Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 hat gegen Hannover 96 1:1 gespielt. Das Tor für die Königsblauen erzielte Marko Pjaca. Hannover traf kurz vor Schluss. Der Spielbericht.
Es war nicht sein Abend, es ist nicht seine Zeit. Als Leon Goretzka nach 64 Minuten vom Platz geholt wurde, streckten sich ihm demonstrativ von der Ersatzbank aus viele Hände entgegen. Er klatschte sie alle ab – ein bisschen Wohlgefühl nach einem Spiel, bei dem er einiges ertragen musste. Bei jedem Ballkontakt war der Nationalspieler ausgepfiffen worden.
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Als Profi verspricht er sich mit seinem Wechsel im Sommer zum FC Bayern Titel und Ruhm. Durch die Begleitumstände dieses Transfers, vor allem durch die Hinhaltetaktik des 22-Jährigen fühlten sich viele Fans der Königsblauen am Sonntag beim Spiel gegen Hannover 96 zu deutlichen Reaktionen herausgefordert. Leistungsfördernd war dies offensichtlich nicht, einen Goretzka in Top-Form hätte Schalke gut gebrauchen können: Die Königsblauen verspielten in den Schlussminuten ihre 1:0-Führung - mit dem 1:1 blieben sie zwar weiterhin in der Spitzengruppe, doch sie verpassten den Sprung zurück auf den zweiten Tabellenplatz.
Vor der Partie hatten Fans Leon Goretzka etwas zu lesen mitgebracht. Beim Warmlaufen wurde dem 22-Jährigen auf großen Spruchbändern verdeutlicht, dass er „1000 Freunde im Stich gelassen“ habe und dass er sich, nun ja, „verpissen“ könne. Und schon bei der ersten Ballberührung nach dem Anstoß wusste der frühere Bochumer dann endgültig, was ihm an diesem Abend blühen würde.
Goretzka: "Es war schon eine besondere Situation"
Da die Phonstärke der Pfiffe keine Rekordwerte erreichte, fühlte sich Goretzka nervlich nicht überstrapaziert. Geärgert habe ihn an diesem Abend vor allem das späte Gegentor: „Das fühlt sich jetzt an wie zwei verlorene Punkte.“ Goretzka gab aber zu, dass dies für ihn kein normales Fußballspiel gewesen sei. „Es war schon eine besondere Situation“, sagte er. „Dass die Fans ihren Unmut äußern würden, damit war ja zu rechnen. Wenn dich deine eigenen Fans auspfeifen, tut das natürlich weh. Im Großen und Ganzen aber ist alles im Rahmen geblieben. Wichtig ist, dass es die Mannschaft nicht abgelenkt hat.“
In der Tat hatte man nicht das Gefühl, dass die schlechte Stimmung um Goretzka die gesamte Mannschaft lähmte. Amine Harit beispielsweise ließ sich von dem ganzen Theater nicht im geringsten beeindrucken. Der junge Tempodribbler zog einfach sein Spiel durch - und so ging Schalke schon nach 16 Minuten mit 1:0 in Führung. Der marokkanische Nationalspieler raste von der Mittellinie zielstrebig Richtung Tor und schickte dann im richtigen Moment einen Pass in die Tiefe: Marko Pjaca, Leihgabe von Juventus Turin, nahm den Ball mit, drehte sich kurz und clever - und dann: hinein ins Vergnügen! Ein gelungenes Startelf- und Heimdebüt für den kroatischen Nationalspieler.
Schalke mit viel Glück
Aber die Schalker haben in dieser Saison selten so dominant gespielt, dass Führungen beruhigend waren. Auch am Sonntagabend verpassten sie es, einen ihrer vielen Konter sauber zu einem durchaus möglichen 2:0 auszuspielen. „Das müssen wir uns vorwerfen“, klagte Trainer Domenico Tedesco. „Es ist jammerschade, dass wir nicht den Deckel draufgemacht haben.“
Stattdessen fühlte sich Hannover 96 ermutigt. Schon in der 28. Minute wäre beinahe der Ausgleich gelungen, als Felix Klaus aus rund 20 Metern nur den Pfosten traf. Das Team des früheren Schalke-Trainers André Breitenreiter wartete nicht auf Schalker Fehler, sondern ergriff wiederholt selbst die Initiative.
In der 86. Minute war es dann passiert: Niclas Füllkrug belohnte den nie nachlassenden Ehrgeiz der Hannoveraner mit dem 1:1. „Mehr als verdient“ nannte Breitenreiter den Punktgewinn. „Das war ein sehr beeindruckender Auftritt unserer Mannschaft hier bei einem Champions-League-Anwärter.“
Für die Königsklasse fehlt derzeit die Reife
Für die Königsklasse fehlt den Königsblauen derzeit aber noch die Reife. Den Sieg aus der Hand gegeben zu haben, das machte den Abend natürlich für ganz Schalke zu einer Enttäuschung - und nicht nur für Leon Goretzka.
Der künftige Bayern-Profi bekräftigte, dass der Wechsel „der richtige Schritt“ für ihn sei: „Ich bin sehr klar mit der Entscheidung.“ Ein vorzeitiger Transfer noch bis zum 31. Januar aber ist für ihn kein Thema: „Mein ganz klarer Plan ist, dass ich mit Schalke die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreichen will. Ich hoffe, dass alle wissen: Ich werde mich dafür zerreißen.“
Ein Versprechen, das er ganz sicher ernst meint. Von der Umsetzung seines Vorhabens wird es abhängen, ob er die verärgerte S04-Anhängerschaft in den nächsten Wochen ein wenig beruhigen kann
Der Schalke-Ticker zum Nachlesen: