Gelsenkirchen. . Auf Schalke ist Amine Harit Publikumsliebling. Im Interview erklärt der 20-jährige S04-Angreifer, warum er sofort eingeschlagen ist.
Amine Harit (20) ist äußerst pünktlich. Zwei Minuten vor der vereinbarten Zeit erscheint der Schalker Offensivspieler, der sich binnen kürzester Zeit zum Publikumsliebling gedribbelt hat, zum Interview mit dieser Zeitung. Harit, im blauen Anzug mit modischen Silbernieten, antwortet auf Englisch. Deutsch ist ihm trotz einiger absolvierter Unterrichtsstunden noch zu schwierig. Nur wenn die Sprachbarriere unüberwindbar ist, greift der französische Übersetzer aus Paris helfend ein.
Monsieur Harit, haben Sie im Deutsch-Unterricht schon von der Redewendung „Die Herzen im Sturm erobern” gehört?
Amine Harit: Nein. (blickt zum Dolmetscher und lässt sich den Satz auf Französisch erklären)
Passt dieser Begriff zu Ihnen und Ihrem stürmischen Spielstil? Schalkes Fans haben Sie vom ersten Tag an geliebt.
Amine Harit: Mag sein, denn mein Spielstil ist vielleicht ein bisschen ausgefallen. Es war von Anfang an mein Traum, dass die Schalke-Fans mich mögen. Das kann dich auch auf dem Platz beflügeln und macht es einfacher, als wenn sie dich reserviert empfangen.
Ist das für Sie auch eine Auszeichnung?
Amine Harit: Ja sicher, das ist eine Ehre. Es ist nicht so einfach, sich diesen Status bei den Schalker Fans sofort zu erarbeiten – sie sind eine echte Macht. Das macht mich glücklich.
Spätestens nach dem Derby in Dortmund, als Sie mit einer Verletzung auf den Platz zurückgekehrt sind, waren Sie für die Schalker ein Held…
Amine Harit: Ja, das war echt ein verrücktes Spiel. 0:4 hinten und dann 4:4 – das war unglaublich, und ich habe auch noch ein Tor geschossen. Einfach toll für das Team, für mich und auch für die Fans.
Nach dem 4:4 haben Sie sich die Haare wegen einer verlorenen Wette blond gefärbt. Sehen wir eigentlich bei Ihnen im April, wenn Dortmund zum Rückspiel in die Arena nach Schalke kommt, wieder eine neue Frisur?
Amine Harit: (lachend) Warum nicht? Wir werden sehen. Wenn wir uns für die Champions League qualifizieren sollten, färbe ich mir die Haare vielleicht blau.
Sind Sie in Ihrer Karriere bisher eigentlich immer so ein stürmischer Draufgänger gewesen?
Amine Harit: Oh nein. Das ist nicht leicht, immer auf dem besten Niveau zu spielen – das können nur die allerbesten Spieler der Welt. Ich bin noch jung und erst 20 Jahre alt. Eigentlich waren die ersten sechs Monate auf Schalke die bisher besten meiner Karriere – hoffentlich kann ich dieses Niveau auch in Zukunft zeigen.
In Deutschland gibt es ein Wort aus dem Französischen, das nach unserem Eindruck gut zu Ihnen passt: Filou. Sind Sie ein Schlitzohr – ein Filou?
Amine Harit: (lachend) Auf dem Platz bestimmt. Neben dem Platz bin ich genau wie jeder andere junge Spieler: Manchmal baust du da auch etwas Mist. Du bist unterwegs, du musst im Leben deine Erfahrungen machen. Ja, ich denke schon, dass ich ein kleiner Filou bin.
Was möchten Sie in Ihrer Karriere erreichen?
Amine Harit: Ich hoffe natürlich, dass auch ich eine große Karriere hinlegen kann – warum nicht auch auf Schalke? Ich fühle mich auf Schalke sehr gut aufgehoben, mein Vertrag läuft ja noch drei weitere Jahre.
Hat Ihnen Trainer Domenico Tedesco dabei geholfen, den nächsten Schritt in Ihrer Karriere zu machen?
Amine Harit: Sicher, er hat mir sehr viel geholfen. Die ersten sechs Monate waren unglaublich für mich, für den Verein und für die Mannschaft. Ich hoffe, dass der Trainer mich auch in den nächsten Jahren so weiter nach vorne bringt. Domenico Tedesco ist fast wie ein Vater für jeden, er spricht sehr viel mit allen Spielern – das ist das, was Spieler wollen. Fußballer mögen es nicht, wenn der Trainer die ganze Zeit in seinem Büro sitzt und man ihn nur beim Training sieht, wenn er seine Anweisungen gibt. Domenico Tedesco ist da ganz anders. Er ist unser Trainer und trotzdem ganz nah bei uns.
Im Europapokal läuft es aus deutscher Sicht mau. Können Sie das mit Schalke nächstes Jahr ändern?
Amine Harit: Ich hoffe, dass wir nach Europa kommen. Aber Bayern München spielt schon jedes Jahr gut in der Champions League, was fehlt, ist ein zweiter konstant guter Klub aus der Bundesliga. Es wäre schön, wenn unsere Entwicklung so positiv weitergeht und wir diese Rolle in den nächsten Jahren vielleicht irgendwann auch übernehmen könnten.
Sie spielen seit Oktober 2017 für die marokkanische Nationalmannschaft. Wenn Sie in Marokko durch die Straßen gehen: Erkennen Sie die Leute dort?
Amine Harit: Ja, mittlerweile wird es schwieriger, mal rauszugehen, ohne erkannt zu werden. Es freut mich, wenn jemand auf mich zukommt und mir sagt: Hey, du spielst richtig gut – danke für das, was du für unser Land tust.