Gelsenkirchen. . Rudi Assauer holte Frank Neubarth 2002 als Cheftrainer zu den Königsblauen. Der ehemalige Werder-Stürmer blieb aber nur gut acht Monate.
Schalkes damaliger Manager Rudi Assauer überraschte nicht nur die Fans, als er 2002 Frank Neubarth als neuen Cheftrainer verpflichtete. Der damals 39-Jährige, der zuvor nur als Jugend- und Amateurtrainer bei Werder Bremen gearbeitet hatte, trat die Nachfolge von Huub Stevens an. Die Fußstapfen des Schalker Jahrhunderttrainers waren groß, wohl zu groß. Nach nur 269 Tagen musste Neubarth gehen. Im Interview spricht der ehemalige Schalker Trainer und Torjäger von Werder über seine Zeit bei den Königsblauen, das Duell seiner Ex-Klubs am heutigen Samstag und darüber, warum er mit dem Profifußball abgeschlossen hat.
Herr Neubarth, Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie mit dem Profifußball abgeschlossen haben.
Neubarth: Als Aktiver habe ich das auf jeden Fall. Ich bin 55 Jahre alt, der Trend geht ja zu deutlich jüngeren Trainern. Daher ist es nicht realistisch, dass ich im Profifußball noch einmal auftauchen werde. Ich bin nun auch schon eine ganze Weile raus, bin in einer anderen Branche tätig und habe diesen Schritt nicht bereut.
Was verbindet Sie noch mit dem Fußball?
Neubarth: Der Fußball ist nach wie vor ein Teil meines Lebens – bis vor ein paar Jahren hat er aber einen wesentlich größeren Teil eingenommen. Wenn es meine Zeit zulässt, kicke ich noch ab und zu für die Bremer Traditionsmannschaft, oder bei mir um die Ecke bei den Alten Herren. Ein bisschen Bewegung schadet schließlich nicht.
Manager Rudi Assauer hat Sie 2002 als Nachfolger von Huub Stevens nach Schalke geholt. Nach nur acht Monaten mussten Sie gehen.
Neubarth: Es waren wunderbare acht Monate auf Schalke, es überwiegen ganz klar die positiven Erinnerungen. Die Arbeit in diesem schwierigen Umfeld hat mir großen Spaß gemacht. Allerdings war die Zeit in der Tat sehr kurz – zu kurz.
Bei Ihrer Verpflichtung hieß es, dass Assauer Sie verpflichtet hat, weil er keine großen Namen neben sich duldet. Hat Sie das gestört?
Neubarth: Wenn so viele Journalisten wie auf Schalke täglich über einen Klub schreiben, müssen sie sich ja irgendwie voneinander abheben. Einige versuchen dann, noch einen draufzusetzen, um eine super Story zu haben. Es kam vor, dass wortwörtlich Sätze in der Zeitung standen, die in der Kabine gefallen sind. Spätestens da war mir klar, dass du als Trainer auf Schalke nur noch eine geringe Halbwertszeit hast. Die Aussagen einiger Experten, dass Assauer mich geholt hat, weil ich keinen großen Namen habe, haben mich bei meiner Arbeit als Cheftrainer auf Schalke aber zu keiner Zeit beeinflusst.
Als Sie im März gehen mussten, war Schalke Sechster in der Bundesliga. Aus dem Uefa-Cup und dem DFB-Pokal waren Sie allerdings schon ausgeschieden.
Neubarth: Schalke ist ein ganz spezieller Klub, in dem die Erwartungshaltung schon immer sehr groß war. Tabellenplatz sechs war mit dieser Mannschaft schon nicht so schlecht. Das Problem damals war, dass viele Spieler den Zenit schon überschritten hatten. Marc Wilmots hatte 2002 in Japan und Südkorea eine gute Weltmeisterschaft gespielt. Als er zurückkam, war er fix und fertig. Sven Kmetsch konnte wegen starker Schmerzen nur ein bis zweimal pro Woche trainieren. In unserem kleinen Kader gab es einige Spieler, die gesundheitlich nicht mehr bundesligatauglich waren. Ich habe mehrfach davor gewarnt, Rudi Assauer hat es aber anders gesehen. Die Zeit für den Umbruch wurde verpasst.
War es ein Nachteil, der erste Trainer nach der sechsjährigen Ära Huub Stevens zu sein? Stevens hat in dieser Zeit den Uefa-Cup und zweimal den DFB-Pokal gewonnen.
Neubarth: Ich weiß nicht, ob es ein Nachteil war. Mit Huub Stevens hatte Schalke in den Jahren nach dem Uefa-Cup-Sieg aber natürlich einen Trainer, mit dem es gepasst hat. Die Mannschaft schien sehr stabil zu sein. Die Hoffnung auf die Schale ist stetig gewachsen. Es fehlte allerdings an Zeit, an Ruhe und an Geduld. Bisher hat doch noch kein Trainer die Möglichkeit bekommen, seine Konzepte und Ideen nachhaltig umzusetzen. Was auf Schalke zählt, ist der kurzfristige Erfolg. Das hat sich nicht geändert.
Was seit Ihrer Amtszeit nach wie vor Bestand hat, ist der Traum, einmal mit der Meisterschale über die Schalker Meile zu fahren. Hätten Sie geglaubt, dass sich dieser Wunsch knapp 15 Jahre später noch immer nicht erfüllt hat?
Neubarth: Mit dem Potenzial, das der Verein hat, mit dieser Macht, die Schalke ausstrahlen kann, ist das sehr schade. Wie gesagt: ich bin sicher, dass Schalke sein Ziel unter anderen Umständen erreicht hätte. Aktuell ist es viel schwerer als vor zehn oder vor 20 Jahren, die Meisterschaft zu feiern. Ich zähle Schalke nicht zu den Vereinen, die in den nächsten Jahren in der Lage sind, den Bayern Paroli zu bieten. Da haben Klubs wie Dortmund oder auch RB Leipzig einen großen Vorsprung.
Am Samstag kommt es zum Duell Ihrer Ex-Klubs. Werder empfängt Schalke. Wie lautet Ihr Tipp?
Neubarth: Ich tippe auf einen Sieg von Werder. Sicher braucht die Mannschaft noch ein bisschen Zeit, um sich zu finden. Mit Serge Gnabry hat Werder einen sehr guten Offensivspieler verloren. Trotzdem glaube ich, dass Werder stärker als Schalke ist und den ersten Saisonsieg einfahren wird.
Sind Sie am Samstag im Stadion?
Neubarth: Nein, ich habe zwar eine Dauerkarte vom Verein bekommen, werde mir das Spiel aber lieber vor dem Fernseher anschauen. Ich muss das nicht mehr jedes Wochenende haben.