Freiburg. . Nicht erst seit dem 1:0 in Freiburg wissen die Schalker: Schön spielen sie nicht. Aber erfolgreich. Der Lohn: Tabellenplatz vier – punktgleich mit dem BVB.
Aus dem FC Schalke 04 ist im Herbst 2017 plötzlich ein Kandidat für die Champions League geworden. Mit 20 Punkten stehen die Königsblauen auf Platz vier – und sind sogar punktgleich mit dem Tabellendritten BVB. Das 1:0 (0:0) beim SC Freiburg war bereits der dritte Auswärtssieg der Saison. In den jüngsten fünf Spielen gab es nur zwei Gegentore.
„Wir dürfen uns trotzdem nicht von solchen Sachen verleiten lassen. Wir haben bei unserem Spiel in Freiburg gerade im ersten Durchgang gesehen, dass wir noch einen ganz, ganz langen Weg vor uns haben“, sagt Trainer Domenico Tedesco. Damit bremst der 32-Jährige aufkeimende Euphorie.
Schweißtreibend statt filigran
Tedesco und seine Spieler wissen, dass die Siege nicht schön sind. Schalke mag es im Moment eher mit schweißtreibender Maloche als mit filigraner Spielkultur. „In Freiburg war es wieder ein Riesenschritt, weil wir gesehen haben, dass wir Fußball nicht unbedingt zelebriert, sondern dass wir gekämpft haben und von der Einstellung sowie der Mentalität auf dem Punkt da sein mussten“, analysiert Neuzugang Bastian Oczipka.
Eklig Richtung Champions League: Tedesco stört das „Wie“ im Entwicklungsprozess nicht besonders. „Man muss auch mal dreckig gewinnen“, sagt er und fügt an: „Eine Mannschaft, die unangenehm zu spielen ist, muss man glaube ich schon sein. Grundsätzlich wollen wir schon eklig sein, aber trotzdem das Spiel kontrollieren. Idealerweise brauchen wir beides. Eklig sein und gegen den Ball musst du auch dagegenhalten.“
Linksverteidiger Oczipka kennt eine ähnliche Spielweise aus seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt. Schönheitspreise gab es weder bei den Hessen noch jetzt auf Schalke.
„In der Saison kannst du nicht 34 Mal top spielen. Da kommt immer mal eine Gurke heraus“, so Oczipka mit einem Zwinkern. Und er beschreibt damit die Begegnung im Breisgau treffend.
„Es war eine Scheiß-Halbzeit von uns“
Auch sein Teamkollege Daniel Caligiuri zeigt sich trotz des Sprungs auf den Champions-League-Platz durchaus selbstkritisch. Caligiuri, der gegen seinen Ex-Klub Freiburg mit einem abgefälschten Schuss das goldene Tor im Kampfspiel erzielte (62.), nahm bei seiner Analyse kein Blatt vor den Mund: „Es war eine Scheiß-Halbzeit von uns.“
Nach einigen Korrekturen durch Tedesco wirkte Schalke im zweiten Abschnitt griffiger, ohne jedoch zu glänzen. „Wir agieren als Mannschaft, sind kompakter. Jeder ist für den anderen da“, fasst Caligiuri zusammen. Diese Mischung gepaart mit defensiven Stabilität macht aktuell den Erfolg aus. Schalke hat von den Top-Sechs die zweitwenigsten Gegentore (10) kassiert. Nur Rekordmeister Bayern München (8) steht bisher sicherer.
Bentaleb und Harit draußen
Der Begriff, der auf Schalke immer wieder vorkommt, lautet Entwicklung. „Wir lassen uns da gar nicht beirren, sondern wollen mit der Mannschaft weitere Entwicklungsschritte gehen“, sagt Bastian Oczipka. Zu dem Prozess zählt auch, dass Domenico Tedesco Trainingsleistungen seiner Profis honoriert.
Weil Nabil Bentaleb, der eigentlich das durch Leon Goretzkas Verletzung entstandene Vakuum im Mittelfeld ausfüllen soll, einen Trainingstag in der Wochenmitte verpasste, blieb er draußen.
Gleiches galt für Amine Harit, der in der Endphase in Freiburg als Joker kam. „Für den einen oder anderen wäre das eine Ohrfeige gewesen“, begründet Tedesco seine Entscheidung gegen Bentaleb und Harit. Stattdessen spielten Yevhen Konoplyanka und Weston McKennie. Tedesco: „Das ist der Punkt. Die anderen verdienen es sich, machen ihre Sache super. Davon profitieren wir. Es ist gut, dass sie es merken: Egal, wer aktuell spielt, gibt Vollgas. Und das ist schön.“