Gelsenkirchen.. Sascha Riether beantwortet die Fragen der WAZ-Leser. Er verrät, warum Trainer Weinzierl in der Schalker Mannschaft so gut ankommt und dass er seine eigene Karriere im Sommer beenden wird.
Die Fragen liegen auf dem Tisch, und Sascha Riether nimmt sich alle Zeit dafür: Eine halbe Stunde lang hat der 33 Jahre alte Schalke-Profi die Fragen der WAZ-Leser beantwortet. Hier eine Auswahl seiner Antworten, und an alle: Danke fürs Mitmachen.
Frage: Wie sehr beschäftigt sich die Mannschaft mit der Tabellensituation und was ist noch drin in dieser Saison?
Sascha Riether: Diese Situation lässt keinen kalt, weil wir uns natürlich etwas ganz anderes vorgenommen haben. Nach dem Sieg gegen Gladbach sind uns allen Steine vom Herzen gefallen – ich hoffe, dass wir damit die Wende geschafft haben und es jetzt endlich bergauf geht.
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Frage: Glauben Sie, dass Sie es in dieser Saison noch zurück in die Top Ten der Tabelle schaffen?
Riether: Die Saison ist noch lang, wir hoffen alle, dass am Ende noch ein gutes Ergebnis herausspringen kann. Unser Ziel war vor der Saison ein Platz im internationalen Geschäft. Im Moment tun wir aber gut daran, wenn wir uns darauf konzentrieren, wie wir aus der aktuellen Lage wieder herauskommen.
Frage: Sie sind mit Freiburg und Fulham in die zweite Liga abgestiegen – werden in der jetzigen Situation mit Schalke Erinnerungen wach und helfen Ihnen die Erfahrungen?
Riether: Soweit denke ich jetzt nicht. Aber es ist auf jeden Fall gut, wenn man Leute im Kader hat, die sich mit gewissen Situationen schon auskennen und die ihre Erfahrungen einbringen können. Allerdings hatten wir in Freiburg und Fulham eher zum Ende der Saison Probleme, nicht am Anfang wie jetzt bei uns.
Frage: Sie sind mit dem VfL Wolfsburg 2009 auch Deutscher Meister geworden. Erzählen Sie Ihren Mitspielern in der Kabine gelegentlich, wie schön das war, Meister geworden zu sein?
Riether: Die fragen mich tatsächlich heute noch, wie es damals gewesen ist. Ich habe in meiner Karriere ja wirklich alles mitgemacht, in 15 Jahren habe ich alle Höhen und Tiefen erlebt – mit Freiburg bin ich übrigens auch mal in die Bundesliga aufgestiegen. Aber die Meisterschaft mit Wolfsburg war die Krönung, weil damit selbst im Verein keiner gerechnet hatte. In der Winterpause waren wir auf Platz zwölf, und dann haben wir das Feld von hinten aufgerollt.
Frage: Felix Magath, unter dem Sie in Wolfsburg trainiert haben, trägt den Spitznamen „Quälix“. Würden Sie heute, gut sieben Jahre danach, seine Vorbereitung auf eine Saison immer noch schadlos durchstehen?
Riether: Puh, ich bin ja jetzt etwas älter (lacht). Den Namen „Quälix“ hat er damals auf jeden Fall zurecht getragen – deswegen hatten wir den Titel mit Wolfsburg auch verdient, weil wir mit Sicherheit von allen Mannschaften am meisten gearbeitet haben. Felix Magath hat mich übrigens fast meine ganze Karriere begleitet – er ist nach mir ja sogar mit nach England gekommen.
Sascha Riether über Schalke-Trainer Markus Weinzierl
Frage: Ist Markus Weinzierl der richtige Trainer auf Schalke und gibt es überhaupt „den“ richtigen Trainer für Schalke?
