Gelsenkirchen. Schalke-Vorstand Christian Heidel erlebt am Samstag sein erstes Derby zu Hause. Im Interview läuft er zur Höchstform auf – und scherzt über den BVB ein bisschen.
- Christian Heidel erlebt am Samstag sein erstes Derby zu Hause
- Im Interview läuft er zur Höchstform auf
- Der Schalke-Vorstand scherzt über den BVB ein bisschen
Christian Heidel ist bereits in Derby-Form. Vor dem Knaller gegen Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) spricht Schalkes Sportvorstand über BVB-Geschäftsführer Aki Watzke, witzige Sticheleien, Emotionen und warum eine Extra-Siegprämie für das Dortmund-Duell völlig fehl am Platz wäre.
Herr Heidel, Dortmunds Geschäftsführer Aki Watzke hat Sie vor wenigen Tagen sehr gelobt. Unter anderem dafür, wie Sie ihm rund um die Ausschreitungen vor dem Duell zwischen Dortmund und Leipzig zur Seite gestanden haben. Und für die Ruhe, die Sie in der schlechten Phase auf Schalke behalten haben.
Christian Heidel: In der Leipzig-Geschichte ging es mir aber gar nicht um Beistand für Aki Watzke in Person. Das hätte ich auch gemacht, wenn es Uli Hoeneß oder Rudi Völler oder sonst ein Kollege gewesen wären. Ich fand es ganz schlimm, was da vor dem Spiel Dortmund gegen Leipzig passiert ist. Aber ich glaube, es darf nicht dazu führen, dass man keine Kritik mehr äußern darf, ohne anschließend für Vorkommnisse dieser Art indirekt verantwortlich gemacht zu werden. Das war einfach meine Meinung.
Machen Sie sich aufgrund der großen Brisanz Sorgen, dass es vor dem Spiel Schalke gegen Dortmund Ausschreitungen geben könnte?
Christian Heidel: Mir fehlt ein bisschen die Erfahrung aus diesem Derby. Ich habe erst ein Duell zwischen Dortmund und Schalke erlebt. Das war aufregend, aber wir hatten keine Ausschreitungen zu beklagen. Ich hoffe, dass wir uns auch diesmal auf ein friedliches Derby freuen dürfen. Ich finde toll, wenn es emotional zugeht und kann auch damit leben, wenn es verbal vielleicht mal ein bisschen deutlicher wird. Aber ich habe Menschen noch nie verstanden, die ein Fußballspiel als Plattform für Gewalt nutzen. Das hat im Fußball rein gar nichts verloren.
Noch einmal zurück zu Aki Watzke: Er geht davon aus, dass Dortmund eher den FC Bayern einholt als dass Schalke 04 die Borussia überrundet.
Christian Heidel: Ich finde ja interessant, wie oft er sich Gedanken über Schalke macht. Das muss Hintergründe haben. Vielleicht steckt ja doch eine gewisse Unsicherheit dahinter, dass das doch mal passieren könnte. Ich habe irgendwo gelesen, dass er gesagt hat: Selbst für 20 Millionen würde er nicht zu Schalke gehen. Also darüber muss er sich wirklich nicht den Kopf zerbrechen. Das Angebot wird ganz sicher nicht kommen (lacht).
Schön, dass Sie über ein paar Derby-Sticheleien lachen können.
Christian Heidel: So ein paar Sticheleien, die nicht bösartig sind, gehören doch dazu. Ich möchte Aki immer nur daran erinnern, dass er 2008 eine grandiose Personalentscheidung getroffen hat, in dem er Jürgen Klopp aus Mainz geholt hat. Es hat dann neun Jahre gedauert, bis sie Schalke 04 in der Mitgliederzahl erreicht haben. Jetzt haben sie sogar drei Mitglieder mehr. In diesem Zeitraum lagen zwei Deutsche Meisterschaften, ein Champions League-Finale und ein Pokalsieg. Es würde mir eher Angst machen, dass man neun Jahre braucht, um an Schalke heran zu kommen. Unser Verein hatte in dem genannten Zeitraum nicht alle diese Titel geholt. Aber man muss sich nur mal vorstellen, in welcher Region wir wären, wenn wir das getan hätten.
