Hannover. . Axel Schuster, Schalkes Direktor Sport, teilt Benedikt Höwedes’ Einschätzung, keine Titelchancen zu haben. Aufgeben wollen aber beide nicht.
Zwischen Kamen-Kaiserau und Hannover liegen 200 Kilometer und gut zwei Stunden Autofahrt. Trotz der räumlichen Distanz zwischen dem Quartier der Fußball-Nationalmannschaft und dem Aufenthaltsort des Bundesligisten FC Schalke 04 am Donnerstagabend war Benedikt Höwedes gefühlt an beiden Orten gleichzeitig zugegen. In Kaiserau weilte der Weltmeister gestern tatsächlich, bevor es mit der DFB-Auswahl heute zum WM-Qualifikationsspiel nach Aserbaidschan geht – im Niedersächsischen, wo sein Verein ein Testspiel gegen den Zweitligisten Hannover 96 absolviert, war Höwedes aber nur Gesprächsthema. Denn seine Einschätzung, bis zum Karriere-Ende auf Schalke wohl niemals die Meisterschale in den Händen halten zu können, verhallte nicht geräuschlos.
Kontinuität statt Dauer-Umbruch
„Ist utopisch“, antwortete Höwedes in einem Interview mit dem Magazin Socrates auf die Frage, ob er mit Schalke 04 denn noch als Aktiver zu Meisterweihen kommen könnte. „Dafür sind wir einfach zu weit weg von einer Mannschaft wie Bayern München.“ Eine nachvollziehbare Selbsteinstufung, werden nun viele angesichts der Übermacht des Deutschen Rekordmeisters sagen. Bei Teilen der Fans mag das Eingestehen, null Chancen auf Platz eins nach 34 Bundesligaspieltagen zu haben, weniger gut ankommen.
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Axel Schuster, Direktor Sport beim Tabellenneunten, konnte den Gedankengang des Schalker Kapitäns aber nachvollziehen: „Es ist immer vernünftig, sich realistische Ziele zu setzen. Bei dieser Aussage kann man Bene überhaupt keinen Vorwurf machen. Die Meisterschaft wäre Stand heute für Schalke ein Märchenziel.“
Weinzierl: Jeder gefordert
Trainer Markus Weinzierl rief nach dem 1:3 in Hannover selbstverständlich nicht die Jagd nach den Münchnern aus, sagte aber: „Jeder ist in der Bundesliga gefordert, es spannender zu machen. Die Bayern haben sich den Vorsprung über Jahre hart erarbeitet.“
Trotzdem hat der 29 Jahre alte Höwedes, seit 2001 ein Königsblauer, nicht sämtlichen Ehrgeiz aufgegeben: „Ich hab’ Bock, noch einen Titel mit Schalke zu gewinnen.“ Das wollen die Fans schon eher vom Leistungsträger hören. Die Schalker müssen sich für dieses Vorhaben nur einen anderen Wettbewerb suchen. Und laut Höwedes, der 2011 mit seiner Mannschaft durch den 5:0-Finalsieg über den MSV Duisburg DFB-Pokalsieger wurde, müsse sich strukturell auch einiges ändern: „Wir müssen jetzt Stück für Stück etwas aufbauen“, erklärt Höwedes, „deshalb dürfen wir nicht jedes Jahr vom Umbruch reden und zehn neue Spieler holen. Das kann nicht funktionieren.“
Vertrag bis 2020
Womöglich spürt Schalkes Kapitän angesichts seines bis 2020 laufenden Vertrags, dass ihm die Möglichkeiten entrinnen, nochmal mit Schalke einen Titel zu holen. Höwedes unterstrich die Absicht, in Deutschland ausschließlich für S04 spielen zu wollen: „Es herrscht eine unglaubliche Energie in diesem Verein, und wenn man die, wie Christian Heidel richtig angemerkt hat, bündeln kann, dann ist Schalke zu einigem fähig.“
Er will sich in Zukunft allerdings auch noch eine Herausforderung in Übersee suchen. Gemeint sind damit die USA oder Australien – und nicht, wie es gerade ein Trend im Profifußball ist, die chinesische Liga, deren Vereine mit Geld um sich werfen. Höwedes: „Ich will nicht behaupten, dass ich nicht auch auf das Gehalt schaue, wenn ich unterschreibe. In erster Linie kommt es darauf an, dass man bei einem Verein ist, bei dem man sich wohl fühlt.“ Auf Schalke dürfte das noch ganz sicher eine Weile so sein. (tt/ab)