Gelsenkirchen. . Sascha Riether hatte seine Karriere schon beendet, bevor er wieder einen Vertrag auf Schalke unterschrieben hat. Im Interview spricht er über seine Rolle.

Zum Termin mit der WAZ erscheint Sascha Riether etwas später als vereinbart. Keine böse Absicht vom Profi, der seine Karriere eigentlich schon beendet hatte, bevor er sich im September zunächst auf Schalke fit hielt und vor rund einem Monat einen Vertrag bis zum Saisonende unterschrieben hat. In der Kabine hat es bei ihm nach dem Training mal wieder etwas länger gedauert. „Wenn man ein paar Jahre älter ist, muss man sich halt gut pflegen“, sagt der 34-Jährige und lacht. Das Warten auf ihn hat sich gelohnt. Im WAZ-Interview spricht Sascha Riether über seine Rückkehr nach Schalke, seine neuen Fähigkeiten als Handerker und seine Rolle in der Mannschaft. Und das, wie immer, bestens gelaunt.

Herr Riether, ist Ihre Frau eigentlich froh, dass Sie jetzt wieder jeden Tag zur Arbeit gehen?

Sascha Riether: Ja, ich glaube schon. Es war eine ganz ungewohnte Situation für uns. Normalerweise bin ich nach unserem Sommerurlaub ins Trainingslager gefahren, jetzt waren wir die ganze Zeit zusammen. Ich glaube, dass sie vor allem für mich froh ist, dass ich noch ein Jahr in diesem tollen Verein Fußball spielen kann.

Was hat Ihnen während Ihrer Fußballpause am meisten gefehlt?

Sascha Riether: Als ich zum ersten Mal wieder in der Arena war, habe ich wieder eine Gänsehaut bekommen. Wie die Fans die Mannschaft beim Einlaufen begrüßt haben, wie vor dem Spiel das Steiger-Lied gespielt wurde. Diese Emotionen, das ist schon etwas ganz Besonderes. Das hat mir sehr gefehlt.

Haben Sie sich fitgehalten?

Sascha Riether: Der Fokus lag natürlich nicht mehr so auf Fußball. Wir sind im Sommer auch noch umgezogen, sodass ich mehr den Malerpinsel in der Hand hatte und Fliesen von der Wand gekloppt habe. Vorher konnte ich so etwas gar nicht, es war eine ganz neue Erfahrung. Ich habe genauso gut gegessen wie vorher und zwischendurch schon mal gedacht: Sascha, jetzt solltest du mal wieder laufen gehen.

Das kann einem ganz schön schwerfallen, oder?

Sascha Riether: So ist es. Es ist ein großer Unterschied, ob ein Trainer dabei ist und die Herzfrequenz kontrolliert oder ob man mal eben alleine eine halbe Stunde läuft. Zum Glück habe ich in den vergangenen Wochen viele Extraschichten geschoben. Das war hart. Aber mein Körper hat sich schnell wieder an die Belastungen gewöhnt.

Zu einem Einsatz hat es in dieser Saison allerdings noch nicht gereicht.

Sascha Riether: Ich kenne meine Rolle auf Schalke und fülle sie im Moment gut aus. Der Trainer weiß, dass er sich auf mich verlassen kann, falls Spieler ausfallen sollten. Ich gebe in jedem Training Gas und zeige, dass ich eine Alternative bin. Wenn der Trainer mich fragt, ob ich bereit bin, dann bin ich es. Ich habe 248 Bundesliga-Spiele absolviert. Wenn ich die 250 auf Schalke noch vollmachen kann, dann wäre das aber auf jeden Fall ein schöner Abschluss..

Haben Sie sich denn diesmal eine Meisterprämie in den Vertrag schreiben lassen?

Sascha Riether: Über Vertragsinhalte – Stillschweigen. Aber dass ich mir eine Prämie als Torschützenkönig einbauen lassen habe, ist doch wohl klar (lacht).

Sie haben im vergangenen Jahr gesagt, dass Sie Ihre Karriere nur dann fortsetzen werden, wenn Sie auf Schalke bleiben können. Gab es andere Überlegungen?

Sascha Riether: Ich habe darüber nachgedacht, einen Trainerschein zu machen. Mein Berater Volker Struth hat mir auch angeboten, in seiner Firma mitzuarbeiten. Es gab auch Anfragen von anderen Vereinen, die ich aber abgelehnt habe. Zum Glück. Denn ich bin froh, dass ich wieder auf Schalke bin und meine Karriere in diesem Verein beenden darf.

Wie ist Ihr Eindruck von Trainer Domenico Tedesco?

Sascha Riether: Schon vor meiner Rückkehr habe ich viel Positives gehört. Das war auch ein Grund, warum ich mich nochmal für Schalke entschieden habe. Ich lerne jeden Tag dazu, obwohl ich schon seit 16 Jahren Profi bin. Man steht nach den Besprechungen auf und denkt sich: Ja, das macht wirklich Sinn. Alles ist immer auf den nächsten Gegner abgestimmt, da ist viel Kopfarbeit bei.

Der personelle Umbruch im Sommer war gewaltig. Unter anderem hat Kapitän Benedikt Höwedes den Verein verlassen. Wer ist jetzt der Chef? Oder ist die Hierarchie flacher geworden?

Sascha Riether: Ein Umbruch ist auch immer eine Chance. Die Verantwortung ist auf mehreren Schultern verteilt. Das war auch unter Bene als Kapitän so, dass mehrere Spieler Verantwortung übernommen haben. Ralf Fährmann hat zum Beispiel schon in der letzten Saison viel zu sagen gehabt. Leon Goretzka auch. Max Meyer hat sich auf seiner neuen Position sehr gut weiterentwickelt, er hat mehr Verantwortung übernommen. Das sieht man auch auf dem Platz.

Stehen Sie den jungen Spielern weiterhin mit Rat und Tat zur Seite?

Sascha Riether: Ja, gerade in der letzten Zeit kamen einige zu mir. Sie waren enttäuscht, weil sie nicht gespielt haben. Ich habe ihnen Mut gemacht und ihnen den einen oder anderen Ratschlag gegeben. Plötzlich haben die Spieler wieder gespielt und gute Leistungen gebracht. Es freut mich natürlich sehr, wenn ich im Hintergrund ein bisschen helfen kann.

Naldo spielt eine starke Saison. Er ist sogar noch ein halbes Jahr älter als Sie.

Sascha Riether: Naldo ist nicht nur ein toller Fußballer, sondern auch ein toller Mensch. Naldo ist nie unfreundlich. Die Position, die er im Moment hat, ist für ihn die perfekte. Er gibt der Mannschaft Sicherheit. Ich weiß nicht, ob viele Spieler von sich behaupten können, dass sie gegen Naldo schon mal ein Kopfballduell gewonnen haben. Ich kann es jedenfalls nicht.

Aber Ihre Sprintwerte sind doch bestimmt immer noch besser als die von Naldo, oder?

Sascha Riether: Mit Sicherheit (lacht). Seitdem ich wieder hier bin, haben wir noch keine Lichtschrankentests durchgeführt. Aber ich freue mich darauf, wenn es so weit ist. Es ist gut, den jungen Spielern zeigen zu können, dass man noch nicht ganz eingerostet ist.