habe. Außerdem kicken auch noch andere Freunde von mir in dieser Mannschaft. Als Wiescherhöfen dann vor zwei Jahren in die Landesliga aufgestiegen ist, habe ich spontan zugesagt.“

Allerdings steht Hanke seinem Team nur mit Einschränkungen zur Verfügung: Weil er im 95 Kilometer entfernten Neuss wohnt, reist er lediglich zu den Spielen an. „Das ist teilweise ganz schön hart, wenn du am Sonntag 90 Minuten durchspielen musst, obwohl du nicht voll im Saft stehst“, lacht er und verrät: „Gegenüber meiner Profi-Zeit habe ich knapp acht Kilo zugelegt.“ Außerdem bekommt er es als bekanntes Gesicht aus der Bundesliga in der 7. Liga oft mit zwei oder gar drei Bewachern zu tun. „Und dennoch sind mir in bisher sechs Saisoneinsätzen zwei Tore gelungen“, sagt der gelernte Mittelstürmer und grinst: „Gar nicht schlecht, oder?“

Hanke spielt für die Gladbacher Traditionself

Das Schalker Heimspiel gegen Freiburg am Samstag wird sich Mike Hanke wohl zu Hause im Fernsehsessel anschauen. „Ich war schon länger nicht mehr in der Veltins-Arena, auch weil ich beruflich stark ausgelastet bin“, gesteht er. „Zuletzt wollte ich zum Heimspiel gegen Mönchengladbach fahren, zumal ich auch für die Traditionself der Borussia kicke, die vor dem Bundesliga-Match einen kleinen Hallenkick gegen Schalkes Traditionsmannschaft absolviert hat. Aber dann hab ich mir kurz zuvor leider eine Magen-Darm-Grippe eingefangen.“

Auch Hankes emotionale Nähe zu Königsblau hat in der jüngeren Vergangenheit zusehends nachgelassen: „Insgesamt hat mich die Entwicklung auf Schalke doch ziemlich enttäuscht. Vor allem in der Zeit, als Felix Magath als Trainer und Manager dort tätig war, hat man so ziemlich alles und jeden im Klub ausgetauscht. Danach kannte ich plötzlich kaum noch jemanden auf der Geschäftsstelle. Das ist schade und geht natürlich auch ein bisschen zu Lasten der Identifikation.“

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Und noch etwas hat sich verändert gegenüber den 1990er-Jahren, als der rotblonde Junge aus Hamm noch mit S04-Schal und blau-weißer Mütze in der Nordkurve des Parkstadions stand: „Wenn man erst einmal selbst Profi ist, rückt das Fan-Sein mit der Zeit automatisch ein bisschen in den Hintergrund“, sagt Mike Hanke bemerkenswert offen. „Ich bin zwar immer noch Schalke-Sympathisant und verfolge den Verein auch weiterhin sehr intensiv – aber viel mehr ist da auch nicht.“