Gelsenkirchen. Der Wechsel von Schalke-Idol Benedikt Höwedes nach Turin ist perfekt. Wir fragten Schalke-Fans am Trainingsplatz. Sie vermissen diesen Typen.

Während Schalkes Trainer Domenico Tedesco den 14 verbliebenen Profis, die nicht angeschlagen oder auf Länderspiel-Reise sind, Anweisungen gab, suchten die Trainings-Kiebitze vergeblich nach Benedikt Höwedes.

Die Hoffnung, dass der 29-Jährige möglicherweise doch bleibt und nicht zu Juventus Turin wechselt, weicht bei den 200 Zuschauern schnell. Während Schalkes Profis trainieren, wird Höwedes zeitgleich bei Juventus Turin als Neuzugang empfangen. Das Ende einer Legende auf Schalke.

Dass der Himmel am Mittwochvormittag seine Schleusen öffnet, passt zur melancholischen Stimmung, die bei vielen Besuchern am Trainingsplatz herrscht.

Margret Wiescher, die alle nur „Oma Margret“ nennen, sitzt auf einem Klappstuhl. Ihre Krücken stehen ein paar Zentimeter entfernt am Zaun. Der aufgespannte Schirm lässt die dicken Regentropfen abperlen.

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„Ich habe Benedikts Gesicht gesehen, als er am Montag hier das letzte Mal trainiert hat. Er sah traurig aus. Jetzt fehlt er mir, weil er jahrelang zu Schalke 04 dazugehört hat“, sagt „Oma Margret“.

Dass Höwedes aus dem Verlust der Kapitänsbinde und der ungewohnten Rolle auf der Reservebank, die allerdings in den ersten beiden Bundesligaspielen auch etwas mit noch nicht komplett hergestellter Fitness zu tun hatte, die Konsequenzen gezogen hat, kann Margret Wiescher sogar verstehen: „Ich wäre an seiner Stelle auch beleidigt gewesen.“

Die 76-Jährige, die seit über 40 Jahren zum FC Schalke 04 geht und sich neben den Profi-Begegnungen auch regelmäßig die Auftritte der Nachwuchs-Teams ansieht, ahnt: „Auch wenn Juventus ihn zunächst nur ausgeliehen hat, wird Bene nicht mehr zu uns zurückkommen. Gerade bei den Urgesteinen tut es weh, wenn sie gehen. Die Identifikationsfiguren werden immer weniger.“

So sieht es auch ihr Ehemann Willi. „Bene war ein netter Kerl. Wir vermissen ihn als echten Schalker. Höwedes war hier ein Gesicht. Es darf nicht passieren, dass Benedikt kein Abschiedsspiel bekommt. Das sollte auf jeden Fall zeitnah gemacht werden. Dass er zurückkommt, halte ich für unwahrscheinlich.“

