Gelsenkirchen. Schalkes Ex-Kapitän Höwedes versteht die Enttäuschung der Fans wegen Goretzkas Wechsel zum FC Bayern und redet über seine Zeit in Italien.

Als Domenico Tedesco im zurückliegenden Sommer Benedikt Höwedes mitteilte, dass er nicht mehr mit den gewohnten Einsatzzeiten rechnen könne, tat sich zwischen dem neuen Trainer des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 und dem langjährigen Kapitän der Königsblauen ein Graben auf. Ein Loch, das nicht zugeschüttet werden konnte, jedenfalls nicht bis zur Ausleihe Höwedes‘ an Juventus Turin.

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Inzwischen hat sich ihr Verhältnis wieder normalisiert. „Wir haben uns geschrieben und die Vorfälle ausgeräumt“, erzählt der Nationalspieler der Sportbild. Bezüglich Tedescos Spruch „Reisende soll man nicht aufhalten“ bezeichnet sich Höwedes als „kein nachtragender Mensch“, aber glücklich scheint der 29-Jährige trotzdem nicht über die Wortwahl zu sein: „Wir haben beide genug Herausforderungen, um uns nicht weiter damit zu beschäftigen.“

Vielleicht auch deshalb teilt Höwedes das Interesse der Turiner an einer Zusammenarbeit über den Sommer hinaus. „Wenn Juventus Interesse hat , mit mir länger zusammenarbeiten zu wollen, kann ich mir das sehr gut vorstellen. Aber jetzt konzentriere ich mich auf die Rückrunde, dann schauen beide Parteien, was passiert.“ Angesprochen auf eine mögliche Rückkehr nach Gelsenkirchen, sollten sich beide Vereine nicht auf eine Ablösesumme und der Spieler mit Italiens Rekordmeister auf eine Bezahlung seiner Dienste einigen können, weicht der Weltmeister von 2014 aus.

Als sportlichen Abstieg will Höwedes den Wechsel nach Norditalien aber nicht verstanden wissen: „Für mich ist es ein Aufstieg und kein Absturz , wenn man in dieser Situation ein Angebot von Juventus Turin, einem der größten Vereine der Welt, erhält.“ Kritische Worte wie die von Klub-Legende Klaus Fischer („Wir brauchen Höwedes auf Schalke nicht mehr“) „lassen mich relativ kalt. Ich weiß, was ich für den Verein geleistet habe. Ich habe eine große Anerkennung im Laufe der Jahre von den Fans bekommen, habe immer meinen Mann gestanden und bin in guten wie schlechten Zeiten als Führungsspieler vorangegangen.“

Benedikt Höwedes freut sich über die positive Hinrunde des FC Schalke 04

Als Fan erfreue sich Höwedes über die positive Hinrunde. Tedesco „hat nicht alles, aber sehr vieles richtig gemacht“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Ich glaube, dass Domenico Tedesco einen tollen Job macht. Er hat Schalke wieder auf die Erfolgsspur gebracht. Jetzt gilt es, daran anzuknüpfen, damit der Verein auch am Ende der Saison die Ziele im Pokal und in der Meisterschaft erreicht. Ohne die Belastung Europa League ist vieles drin!“ Der Innenverteidiger selbst will nun erstmal wieder fit werden, um zu seinem zweiten Einsatz für Juventus zu kommen. Und um noch mit der Nationalmannschaft im Sommer in Russland den WM-Titel verteidigen zu können: „Es ist wichtig , dass ich schnell fit werde und mit Juventus eine erfolgreiche Rückrunde spiele. Gelingt mir das, kann ich mir – glaube ich – berechtigte Hoffnungen machen, mit zur WM zu fahren.“

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undestrainer Joachim Löw wisse genau, was er an ihm habe: „Ein Vorteil ist , dass ich auf allen Positionen in der Defensive spielen kann und in der Offensive torgefährlich beim Kopfballspiel bin. Ich habe das Vertrauen, das mir bei der Nationalmannschaft gegeben wurde, immer zurückgegeben. Auf mich kann man sich verlasse, ich gehe immer an meine Leistungsgrenze und bin ein absoluter Teamplayer.“ (ab)

Höwedes versteht Enttäuschung der Schalke-Fans

Mit dem ablösefreien Wechsel in der Sommerpause zum FC Bayern hat sich Leon Goretzka bei den Anhängern des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 extrem unbeliebt gemacht. Entsprechend fielen nach dem Bekanntwerden seiner Entscheidung zur beruflichen Zukunft die Reaktionen beim Spiel gegen Hannover 96 (1:1) aus.

Nach Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hat nun auch Schalkes Ex-Kapitän Benedikt Höwedes Verständnis für Goretzka geäußert. „Ich bin immer der Meinung, dass jeder Spieler seine eigenen Interessen und Ziele verfolgen darf“, sagt der an Juventus Turin ausgeliehene Weltmeister. „Wenn Leon seinen nächsten Karriereschritt in München sieht, sei ihm das gegönnt.“

Gleichwohl versteht Höwedes natürlich die Enttäuschung der königsblauen Fans. „Es ist schade für Schalke, denn er ist ein verdienter Spieler, der immer seine Leistung gebracht hat. Mit ihm verliert der Verein auch einen echten Typen.“ Bierhoff hatte zuvor in der Bild erklärt, dass er keine Zweifel an Goretzkas Loyalität gegenüber Schalke bis zum Saisonende hege. „Leon ist ein Vollprofi, der bis zum Vertragsende alles für Schalke geben wird. Ich wie, dass ihm die Entscheidung schwer gefallen ist“, so Bierhoff. Auch aus Sicht der Nationalmannschaft im WM-Jahr sei die Entscheidung des 22-Jährigen richtig: „Wir alle sollten froh sein, dass Leon höchste sportliche Ziele hat und der Bundesliga erhalten bleibt, anstatt nach England oder Spanien zu gehen, wo er wahrscheinlich mehr hätte verdienen können.“

Matthäus zeigte Verständnis für Goretzka, das Bayern-Angebot angenommen zu habe, um mit den Münchnern Titel zu gewinnen: „Viele Ex-Stars haben Schalke verlassen, obwohl sie noch einen laufenden Vertrag hatten. Goretzka geht erst, nachdem sein Kontrakt ausläuft. Das ist total anständig.“ (ab)