Essen. Der FC Schalke beendet die Saison auf dem zehnten Tabellenplatz. Mittelmaß! Trainer Markus Weinzierl hat aber eine zweite Chance verdient. Ein Kommentar.
- Der FC Schalke beendet die Saison auf dem zehnten Tabellenplatz.
- Mittelmaß! Trainer Markus Weinzierl hat aber eine zweite Chance verdient
- Ein Kommentar
Die Qualität eines Fußballtrainers lässt sich auch daran messen, ob er in kniffligen Situationen ein glückliches Händchen beweist und den richtigen Ersatzmann einwechselt. Christian Streich ist ein Meister darin: Elfmal brachte er einen Spieler, der danach sein Tor erzielte. (Meistens Nils Petersen.) Nur Julian Nagelsmann bei 1899 Hoffenheim und Ralph Hasenhüttl bei RB Leipzig waren in der abgelaufenen Saison ähnlich einfühlsam beim Spiel.
Womit wir beim FC Schalke sind: Die Joker-Statistik von Markus Weinzierl sieht nicht berauschend aus. Nur zwei von 101 Einwechslungen bedankten sich mit Toren. Damit liegt Schalke in dieser vielleicht nebensächlichen, aber doch bezeichnenden Aufstellung auf dem letzten Bundesliga-Platz. Lag das Manko an der spärlich oder nicht ausgewogen besetzten Reservebank? Oder doch an der Spielphilosophie, was ein Spielertausch bringen soll, also Sicherheit oder Hoffnung?
Wenn Sportvorstand Christian Heidel von einer „schonungslosen Analyse bis ins letzte Detail“ spricht, die er diese Woche beginnen will, wird es exakt um solche Details gehen. Wie überall in der Bundesliga. Bei Borussia Dortmund wird man sich fragen: Warum ist Thomas Tuchel in der Liga der einzige, der sein Auswechselkontingent komplett, also alle 102 möglichen, ausgenutzt hat? Experimentierfreude oder Taktik-Unsicherheit? Das Ergebnis ist offen.
Es liegt nicht immer am Trainer
Eines ist sicher: Es liegt nicht immer am Trainer, wenn es nicht läuft. Die halbe Liga tauschte den Trainer aus. Am Ende stehen Mannschaften auf dem Abstiegsplatz, die’s getan haben — und im Europapokal spielen die Klubs, die Kontinuität bewiesen haben. Es ist kein Zufall, dass der 1. FC Köln mit seinem dienstältesten Trainer Peter Stöger erstmals seit 25 Jahren wieder international spielen darf.
Was das mit Schalke zu tun hat: Heidel trifft die richtige Entscheidung, wenn er mit seinem bislang glücklosen Trainer in die neue Saison geht.
Schalke muss raus aus der Spirale
Trotz Platz 10 und Mittelmaß in der Bundesliga: Schalke muss raus aus dieser Spirale, dass immer der daran glauben muss, der die Mannschaft aufstellt. Heidel und Weinzierl — bis auf Widerruf sind die zwei eine Zweckgemeinschaft, die das Vertrauen von Aufsichtsratschef Clemens Tönnies zurückzuzahlen hat. Scheitern die zwei, wackelt mehr als die Trainerbank.
Bei Schalke ist es ja offensichtlich: Nicht selten liegt es weniger an der Aufstellung als an der Einstellung der Spieler. Verloren beim Tabellenletzten Darmstadt, Unentschieden beim Tabellenvorletzten Ingolstadt — so muss man erst gar nicht einen Anspruch auf einen Startplatz im Europapokal erheben. Einen Traumstart wie einst Huub Stevens wird Weinzierl nicht mehr hinlegen können. Doch gerade die Causa Stevens sollte Schalke eines lehren.
Die schönste und vielleicht beste Zeit erlebten die Königsblauen, als der Trainer eine Konstante mit dem Manager Rudi Assauer bildete. Die Bilder und Erinnerungen an 1997 und die Jahre danach führen es immer wieder vor Augen: Die zwei waren ein Gespann, von dem die Liga mit Hochachtung sprach. Spieler kamen und gingen; die zwei blieben auf Schalke. Bis es halt, wie in vielen Ehen, gar nicht mehr ging. Aber die Zeit davor; die war schön.
Weinzierl hat eine 2. Chance verdient
Das Fanlager ist in der Trainerfrage gespalten. Jede Umfrage in den Sozialen Netzwerken zeigt es, und auch dieser Kommentar hier wird erneut heftig umstritten sein: Ist Weinzierl der richtige Mann? Es sind die alten Reflexe. Auch Medien geben diesen Reflexen gerne nach. In diesem Fall ist das so falsch, wie Kritik an manchen Entscheidungen von Weinzierl berechtigt war. Größtes Verletzungspech erschwerte seine Arbeit. Eine zweite Chance nächste Saison hat er verdient.
Zweite Chance heißt: nicht für alle Ewigkeit. Heidel spricht in diesen Tagen davon, dass in der neuen Bundesliga-Saison „geliefert“ werden muss. Geliefert werden musste auch schon in der jetzt beendeten Saison. Das haben die Schalker Fans verdient. Wenn die Lieferzeit verschoben werden musste, weil der Lieferwagen eine Panne hatte, mag man das ja verzeihen. Aber irgendwann muss das Paket ankommen. Sonst wird die Lieferung halt storniert.
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