Essen. Bayer Leverkusen setzt in der Rückrunde lieber auf Peter Bosz als auf Heiko Herrlich. Schalke dagegen zeigt endlich Langmut. Ein Kommentar.
Bayer Leverkusen hatte am Mittwochabend auf Schalke mit 2:1 gewonnen und schickte am Samstag die Hertha mit 3:1 zurück nach Berlin. Entlässt man bei einem Aufwärtstrend den Trainer? Heiko Herrlich hatte offensichtlich keine Chance mehr.
Bosz scheiterte beim BVB an vernachlässigter Absicherung der Offensive
Der eine Rudi Völler, nach wie vor der starke Mann bei Bayer, beklagte eine „Stagnation in der Entwicklung des Teams“. Veränderung und Verbesserung soll nun Peter Bosz herbeiführen. Der Mann, der vor einem Jahr bei Borussia Dortmund an vernachlässigter Absicherung seines Offensivstils scheiterte. Fehlende Balance im Team – seit langem ein Leverkusener Manko. Ein gewagter Akt also, ausgerechnet dem Niederländer diese Aufgabe zu übertragen.
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Auf Schalke ist alles anders. Da atmen gerade alle auf, weil wenigstens zum Jahresende noch ein Sieg gelang. Aber es war erst der fünfte. Leverkusen hat sechs Punkte mehr, Schalkes Lage ist immer noch bedrohlich. Doch Sportvorstand Christian Heidel hat sich festgelegt: Der Trainer heißt auch im Jahr 2019 Domenico Tedesco.
Diese Treue, dieses Vertrauen ist nicht typisch für Schalke 04. Jahrelang ging der Verein einen anderen Weg, Langmut gehörte selten zu seiner Philosophie. Domenico Tedesco hat diese Chance verdient, zweifelsfrei passt der junge Trainer mit seiner Hingabe und seiner Identifikation nach Schalke. Unterstützung aber kann nicht schaden, ein erfahrener zusätzlicher Co-Trainer an seiner Seite könnte eine erste gute Maßnahme sein.
Schalke hat definitiv nicht gegen den Trainer gespielt
Doch vieles wird weiterhin von den Spielern abhängen. In Stuttgart haben sie trotz einiger Fehler gezeigt, dass sie sehr wohl als Team funktionieren können, der Sieg entstand durch Zusammenarbeit und Zusammenhalt. Gegen den Trainer hat die Mannschaft definitiv nicht gespielt.
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Man fragt sich natürlich: Warum nicht häufiger so? Ab sofort müssen auch schmerzhafte Bohrungen nach Gründen für den Absturz vorgenommen werden. Auch über den formschwachen Torwart wird zu reden sein. Natürlich überlegt man etwas länger, wenn es sich dabei um den Kapitän handelt und der auch noch ein feiner Kerl, ein Herzensschalker ist. Aber es ist Profifußball, da sollte sich auch Ralf Fährmann einem offenen Konkurrenzkampf mit dem talentierten Alexander Nübel stellen müssen. So wie sich die vermeintlich etablierten Angreifer künftig auch erst mal gegen die aufstrebenden Steven Skrzybski und Ahmed Kutucu behaupten müssen.
Auf allen Ebenen wird die Arbeit während der Winterpause wegweisend sein. Die Arbeit des Sportchefs, die Arbeit des Trainers, die Arbeit der Spieler. Schalke darf sich nichts vormachen: Der letzte Eindruck hat lediglich die Stimmung vor dem Fest ein wenig aufgehellt.