Gelsenkirchen. Max Meyer hat eine neue Rolle beim FC Schalke, die selbst für seine Mitspieler noch ungewohnt ist. Aber sie hilft den Königsblauen sehr.
Als Leon Goretzka den Satz ausgesprochen hat, muss er selbst schmunzeln, weil er weiß, wie komisch sich das noch anhört, wenn er sagt: “Ich bin froh, dass der Trainer sich dazu entschieden hat, mit Max noch jemanden hinter mich zu stellen, der mich absichert.” Er, der selbst immer der dynamische Antreiber aus der Tiefe war, erhält plötzlich seine defensive Rückendeckung von Max Meyer, der eigentlich von Haus aus ein Offensivmann ist. Ein Rollentausch, den auch Goretzka noch seltsam findet - “gewöhnungsbedürftig”, aber gut.
Mit Max Meyer auf der Sechs verändert sich die Statik im Schalker Spiel. Denn wenn Meyer auf dieser Position in der Mannschaft steht, bedeutet das: Schalke strebt einen hohen Ballbesitz an und will dem Gegner das eigene Spiel aufdrängen. Goretzka erklärt, was das bedeutet: “Der viele Ballbesitz gibt uns einfach ein gutes Gefühl der Sicherheit, denn damit bist du derjenige, der das Spiel bestimmt.” Ballbesitz sei ein Zeichen von Kontrolle, und das ist der Spielstil, den sich Goretzka vorstellt. Zweimal hat Schalke jetzt diesen Fußball mit Max Meyer auf der Sechs gespielt - und zweimal gab es einen 2:0-Sieg: Erst auswärts in Berlin, nun am Freitag zu Hause gegen Mainz. Und beide Male gestattete Schalke dem Gegner fast keine Torchance. “Wir spielen konsequenter, souveräner, seriöser”, hat Goretzka festgestellt.
Meyer ist kein Zerstörer, sondern ein Gestalter
Selbst Abwehrchef Naldo nennt Meyer einen Faktor dafür, dass Schalke im Moment so stabil steht: “Er hat aus meiner Sicht überragend gespielt und das macht es auch einfacher für mich.” Der 35-Jährige gibt zu, dass er Meyer bis vor kurzem einen solchen Rollentausch niemals zugetraut hätte. “Ganz ehrlich: Nein”, sagt Naldo und lacht laut. Und dann erklärt er: “Aber Max hat so viele Qualitäten mit dem Ball, und er ist jetzt besser geworden im Zweikampf. Er ist ein neuer Gattuso hier bei uns - mit noch mehr Qualität.” Auch wenn der Vergleich mit der italienischen Legende noch hinkt, so ist doch klar, was Naldo damit sagen will: Meyer ist als Sechser kein Zerstörer, sondern ein Gestalter aus der Tiefe. Mit ihm verändert sich das Spiel zu mehr Kontrolle und Dominanz.
Das einzige, was Trainer Domenico Tedesco gegen Mainz zu bemängeln hatte: “Wenn wir so einen stabilen Ballbesitz haben, dann müssen wir auch noch mehr vertikal spielen.” In der Halbzeitpause habe er der Mannschaft Szenen vorgeführt, in denen ein Zuspiel in die Spitze das bessere Mittel als ein Querpass gewesen wäre. Naldo sieht das ähnlich, aber für ihn ist wichtig: “Wir verstecken uns nicht mehr.” Beim Heimspiel zuvor gegen Leverkusen hatte sich die Mannschaft nach der Führung zurückgezogen und noch den 1:1-Ausgleich kassiert - diesmal behielt Schalke die Kontrolle und legte das entscheidende zweite Tor nach. “So muss unser Spiel sein”, sagt Naldo zufrieden und vergleicht: “Das ist genau wie Dortmund und Bayern spielen: Die machen auch mal Fehler, aber die versuchen es immer wieder.”
Schalke hat mehr Lust auf den Ballbesitz
Schalke reagiert jetzt nicht mehr nur auf den Gegner, sondern hat selbst mehr Lust auf den Ballbesitz. Naldo: “Wenn wir den Ball verlieren, sind wir sofort aggressiv, um ihn uns wieder zurückzuholen - das tut uns gut.” Denn die Mannschaft weiß jetzt etwas mit dem Ball anzufangen.
Das liegt nicht nur an der neuen Statik im Spiel mit Max Meyer auf der Sechs, aber die Umstellung erhöht die Möglichkeiten der aktiven Spielgestaltung. Und das erfreut die Mannschaft - allen voran Leon Goretzka. “Max ist es jetzt zweimal hintereinander gelungen, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken”, erklärt der Nationalspieler. Und schiebt für den Mut zu dieser Variante ein Lob an Domenico Tedesco hinterher: “Der Trainer hat es geschafft, die geballten Qualitäten, die Max zweifelsfrei hat, wieder ins Team einzubringen.”