Gelsenkirchen. Die Schalke-Spieler bekommen bei Vergehen Zeitstrafen aufgebrummt - zum Beispiel Trikots im Fanshop verkaufen. Die WAZ hat das ausprobiert.
Breel Embolo ist ein Schelm. Deshalb will und kann er auch nicht ausschließen, dass es ihn in dieser Saison trifft, dass er im Schalker Fanshop anzutreten hat. Der neue Schalker Strafenkatalog sieht nämlich vor, dass Spieler bei disziplinarischen Verstößen zu Diensten gebeten werden. Auch im Fanshop.
Trainer Domenico Tedesco hat die ziemlich ungewöhnliche Art der Strafe eingeführt. Die Idee dahinter: Geht es den Spielern an die Freizeit, kann das mitunter mehr wehtun als eine saftige Geldstrafe. „Ich bin wahrscheinlich sogar ein Kandidat, der da öfter hingehen wird“, hatte Embolo im WAZ-Interview verraten. Nicht wegen Verspätungen, der Schweizer an sich ist schließlich pünklich. „Wegen kleinerer Sachen wie Ballwegschießen oder Handyklingeln“, vermutet der 20-Jährige, der sich sogar als bestens geeignet für den eher ungewöhnlichen Job ansieht. „Ich habe eine Ausbildung zum Kaufmann gemacht und kann mit Excel-Tabellen umgehen“, sagt er und lacht.
Bislang ist kein Profi erschienen
Noch ist kein Schalker Spieler zu einer „Zeitstrafe“ verdonnert worden. Bevor Breel Embolo und Co. das erste Mal Trikots beflocken, Schals sortieren oder das Lager aufräumen, ist die WAZ zur Probe zum Dienst im Fanshop an der Geschäftsstelle angetreten.
Anstoß ist um Punkt 10.30 Uhr. Wie verabredet. Teamleiterin Sonja Spiekermann begrüßt mich standesgemäß mit einem „Glück auf.“ Zuerst geht’s in den Keller zur Einkleidung. Ein Fanshop-Mitarbeiter muss schließlich auch als solcher zu erkennen sein. Im Lager nebenan stapeln sich die Fanartikel. Vom blau-weißen Quietscheentchen bis zur Grillschürze ist alles verfügbar.
Im Pausenraum lerne ich meine Kollegen kennen. Erstmal Pause? Na gut! Ein sehr netter Kollege ist Matthias Libuda, der Sohn vom Flankengott. Der Sohn der Schalker Legende Stan Libuda. Matthias ist der Mann hinter der Beflockungs-Maschine im Obergeschoss und hat sein Frühstück schon auf.
Seine „heißeste Zeit“ als Mitarbeiter, sagt er, hatte er, als Raúl vor sieben Jahren nach Schalke kam. „Wir mussten zwei Flockmaschinen zusätzlich bestellen. Jeder wollte das Trikot mit der Nummer 7 haben. Sogar Fans, die Schalke nicht nahestanden“, sagt er. Zuletzt, vor seinem Wechsel nach Turin, war Benedikt Höwedes der Topseller. „Die Kunden sagten: jetzt erst recht den Bene, weil der Trainer ihn als Kapitän abgesetzt hat“, erzählt Matthias. Aber auch die Namen Guido Burgstaller, Breel Embolo und den des neuen Kapitäns Ralf Fährmann zieht er häufig aus den Schubladen.
Libuda irritiert das Wort Strafe
Matthias findet die Idee klasse, dass Domenico Tedesco seine Spieler bei Verfehlungen in den Fanshop schicken möchte. Irritiert hat den Gelsenkirchener aber das Wort Strafe. „Das ist mir von manchen Medien zu sehr hochgepusht worden“, sagt er. Seine täglich Arbeit als Strafe zu bezeichnen, findet er unglücklich. Die Kollegen Marcel und Evren nicken zustimmend.
Breel Embolo können sich die drei Fanshop-Mitarbeiter übrigens sehr gut als Kollegen auf Zeit vorstellen. „Breel kommt ab und zu bei uns vorbei. Er hat auch schon Trikots für Fans bezahlt, wenn er gesehen hat, dass sein Name draufsteht. Er ist ein super Typ“, sagt Evren.
Apropos Embolo. Mein erster Arbeitsauftrag an der Beflockungsstation: ein königsblaues Trikot in der Größe L mit der Nummer 36 - Breel Embolo. „Auf die Nähte und die Mittellinie achten“, sagt Matthias, als er das Trikot auf die Maschine stülpt. Gesagt, getan und Finger weg. Es wird heiß - ziemlich genau 140 Grad heiß. 2 mal 10 Sekunden, dann ist der Flock fertig.
Für besonders reißenden Absatz hat vor ein paar Jahren die Südamerika-Fraktion gesorgt. Marcelo Bordon, Ailton oder Rafinha hätten sich vor der Sommerpause und der Winterpause immer üppig mit Fanartikeln eingedeckt, bevor es in die Heimat ging. „Rafinha hat immer das mitgenommen, was im Sonderangebot war“, sagt Matthias.
Nachschub aus dem Lager
Meine nächste Station ist die Herrenabteilung. Jürgen Gosse ist aus Unna nach Gelsenkirchen gekommen. Eine Jacke soll es sein. Der Windbreaker aus der Kollektion Kumpel & Malocher in XL steht dem S04-Mitglied. Passt, wackelt und hat Luft. Ab zur Kasse. Nicht vergessen: den Diebstahlschutz entfernen, sonst gibt’s beim Verlassen des Shops ein fieses Geräusch.
Ein älteres Ehepaar interessiert sich für ein „Mini-Küttchen“. Eine Baumwoll-Weste für Babys und Kleinkinder mit Aufnähern, die an eine original Kutte aus Parkstadion-Zeiten erinnert. Echt knuffig. Da die „Küttchen“, so heißen sie wirklich, gut verkauft werden, holen Sonja Spiekermann und ich schnell Nachschub aus dem Lager.
Kurz vor Feierabend drehen wir noch eine Runde durch den Shop. Die neue Reise-Kollektion, die kurz vor dem Kassenbereich steht, sieht wirklich klasse aus. Mit dem königsblauen Kofferschutz kann Schalke sogar in der Europapokal-freien Zeit auf internationaler Bühne Eindruck erzeugen. Neu im Sortiment: Der Türstopper im Bergwerksdesign mit Led-Licht Was es nicht alles gibt... Nachdem ich auch auf dem Wühltisch für Ordnung gesorgt habe, ist Schicht im Schacht. Von Sonja, meiner Chefin, gibt’s ein Lob. Ich darf wiederkommen. Das werde ich gerne, denn die Arbeit hat Spaß gemacht.
Mein Fazit: Sollte Embolos Handy in der Kabine klingeln, oder er den Ball, wie angekündigt, im Spiel wegschießen, wird ihm die „Strafe“ nicht weh tun. Die lieben Kollegen aus dem Fanshop freuen sich auf Unterstützung.