Riether: Obwohl unser Start nicht erfolgreich war, hat uns der Trainer auf jedes Spiel immer gut vorbereitet. Für ihn waren die ersten Wochen auch nicht einfach, weil Schalke gute Spieler verloren hat und viele neue gekommen sind – das musste sich erst einmal finden. Wir stehen auf jeden Fall total hinter dem Trainer, er macht seine Sache sehr gut. Es würde mich auch für ihn freuen, wenn jetzt Ruhe einkehrt.
Frage: Was sind die Besonderheiten an Markus Weinzierl – als Trainer und als Mensch?
Riether: Er ist ein Trainer, der eine gute Mischung hat zwischen hartem Durchgreifen und der nötigen Lockerheit. Und sein Training ist sehr gut.
Frage: Wie gehen Sie persönlich damit um, dass immer häufiger Benedikt Höwedes in wichtigen Spielen nach rechts rückt und Sie damit außen vor sind, obwohl Junior Caicara im Moment keine Rolle spielt?
Riether: Ich bin ja vor einem Jahr als Backup geholt worden und weiß die Situation entsprechend einzuschätzen. Bene hat das rechts gut gemacht, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Und es ist tatsächlich so: Bei uns zählt nicht der Einzelne, sondern nur das Team. Wenn ich gebraucht werde, weiß der Trainer, dass er sich auf mich verlassen kann – auch außerhalb des Platzes.
Frage: Sind vier Rechtsverteidiger im Kader nicht zu viel?
Riether: Bei der Verletzung von Coke hat man doch gesehen, wie schnell es gehen kann. Außerdem haben wir so viele Spiele, da wird rotiert und man braucht einen großen Kader. Und: Jeder, der bei uns hinten rechts spielt, kann auch auf einer anderen Position spielen.
Frage: Herr Riether, Sie sind rechter Verteidiger. Wenn Sie sich heute drei Nebenleute in der Viererkette aus Ihrer gesamten Karriere aussuchen dürften, wer wäre das?
Riether: Andrea Barzagli, mit dem ich in Wolfsburg zusammengespielt habe, und Bene Höwedes wären im Zentrum. Und links würde ich Marcel Schäfer wählen, ein Wolfsburger Urgestein.
Sascha Riether über die Zeit nach Schalke
Frage: Wie lange glauben Sie, noch auf Schalke spielen zu können?
Riether: Ich habe vor, meine Karriere im Mai zu beenden – also noch acht Monate, in denen ich alles geben werde für diesen Verein. Dann war ich 15 Jahre als Profi dabei und es wird Zeit, an die Zeit danach zu denken.
Frage: Was wird Ihnen als Erstes einfallen, wenn Sie später mal an Schalke denken?
Riether: Die geilen Fans und die Atmosphäre im Stadion. Hier wird man schon als Baby Fan – Schalke ist wirklich wie eine Religion.
Frage: Ihre Profi-Stationen waren Freiburg, Wolfsburg, Köln, London und jetzt Schalke: Haben Sie im Rückblick alle Stationen richtig gewählt?
Riether: Vielleicht hätte ich früher nach Schalke kommen sollen – Horst Heldt hatte schon einige Jahre vorher Interesse, aber Felix Magath wollte mich damals nicht gehen lassen. Jetzt hoffe ich auf Schalke wenigstens auf einen runden Abschluss.
Frage: Können Sie sich vorstellen, nach dem Ende Ihrer Karriere in dieser Region wohnen zu bleiben?
Riether: Das ist so geplant – ich denke, dass wir irgendwo in Nordrhein-Westfalen bleiben werden. Freiburg, wo ich herkomme, ist eine wunderschöne Ecke. Aber ich fühle mich in Nordrhein-Westfalen sehr wohl und werde hierbleiben.
Frage: Mal ehrlich: Macht es auf dem Platz für einen Spieler wirklich einen Unterschied, ob man nun für Schalke, Köln, Wolfsburg oder welchen Verein auch immer auf dem Rasen steht?