Trotzdem ist die Borussia dem FC Schalke um einiges voraus, oder?
Christian Heidel: Das lässt sich nicht leugnen. Wir haben hier viele Dinge verändert, um nachhaltig erfolgreich zu werden und nicht immer das Ergebnis der aktuellen Saison zu sehen. Es war das allesentscheidende Thema hier auf Schalke: Wie wollen wir uns zukünftig aufstellen? Selbst in einer Saison, die sicherlich total durchwachsen ist, finde ich niemanden hier im Klub, der sagt: Wir müssen von dem Weg ab. Wir verändern derzeit viele Dinge auf Schalke, mit denen alleine wir morgen allerdings kein Spiel gewinnen werden, die aber die Basis dafür sind, um mittelfristig Spiele zu gewinnen. Aber natürlich steht die aktuelle Saison im Fokus und da hinken wir – inbesondere durch den Null-Punkte-Start – hinterher. Auch, wenn wir im Viertelfinale der Europa League stehen. Und dann bekommst du auf die Mütze und das musst du akzeptieren.
Kann ein Derby-Sieg gegen Borussia Dortmund eine ganze Saison retten?
Christian Heidel: Das glaube ich nicht. Ich weiß, wie wichtig ein Derbysieg ist. Ich werde mir aber stets die Spielzeit im Ganzen anschauen. Natürlich ist ein Erfolg im Derby immer Balsam für die Seele. Wir haben erfolgreiche Wochen hinter uns mit einem Sieg in Mainz und dem Weiterkommen in der Europa League gegen Mönchengladbach. Das hat vielen Leuten Mut gemacht, dass wir auch in dieser Saison noch etwas reißen können.
Schalke-Ikone Olaf Thon ist der Meinung, dass die Dortmunder Mannschaft keine Härte verträgt. Wie schätzen Sie das ein?
Christian Heidel: Ich fand die erste Halbzeit, die wir beim 0:0 in Dortmund gezeigt haben, unsere bisher beste. Bereits im Vorfeld war bei unserer Mannschaft viel Emotionalität im Spiel. Das merkte man schon bei der Fahrt zum Stadion und beim Blick in die Gesichter der Jungs. Das Training haben wir extra öffentlich vor mehreren tausend Fans abgehalten, damit die Mannschaft spürt, wie viel dieses Spiel den Menschen bedeutet. Und auf dem Weg zum Stadion haben wir eine DVD mit tollen Derby-Momenten gezeigt.
Wird es diese Trainings-Aktion auch diesmal geben?
Christian Heidel: Nein, das werden wir jetzt nicht wiederholen. Das würde wie ein Abklatsch aussehen. Ich habe vor dem Hinspiel darauf geachtet, wie unsere Spieler ins Stadion gehen und was mit Anpfiff passiert? Von der Art und Überzeugung her war das beeindruckend. Dortmund hat nicht einmal in 45 Minuten auf unser Tor geschossen. Die Jungs haben sich gewehrt. Diese Grundeinstellung brauchen wir auch Samstag. Wir wissen, dass uns der BVB fußballerisch überlegen ist. Wir wissen aber auch, dass Dortmund zu packen ist und sind weit davon entfernt, dieses Spiel im Geiste abzugeben oder zu sagen: Wir wollen einen Punkt. Es gibt drei zu holen!
Halten Sie eine Extra-Siegprämie für das BVB-Spiel für sinnvoll oder besteht die schönste Prämie für jeden Schalker Spieler darin, mit einem Sieg gegen den Rivalen vom Platz zu gehen?
Christian Heidel: Wenn eine Extraprämie notwendig wäre, um die Mannschaft für ein Derby gegen Dortmund zu motivieren, dann hätten wir die falsche Mannschaft und müssten uns ernsthaft Gedanken machen. Solche Reize setzt man dann, wenn man glaubt, etwas bewirken zu können. Dieses Gefühl, als möglicher Sieger vom Platz zu gehen, ist Prämie genug. Davon werden die Spieler erzählen, die das Gefühl schon kennen.