Höwedes' Zeit bei Schalke 04

Benedikt Höwedes jubelte oft mit Schalke. Nun wechselt der langjährige Kapitän.
Foto: Revierfoto
Benedikt Höwedes jubelte oft mit Schalke. Nun wechselt der langjährige Kapitän. Foto: Revierfoto © Revierfoto
Am 6. Oktober 2007 gab Höwedes sein Debüt für Schalke gegen den Karlsruher SC (0:2). Auf dem Bild sind Höwedes (l.) und Ivan Rakitic (r.) im Zweikampf mit Karlsruhes Andreas Görlitz.
Foto: firo
Am 6. Oktober 2007 gab Höwedes sein Debüt für Schalke gegen den Karlsruher SC (0:2). Auf dem Bild sind Höwedes (l.) und Ivan Rakitic (r.) im Zweikampf mit Karlsruhes Andreas Görlitz. Foto: firo © firo WAZ FotoPool
Auch gegen Arminia Bielefeld spielte Höwedes (l.) in der Anfangsphase seiner Schalker Karriere. Hier ist er im Zweikampf mit Artur Wichniarek.
Foto: Reuters
Auch gegen Arminia Bielefeld spielte Höwedes (l.) in der Anfangsphase seiner Schalker Karriere. Hier ist er im Zweikampf mit Artur Wichniarek. Foto: Reuters © imago sportfotodienst
Im DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg (21.05.2011) traf Höwedes (l.) zum zwischenzeitlichen 3:0 für Schalke.
Foto: dpa
Im DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg (21.05.2011) traf Höwedes (l.) zum zwischenzeitlichen 3:0 für Schalke. Foto: dpa © dpa
Nach dem 5:0-Sieg im DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg reckte Höwedes als Kapitän die Trophäe in den Berliner Nachthimmel.
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Nach dem 5:0-Sieg im DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg reckte Höwedes als Kapitän die Trophäe in den Berliner Nachthimmel. Foto: firo © firo Sportphoto WAZ FotoPool
Benedikt Höwedes feierte gerne mit den Fans in der Nordkurve.
Foto: Schueler/Eibner-Pressefoto EP JSE
Benedikt Höwedes feierte gerne mit den Fans in der Nordkurve. Foto: Schueler/Eibner-Pressefoto EP JSE © imago/Eibner
Mit Raúl (l.) erlebte Benedikt Höwedes einige gute Spiele. In der Champions League besiegte Schalke im April 2011 im Viertelfinale Inter Mailand (5:2).
Foto: Reuters
Mit Raúl (l.) erlebte Benedikt Höwedes einige gute Spiele. In der Champions League besiegte Schalke im April 2011 im Viertelfinale Inter Mailand (5:2). Foto: Reuters © REUTERS
In der Bundesliga lief Benedikt Höwedes (unten) 240 Mal für den FC Schalke auf. Hier gegen Bayer Leverkusen und Stefan Kießling.
Foto: Martin Möller
In der Bundesliga lief Benedikt Höwedes (unten) 240 Mal für den FC Schalke auf. Hier gegen Bayer Leverkusen und Stefan Kießling. Foto: Martin Möller © WAZ
Höwedes jubelte in der Bundesliga über viele Siege der Schalker, die er aber der Saison 2011/12 als Kapitän anführte.
Foto: Martin Möller
Höwedes jubelte in der Bundesliga über viele Siege der Schalker, die er aber der Saison 2011/12 als Kapitän anführte. Foto: Martin Möller © WAZ FotoPool
Mit der deutschen Nationalmannschaft gewann Benedikt Höwedes 2014 die Weltmeisterschaft in Brasilien. Der Schalker feierte nach dem Spiel mit dem Pokal.
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Mit der deutschen Nationalmannschaft gewann Benedikt Höwedes 2014 die Weltmeisterschaft in Brasilien. Der Schalker feierte nach dem Spiel mit dem Pokal. Foto: imago © imago/Ulmer/Teamfoto
Benedikt Höwedes küsste am beim Empfang der deutschen Nationalmannschaft in Berlin den WM-Pokal.
Foto: dpa
Benedikt Höwedes küsste am beim Empfang der deutschen Nationalmannschaft in Berlin den WM-Pokal. Foto: dpa © dpa
In der Bundesliga spielte Schalkes Benedikt Höwedes (l.) oft im Derby gegen Borussia Dortmund (im Bild gegen Nelson Valdez). Dabei machte er das Dutzend voll, zudem gewann er mit Schalke 2011 den Supercup gegen den Revier-Rivalen.
Foto Bodo Goeke
In der Bundesliga spielte Schalkes Benedikt Höwedes (l.) oft im Derby gegen Borussia Dortmund (im Bild gegen Nelson Valdez). Dabei machte er das Dutzend voll, zudem gewann er mit Schalke 2011 den Supercup gegen den Revier-Rivalen. Foto Bodo Goeke © Bodo Goeke
"Die Grätsche der Nation" machte Benedikt Höwedes (l.) im Halfinale der Europameisterschaft 2016. Der Schalker spielte mit der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich und blockte durch die Grätsche eine Großchance von Olivier Giroud. Foto: Imago © imago/Nordphoto
Fußball 1. Bundesliga FC Schalke 04 - VfB Stuttgart 1:2 (0:1) amSamstag, dem 11.05.2013, in der Veltins Arena Gelsenkirchen / Nach dem Abpfiff geht Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes konsterniert und enttäuscht über das Spielfeld. Die Ränge der Arena sind da schon fast geleert.
Foto: Martin Möller
Fußball 1. Bundesliga FC Schalke 04 - VfB Stuttgart 1:2 (0:1) amSamstag, dem 11.05.2013, in der Veltins Arena Gelsenkirchen / Nach dem Abpfiff geht Schalkes Kapitän Benedikt Höwedes konsterniert und enttäuscht über das Spielfeld. Die Ränge der Arena sind da schon fast geleert. Foto: Martin Möller © WAZ
Schalkes Torwart Ralf Fährmann (hinten) übernahm zu Beginn der Saison 2017/18 die Kapitänsbinde bei Schalke von Höwedes. Im ersten Bundesligaspiel kam Höwedes nicht zum Einsatz. Das Ende der Zeit auf Schalke bahnte sich an.
Foto: dpa
Schalkes Torwart Ralf Fährmann (hinten) übernahm zu Beginn der Saison 2017/18 die Kapitänsbinde bei Schalke von Höwedes. Im ersten Bundesligaspiel kam Höwedes nicht zum Einsatz. Das Ende der Zeit auf Schalke bahnte sich an. Foto: dpa © picture alliance / dpa
Benedikt Höwedes bedankt sich bei den Fans von Schalke.
Foto: firo
Benedikt Höwedes bedankt sich bei den Fans von Schalke. Foto: firo © firo Sportphoto
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„Bene war ein Lieblingsspieler“

