Amsterdam. . Mit Thilo Kehrer steht ein Spieler im Blickpunkt, der auf Schalke ausgebildet wurde. Gegen Amsterdam wird der 20-Jährige in der Startelf stehen.
Thilo Kehrer war schon mal hier. Vor knapp zwei Jahren war das, Schalkes U19 spielte in der Youth League bei Ajax Amsterdam und schied aus. Jetzt ist der 20-Jährige wieder hier und kämpft mit den Schalker Profis an diesem Donnerstag (21.05 Uhr/ Sport1) im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League um eine gute Ausgangsposition, damit Schalke in einer Woche über Ajax ins Halbfinale des Europapokals einziehen kann. Aus der Knappenschmiede zu den Profis: Das sind genau die Karrieren, die Schalkes Fans lieben. Und Thilo Kehrer ist der nächste, der diese Sehnsüchte der Anhänger erfüllt.
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Als er mit 15 Jahren nach Schalke kam, war er Balljunge bei den Spielen in der Arena und hat die Profis bewundert - heute empfindet es Thilo Kehrer als „große Ehre, dass ich jetzt selbst in der Profimannschaft spielen kann“. Auch wenn er nicht aus dem Ruhrgebiet stammt, sondern aus Tübingen, sehen die Fans in ihm einen, der es aus ihrem Innersten nach oben gebracht hat. „Es freut mich natürlich, dass die Fans mich sehr gerne spielen sehen, weil ich aus der Knappenschmiede komme“, sagt Kehrer vor seinem bisher größten Spiel. Von einem Bonus spricht er nicht unbedingt, weil er sich sportlich alles selbst erarbeiten musste. „Die Trainer nehmen darauf keine große Rücksicht“, lacht er: „Aber das erwartet man ja auch nicht.”
Deutscher Meister mit der U19
Dass Thilo Kehrer sich jetzt in den Vordergrund gespielt hat, trifft sich gut, da Bedarf an bodenständigen Spielern besteht, wenn mit Sead Kolasinac und Max Meyer womöglich die nächsten Eigengewächse den Verein im Sommer verlassen werden. Kolasinac und Meyer, die beide mit Schalke im Jahr 2012 Deutscher A-Jugend-Meister wurden, könnten den gleichen Weg gehen wie vor ihnen Joel Matip, Leroy Sané, Julian Draxler oder Manuel Neuer. Schalke hat diese Lücken immer wieder mit Jungs aus den eigenen Reihen geschlossen, das ist keine Selbstverständlichkeit. Aktuell ist zum Beispiel nicht damit zu rechnen, dass in Kürze wieder ein Ausnahmetalent aus der Jugend in den Profikader rückt – Trainer Markus Weinzierl hat von Talentschmied Norbert Elgert zumindest noch kein entsprechendes Signal bekommen.
Umso größer sind die Hoffnungen, die auf Thilo Kehrer ruhen, der sich durch gute Leistungen in der Rückrunde einen Stammplatz erspielt hat. War der 20-Jährige in der Hinrunde noch unzufrieden mit seinen Spielanteilen, muss Manager Christian Heidel jetzt schon die Frage beantworten, wann er denn den Vertrag mit dem U21-Nationalspieler zu verlängern gedenkt - der Kontrakt läuft noch bis 2019. Entsprechend hat Heidel keine Eile, aber: Beim letzten Mal war eine Ausdehnung der Zusammenarbeit mit Kehrer auf Schalke nicht selbstverständlich.
Kehrer stehen die Türen offen
Heidels Vorgänger Horst Heldt musste die Vertragsverlängerung mit dem Defensivspieler sogar eine Zeit lang geheim halten: Er musste erst den damaligen Schalker Trainer André Breitenreiter von den Perspektiven Kehrers überzeugen.
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Jetzt ist das anders: Markus Weinzierl bezeichnet Kehrer als „richtig angenehmen jungen Burschen, der sehr geduldig und hart auf seine Chance hingearbeitet und diese eindrucksvoll genutzt hat”. Schalkes Trainer nennt den 20-Jährigen sogar in einem Atemzug mit den Etablierten - ein Ritterschlag: „Wenn du einen Thilo Kehrer in der Mannschaft hast, wenn du Typen hast wie Kolasinac, Goretzka, Höwedes oder ihn, dann steht das für Mentalität.“
Kehrer stehen die Türen auf Schalke offen, das weiß er, und das gibt er auch zurück. „Meine Identifikation mit Schalke ist natürlich sehr groß. Ich habe einen Teil meiner Jugend hier verbracht und habe den Verein schon als 15-jähriger Junge erlebt”, erzählt er. „Und im Moment fühle ich mich einfach wohl, weil ich spielen kann und zeigen darf, was ich kann.” Das große Spiel in Amsterdam ist nun eine perfekte Bühne dafür, denn Schalke will sich ja anschicken, dem größten internationalen Erfolg der Vereinsgeschichte in den nächsten Wochen nachzueifern: Als die Königsblauen 1997 den Uefa-Pokal gewannen, war Thilo Kehrer acht Monate alt, aber inzwischen kennt er die Geschichte der Eurofighter, die für ihn auch ein Ansporn ist: „Wir reden in der Kabine darüber“, verrät er, „das beflügelt einen auch ein bisschen in den Spielen jetzt.”
Wenn auf Schalke in diesen Wochen also tatsächlich neue Eurofighter heranwachsen, dann ist Thilo Kehrer der jüngste von ihnen. Aber auch vor 20 Jahren sind Spieler wie Thomas Linke oder Yves Eigenrauch erst durch den Sieg im Finale in Mailand zur Legende geworden.