Riether: Ganz ehrlich: Für mich war es immer wichtig, alles zu geben für den Verein, bei dem ich gerade gespielt habe – jeder hat 100 Prozent bekommen. Da habe ich keinen Unterschied gemacht. Was allerdings anders ist, ist das Gefühl, wenn 5000 Fans bei jedem Spiel auswärts dabei sind wie hier bei Schalke.
Frage: Sie sind auch für die deutsche Nationalmannschaft aufgelaufen. Bleiben diese Spiele gut in Erinnerung oder ärgern Sie sich, dass es nicht mehr wurden?
Riether: Ich bin ja nicht Cristiano Ronaldo (lacht). Für mich war es schon ein Geschenk, als ich das erste Mal bei der Nationalmannschaft auf der Bank saß. Eigentlich wollte ich damals nur für eine Sekunde eingewechselt werden – dann hätte ich mein Länderspiel gehabt. Danach ist sogar noch ein zweites Spiel dazu gekommen, und so war das erste keine Eintagsfliege. Nein, für mich war das eine Riesensache.
Frage: Sie haben gut zwei Jahre in der Premier League beim FC Fulham gespielt. Wo liegen die gravierendsten Unterschiede zwischen der Premier League und der Bundesliga? Sowohl im Bezug auf das Spiel selbst als auch im Bezug auf die Fan-Kultur?
Riether: Das Spiel ist in der Bundesliga schwieriger, weil alle Mannschaften taktisch sehr gut sind und es keine Räume gibt – in England ist es mehr auf Einzelaktionen ausgelegt. Die Zuschauer in England singen nicht die ganze Zeit mit, sie gehen eher gezielt auf einzelne Aktionen ein und klatschen zum Beispiel für eine tolle Grätsche. Und der gegenseitige Respekt ist in England größer: Da wird bei einem schlechten Spiel mal gebuht, aber dann ist die Sache auch erledigt – da hängt nichts nach.
Frage: Denken Sie, dass Fan-Rivalitäten motivieren oder manchmal auch nerven?
Riether: Auf dem Platz ist die Rivalität da – warum soll es bei den Fans nicht auch sein, sofern alles im Rahmen bleibt? Und bei manchen Spielen wie zum Beispiel beim Derby motiviert das extrem, wenn man weiß, dass ein Sieg den Fans besonders wichtig ist.
Frage: Was können sie sich besser vorstellen nach der Karriere: Trainer oder Manager?
Riether: Ich kann mir beides vorstellen. Ich liebe das Fußballgeschäft – mal gucken, wo ich später einmal lande. Das war aber jetzt keine Bewerbung an Schalke (lacht laut)
Frage: Sind Spielerberater aus Ihrer Sicht sinnvoll für jeden Profispieler?
Riether: Nicht für jeden – Messi oder Ronaldo brauchen keinen Berater. Aber für einen Spieler, der auf Vereinssuche ist, ist es hilfreich. Ich habe immer mit einem Berater zusammengearbeitet.
Frage: Ich fürchte, solche Zeiten wie damals, als Schalke Meister der Herzen war, werde ich nicht mehr erleben. Oder können Sie Hoffnung machen?
Riether: In der aktuellen Lage ist das natürlich überhaupt kein Thema. Aber im Fußball geht es immer ganz schnell – wer hat denn 2009 an die Meisterschaft von Wolfsburg gedacht? Ich bin mir auf jeden Fall sicher: Die Verantwortlichen und die Spieler tun hier auf Schalke alles dafür, damit dieser Fan mit seinem Herzensverein noch einige Erfolge feiern kann.
Diese WAZ-Leser haben Fragen an Sascha Riether gestellt
Die Fragen stammen von den WAZ-Lesern Christof Dreier, Sabrina Schuemann, Fabian Simiot, Christian Rinaldi, Uwe Somplatzki, Annette Schick, Andreas Bargel, David Böse, Tim Mühlmann, Ines Adler und Ulrike Stumpf. Jeweils ein Schalke-Trikot haben gewonnen: Fabian Simiot und Tim Mühlmann. Aufgezeichnet wurde das Gespräch von Manfred Hendriock