Ein paar Meter neben den Wieschers steht ein Mann im lilafarbenen Hemd mit Aue-Wappen. Dazu baumelt ein Schalke-Schal um seinen Hals. „Ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber ich bin Aue- und Schalke-Fan“, sagt Vincent Döhnert, der mit seinem Vater Jens aus dem hessischen Kassel zum Training nach Gelsenkirchen gekommen ist. „Mein Sohn“, berichtet Jens Döhnert, „ist mit vier Jahren mal beim Freundschaftsspiel zwischen Aue und Schalke gewesen. Das lief noch zu Rudi Assauers Zeiten. Seitdem drückt Vincent auch Schalke die Daumen. Natürlich sind wir nicht nur wegen den Königsblauen, sondern auch wegen Domenico Tedesco hier, der Aue in der letzten Saison vor dem Abstieg gerettet hat. Ein guter Trainer.“

Vincent Döhnert nickt und lauscht Tedescos Anweisungen. Benedikt Höwedes lauscht ihnen nicht mehr. „Ich kann es verstehen, dass ihn die Auslandserfahrung reizt. Bene war schon einer meiner Lieblingsspieler, aber die Knappenschmiede produziert immer wieder gute Jungs. Ziel muss es sein, die Leute langfristig zu binden.“

Höwedes war lange Schalker, trug 16 Jahre das königsblaue Trikot. „Benedikt ist Schalke“, korrigiert Thomas Stein, ein S04-Fan, der aus der Nähe von Gießen stammt und aktuell im Landschaftspark Duisburg Station macht, um mit dem Fahrrad den Ruhrpott zu erkunden. „Es tut weh, dass er nicht mehr bei uns ist. Höwedes fehlt, was das Herz angeht.“

Und sportlich?

Gänsehaut-Abschied gewünscht

„Es nutzt ja nichts, wenn er hier auf der Bank sitzt“, sagt Stein. „Einen anderen Abschied hätte ich für ihn besser gefunden. So einen mit Gänsehaut wie bei Raúl. Damals war ich in der Fankurve.“ Als Stein das sagt, schießen ihm Tränen in die Augen. Passend zum melancholischen Mittwoch auf Schalke.