Gelsenkirchen. . Schalkes Abwehrchef ist mit 35 Jahren so stark wie nie: torgefährlich und beständig. Für die Gegner ist er schon jetzt der Spieler des Jahres.
Beim Training auf Schalke hatte sich am Dienstag überraschender Besuch eingefunden: Drei Fans aus Brasilien waren gekommen, und wem ihre besondere Zuneigung galt, ließ sich leicht erkennen: Alle drei trugen Schalke-Trikots mit der Nummer 29 und dem Namen Naldo – einer der drei trug sogar die gleiche Frisur wie Schalkes Abwehrchef.
Als Naldo das Trio aus der Heimat am Spielfeldrand entdeckte, kam er noch während des Trainings zur Bande gelaufen und hielt ein Schwätzchen mit dem Besuch – als deutscher Vizemeister kann man sich so etwas erlauben. Und später gab es vereinzelte Rufe von einem deutschen Schalke-Fan, die ebenfalls leicht zuzuordnen waren: „Naldo, du Fußballgott!“
Noch nie hat er 34 Bundesliga-Spiele geschafft
Dass Naldo beim ersten Schalker Training nach dem Gewinn der deutschen Vizemeisterschaft überhaupt auf dem Platz stand, war nicht unwichtig. Denn: Der 35-Jährige geht damit fit in die letzte Trainingswoche dieser Saison und kann am Samstag einen persönlichen Rekord aufstellen. Wenn er beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt vom Anfang bis zum Ende dabei ist, hat er in dieser Saison keine einzige Bundesliga-Minute verpasst – das hat er in seiner langen Karriere noch nie geschafft.
Der torgefährlichste Abwehrspieler Europas
„Bisher“, erzählt Naldo, „ist immer eine Sperre oder eine Verletzung dazwischen gekommen.“ Oft hat er für seine früheren Vereine Werder Bremen und VfL Wolfsburg mehr als 30 Bundesligaspiele in einer Saison bestritten,, aber noch niemals alle 34. „Das könnte ein Rekord werden“, schmunzelt Naldo, der nebenbei auch noch eine zweite Bestmarke im Anstich hat: Bisher hat er für Schalke in dieser Saison sieben Tore erzielt – genauso viele wie 2014/15 für Wolfsburg in der Bundesliga. Sein achtes Tor hat er schon vor zwei Wochen angekündigt und dabei gesagt: „Vielleicht gehe ich mit meiner Familie dann ins Restaurant und feiere ein bisschen, aber erst muss ich das achte Tor schießen.“
Damit wetteifert Naldo in dieser Saison übrigens auch noch um den Titel des torgefährlichsten Abwehrspielers in einer der großen europäischen Ligen: Derzeit liegt er mit seinen sieben Toren gleichauf mit dem Niederländer Stefan de Vrij von Lazio Rom, der sechs Tore in der Meisterschaft und eines in der Europa League erzielt hat.
Naldo, der Fußballgott?
Die Leistungen des gebürtigen Brasilianers sind auf jeden Fall rekordverdächtig – für Stefan Reuter, den Geschäftsführer des Schalker Bundesliga-Konkurrenten FC Augsburg, ist Naldo „vielleicht sogar der Spieler der Saison“. Nicht nur auf Schalke, sondern in der gesamten Bundesliga. Reuter, früher selbst Abwehrspieler und Weltmeister von 1990, adelte Naldo nach dem Spiel am vergangenen Samstag, als Schalke mit dem 2:1-Sieg in Augsburg die Champions League klar machte: „Es ist eine ganz grandiose Spielzeit von Naldo. Manchmal spielt er Risiko, aber er ist in der Luft nicht zu bezwingen und holt jeden Ball.“
Mit 35 Jahren so stark wie nie
Mit 35 Jahren so stark wie nie: Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. „Er ist für uns alle ein Vorbild“, sagt sein Mitspieler Alessandro Schöpf. Das Alter würde man Naldo überhaupt nicht anmerken, „der läuft ja noch rum wie ein junges Reh.“
Naldo muss bei solchen Komplimenten schmunzeln, er reicht sie lieber an die Mannschaft, die Trainer oder die Physiotherapeuten weiter: „Der Erfolg gehört dem gesamten Verein.“ Trainer Domenico Tedesco, der drei Jahre jünger ist als er selbst, schätzt er über alle Maßen: „Wir haben schon im Trainingslager vor der Saison gemerkt, dass er sehr, sehr gut zu uns passt.“ Mittlerweile, erzählt Naldo, würden sogar die Gegner sagen, dass Tedesco sehr gut für Schalke sei, was ja auch eine Auszeichnung ist. „Er wird eine super Zukunft haben“, sagt Naldo über Tedesco.
In der nächsten Saison werden beide mit Schalke in der Champions League antreten: Für den Trainer ist es seine Premiere, für den Profi eine Rückkehr auf die, pardon, alten Tage in die Liga, in der er früher mit Bremen und Wolfsburg oft zu Gast war. „Das ist die top Liga“, schwärmt der Brasilianer: „Ich freue mich sehr, dass ich wieder dabei bin und wir wieder Champions League spielen.“
2019 muss noch lange nicht Schluss sein
Der beste Spieler der gesamten Bundesliga-Saison kehrt in die Liga der Besten zurück: Da kommt zusammen, was zusammen gehört.
Naldo und Schalke: Jetzt passt es, was so mühsam anlief, als Manager Christian Heidel den Routinier in seiner ersten Amtshandlung für Schalke im Mai 2016 verpflichtete. Längst ist der Vertrag bis 2019 verlängert, aber auch danach muss noch lange nicht Schluss sein. „Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre auf hohem Niveau spielen kann“, sagt der Profi, der in vier Monaten, am 10. September, 36 Jahre alt wird: „Es ist wichtig, dass ich gesund bleibe.“
So fit und gesund wie in dieser Saison. Der Saison seiner Rekorde.