Gelsenkirchen. Pünktlich vor dem Spiel in Dortmund sind die Königsblauen auf Platz zwei geklettert. Vieles spricht für sie - aber sie sollten gewarnt sein. Ein Kommentar.
Und noch eine Welle, und noch eine. Minutenlang standen die Spieler des FC Schalke 04 am Sonntag vor ihren Fans, ausgiebig wurde gemeinsam gefeiert. Der Anlass ist ja tatsächlich ungewöhnlich: Die Königsblauen kletterten durch ihren 2:0-Sieg gegen den Hamburger SV auf Platz zwei der Bundesliga. Und das pünktlich vor dem Revierderby bei Borussia Dortmund.
Schon nach der 1:0-Führung durch den Elfmeter des Fleißfußballers Franco Di Santo schallte die klare Ansage an den aktuell taumelnden Rivalen aus der Nordkurve: “Die Nummer eins im Pott sind wir!” Der Gesang war zu diesem Zeitpunkt noch etwas übermütig - einige Ungenauigkeiten im Schalker Spiel boten noch keinen Grund für überschwänglichen Optimismus.
Schalke schon eine Spitzenmannschaft?
Sind die Schalker schon eine Spitzenmannschaft? Sollten sie das selbst glauben, würden sie einen großen Fehler machen. Ein absolutes Top-Team hätte sich beispielsweise den Heimsieg gegen Wolfsburg kurz vor Schluss nicht noch aus der Hand nehmen lassen. Was aber äußerst positiv auffällt: Schalke lernt aus solchen Erlebnissen. Genau das ist das Ziel des jungen Trainers Domenico Tedesco. Ihn interessieren keine Zwischenstände, die Tabelle will er nicht nach zwölf, sondern erst nach 34 Spieltagen bewerten. Er will vor allem eine Entwicklung sehen. Und die ist gerade tatsächlich zu erkennen, darauf darf er schon stolz sein.
Schalke ist ein unangenehmer Gegner geworden, dafür hat der 32-Jährige gesorgt. Die Mannschaft steht gut gestaffelt, die Spieler arbeiten miteinander und füreinander. Attraktiv wie bei der feinen Kombination vor dem 2:0 gegen Hamburg sieht dieser Fußball nur selten aus, effektiv aber ist er allemal. Und über Erfolgserlebnisse holt man sich bekanntlich Sicherheit.
Tedesco hat die Mannschaft stabilisiert
Tedesco hat eine in vielerlei Hinsicht wacklige Mannschaft stabilisiert. Er hat sie taktisch weitergebracht, er hat sich getraut, den alten Kapitän Benedikt Höwedes zu degradieren, er hat völlig unerwartet den zu oft formschwachen Spielmacher Max Meyer zu einem formidablen defensiven Mittelfeldspieler mit erstaunlichen kämpferischen Qualitäten umfunktioniert.
Was das alles für das Derby in Dortmund heißt? Nichts. Oberflächlich betrachtet spricht gerade vieles für Schalke, weil der BVB extrem aus der Spur geraten ist. Aber den Borussen bietet sich jetzt die ganz große Chance, mit einem Sieg am Samstag die Krise zu beenden und schlagartig die Stimmung zu verbessern. Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang wird nach seiner Suspendierung dringend zeigen wollen, was er drauf hat. Auch Trainer Peter Bosz wird wissen, dass seine Zukunft in Dortmund auch von diesem Auftritt abhängt.
“Derby ist wie Pokal”, sagte ein Schalke-Fan, als er am Sonntag die Arena verließ. Recht hatte er.