Kunshan. . Schalkes Jugendtrainer Kai Brock pendelt zwischen Deutschland und Fußballschule in China. Er sagt: „Ich mache einen Job, von dem andere träumen.“
Ein langgezogenes „Jaaaa.“ Dann ein kritisches: „Oh, den kann man aber ruhig mal machen.“ Danach ein motivierendes: „Weiter so, genau richtig.“ Kai Brock ist in seinem Element. Der Diplom-Sportwissenschaftler leitet in Schalkes chinesischer Fußballschule die Gruppe der unter Neunjährigen auf einem Viertel des großen Kunstrasenplatzes neben dem Kunshan Sports Centre Stadium an. Ein paar Meter weiter wirbelt Sam Farokhi mit seiner Trainingsgruppe. „Wir waren bisher mit unserer Schalker Knappen-Fußballschule in acht verschiedenen chinesischen Städten. Kunshan ist unser Zentrum, unsere zweite Heimat.“
Brock hätte als Sportlehrer weiterarbeiten können
Unterdessen gibt Brock seine Kommandos bei einer Dribbel-Übung durch zwei aufgestellte blaue Hütchen auf deutsch. Die ihm zur Seite gestellte Christin, eine chinesische Germanistik-Studentin der benachbarten Universität, übersetzt für die Kids sofort in ihre Heimatsprache. Binnen Sekunden verstehen die jungen Fußballer – und die junge Fußballerin Marta –, was Brock von ihnen verlangt. „Einige Basisbegriffe auf chinesisch kann ich auch. Die kommen dann von Situation zu Situation“, sagt der Schalker Nachwuchs- und Athletik-Trainer.
Kai Brock hätte es einfacher haben können, als bei Temperaturen zwischen 35 und 40 Grad Celsius auf dem Platz zu stehen und tausende Kilometer von seiner Heimat entfernt Anweisungen zu geben. Der Familienvater hätte an der Gesamtschule Berger Feld als Sportlehrer weitermachen können. Er wollte aber nicht. Nach vier Jahren gab er den Lehrer-Beruf auf und konzentrierte sich auf die Talentausbildung bei Schalke.
Kontakt nach Hause über Videoanrufe
„2016 war ich in Peking bei unserem ersten großen Scouting-Camp dabei. Wir haben damals aus über 400 Kindern die talentiertesten herausgesucht. Seit dieser Zeit bin ich immer wieder nach China zurückgekommen“, sagt der Dozent. Brock pendelt seit einigen Monaten zwischen Europa und Asien. Acht, neun Tage verbringt er am Stück in Kunshan, wo Schalkes sein Basis-Camp in China betreibt, danach fliegt er wieder zurück nach Hause. „Mittlerweile“, sagt Brock, „ist das fast schon Routine geworden. Meine Frau und meine Kinder haben sich daran gewöhnt. Über Facetime oder Videoanrufe kann ich trotz der Entfernung am Geschehen zuhause teilhaben.“
Brock hat seine Bestimmung gefunden. „Ich mache einen Job, von dem andere träumen. Und ich spüre bei der Zusammenarbeit mit den Kids Dankbarkeit, die einem in Deutschland so nicht entgegen gebracht wird. Für mich ist die Arbeit in der Schalker Fußballschule Passion. Es ist eine Herzensangelegenheit.“ Genau das will Brock den Jungs und Mädels näher bringen.
Den Straßenfußball gibt’s hier nicht
China ist anders als Ruanda, wo Brock im Rahmen des Projekts „Schalke hilft“ tätig war. „Da spielen die Kinder mit leeren Blechbüchsen auf der Straße Fußball. So etwas gibt es in China nicht. Der klassische Straßenfußballer existiert hier nicht.“ Umso wichtiger ist die Basisarbeit, die jetzt Schalke mit der Fußballschule übernimmt. Schritt für Schritt sollen die Talente nach vorne kommen. „Tischtennis, Badminton und auch Basketball sind hier weit verbreitet, aber grundsätzlich haben es Teamsportarten in China schwer“, bilanziert Brock und nennt einen weiteren Aspekt, der gefördert werden muss: „Es geht nicht nur um fußballerische Fähigkeiten, sondern auch darum, Teamgeist zu entwickeln. Und da können wir uns nicht hinstellen und sagen: Wir kommen aus Deutschland und sagen, wie das geht. Wir müssen gemeinsam auf die Reise gehen.“
Auch deswegen ist Kai Brock genau richtig in Kunshan. Mit Reisen kennt er sich aus wie kaum ein anderer. Und er sagt: „Ich glaube, dass der Fußball überall auf der Welt der kleinste gemeinsame Nenner sein kann.“ Das demonstriert er mit seinen Trainerkollegen Tag für Tag.