Gelsenkirchen. . Die Fußballvereine haben ein neues Geschäftsfeld entdeckt, und das heißt Digitalisierung. Schalke sieht sich in einer Vorreiter-Rolle.
Wenn früher das Parkstadion ausverkauft war, dann war auf Schalke Feiertag. Früher: Das war die Zeit, in der sich die Bundesligavereine vor allem durch Zuschauereinnahmen finanziert haben – andere Quellen gab es damals kaum. Das hat sich längst geändert, und jetzt haben sie noch ein weiteres Geschäftsfeld entdeckt: Die Digitalisierung. Dort sieht sich Schalke in einer Pole-Position. Ein Ausblick, der mit einem Rückblick beginnt.
In den 70er-Jahren lieferten sich Bayern München und Borussia Mönchengladbach das ewige Duell um die deutsche Meisterschaft. Die Bayern setzten sich am Ende an die Spitze – auch, weil sie das größere Stadion hatten. Ihr Olympiastadion fasste doppelt so viele Zuschauer wie der Bökelberg in Mönchengladbach – und doppelt so viele Zuschauer bedeutete: Doppelt so hohe Einnahmen. Man musste die Fans nur ins Stadion bekommen, und das ging am besten über den sportlichen Erfolg. Da lag die Krux auf Schalke.
Im Winter wurde das Geld knapp
Auch das Parkstadion war riesig, mit 62.004 Plätzen fast so groß wie das Olympiastadion (69.250), aber auf Schalke ging in den 70-ern und 80-ern so viel schief, dass die Schüssel oft leer blieb. Gerade im Winter wurde das Geld knapp, und die Älteren werden sich noch an die Saison 1980/81 erinnern, als Schalke in seiner Not Rolf Rüssmann an Borussia Dortmund verkaufen musste – mit der Ablösesumme in Höhe von 800.000 Mark kam man irgendwie durch den Winter. Am Ende der Saison stand der Abstieg aus der Bundesliga.
An sich spielten Transfereinnahmen bei der Finanzierung der Klubs damals aber eine untergeordnete Rolle – ebenso wie die TV-Vermarktung, die erst mit dem Einstieg von RTL zur Saison 1988/89 Fahrt aufnahm. Hinzu kamen später Themen wie Sponsoring, Hospitality und Merchandising, so dass die Klubs bei der Finanzierung jetzt auf vielen Feldern ernten. Das konservative Feld Spielbetrieb (also auch Zuschauer-Einnahmen) war bei Schalke im Geschäftsjahr 2016 nur noch die vierte Größe mit 31,1 Millionen Euro Einnahmen. Noch ertragskräftiger waren die Bereiche Sponsoring/Merchandising (86 Mio.), Medienrechte (76,2 Mio.) und Transferentschädigungen (50,6 Mio.).
Jobst warnt: „Das kommt an die Grenzen“
Doch an dieser Stelle warnt Schalkes Marketing-Vorstand Alexander Jobst, dass die Entwicklung mit stetigen Steigerungen der Einnahmen nicht so weitergehen wird: „Diese Geschäftsfelder”, sagt Jobst mit Blick auf die von ihm verantworteten Bereiche Hospitality, Sponsoring und Merchandising, „kommen national alle an ihre Grenzen.” Wie zuvor die Zuschauer-Einnahmen.
Jobst (44), der vor seiner Zeit auf Schalke (seit 2011) für Real Madrid und den Weltverband Fifa gearbeitet hat, will damit indes nicht schwarzmalen, sondern den Blick für neue Möglichkeiten schärfen. Im Fußball entwickelt sich gerade ein neues Geschäftsfeld, und das heißt Digitalisierung. „Es ist unsere große Aufgabe, dieses Geschäftsfeld als neue Einnahmequelle zu entfalten”, sagt der Schalke-Vorstand.
Der Gedanke, der dahinter steckt: Über die Digitalisierung sind weltweit die Anhänger von Schalke 04 leichter zu erreichen. Zwar steht die Veltins-Arena nach wie vor in Gelsenkirchen, aber für Jobst ist das, was dort stattfindet, durch die technischen Möglichkeiten im Internet und bei den sozialen Medien künftig ein globales Ereignis: „Durch die Digitalisierung schaffen wir es, Inhalte von Schalke 04 viel näher an den Fan heranzutragen, das ist auch für unsere Sponsoren spannend. Der amerikanische Anhänger, der Weston McKennie bei uns verfolgen will, muss nicht mehr hierherkommen, um Schalke zu erleben. Daraus gilt es, Konzepte zu schaffen, die dem Verein auch mit der Akquise von internationalen Sponsoren neue Erträge bringen.”
Schalke arbeitet schon lange daran
Schalke hat dieses Feld schon länger im Blick: Das neue Medien-Portal, das mit der neuen Homepage im November freigeschaltet wurde, ist nur ein Beispiel, um den Fan noch gezielter anzusprechen. Auch ein professionelles CRM, also datengeneriertes Marketing, sowie das Engagement im digitalen E-Sport zielen in diese Richtung; inzwischen haben auch andere Fußball-Bundesligisten eigene E-Sport-Abteilungen gegründet, um daraus Profit zu ziehen. Schalke beschäftigt bereits eine Arbeitsgruppe in der eigenen Organisation, die sich ausschließlich um das neue Geschäftsfeld Digitalisierung kümmert. Mit dem klaren Ziel, dass die Digitalisierung künftig Geld einbringt.
Jobst sieht diesen Geschäftsbereich noch ganz am Anfang: „Hier sind alle Klubs weltweit, ob Real Madrid, Manchester United oder Schalke 04, im Grunde genommen in einer ähnlichen Ausgangsposition.” Doch weil Schalke die ersten Schritte schon getätigt hat, sagt Jobst: „National sehen wir uns im wichtigen Ziel der digitalen Transformation für den gesamten Verein in einer Vorreiter-Rolle, so selbstbewusst sind wir. Und diesen Vorsprung wollen wir auch ausbauen.”