Gelsenkirchen. Schalkes U23-Trainer Jürgen Luginger verspricht sich viel von der Regionalliga-Saison. Wir haben uns mit ihm über den Neuaufbau unterhalten.
- Schalkes U23-Trainer Jürgen Luginger verspricht sich viel von der Regionalliga-Saison
- Im Interview spricht er über den großen Umbruch bei den Königsblauen
- Luginger verrät, wie er die Abgänge von Bernard Tekpetey und Alexsei Gasilin kompensieren will
Jürgen Luginger kommt entschlossen zum Interview mit der WAZ. Der Trainer der Schalker U23 verspricht sich viel von der neuen Saison in der Regionalliga, auch wenn er wieder einmal einen Neuaufbau seiner Mannschaft einleiten muss. Für eine kleine Panne zum Start kann Schalke nichts...
Schalkes U23 nach dem ersten Spieltag noch punktlos. Was ist da los, Herr Luginger? Die erste Krise?
Jürgen Luginger: Ja, es sieht ganz so aus (lacht). Aber Spaß beiseite: Da müssen Sie bei Borussia Mönchengladbach nachfragen. Es ist natürlich ärgerlich, dass das Spiel so kurzfristig verlegt wurde, denn unsere Vorbereitung war genau auf den 1. Spieltag ausgelegt. Aber wir nehmen die Situation so an, wie sie ist.
Was macht Sie denn optimistisch, dass Sie nach dem 2. Spieltag nicht mehr punktlos sind? Am nächsten Freitag kommt der 1. FC Köln II.
Luginger: Da wir ein Heimspiel haben, gehe ich zumindest schon einmal davon aus, dass wir spielen können. Wir hatten eine gute Vorbereitung, die Jungs ziehen toll mit. Gegen den Drittligisten FSV Frankfurt haben wir mit dem 1:1 auch noch ein richtig gutes Testspielergebnis erzielt. Wir sind auf jeden Fall für den Start gerüstet.
Wieviele Punkte sollen es denn diesmal in der Hinrunde sein? In den vergangenen beiden Jahren waren es deutlich weniger als in der Rückrunde. Schalke überwinterte zweimal auf einem Abstiegsplatz.
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Luginger: Wir haben schon das Ziel, eine bessere Vorrunde zu spielen als in den vergangenen Jahren. Es hat aber erneut ein großer Umbruch stattgefunden: Neun Spieler sind aus der U19 zu uns gekommen, dazu haben wir fünf externe Neuzugänge geholt. Es wird auch in dieser Saison keine leichte Aufgabe. Wir würden uns wünschen, uns früher als Mannschaft zu finden als in den vergangenen beiden Jahren, aber so eine Entwicklung braucht Zeit. Dieser Prozess dauert länger als vier bis sechs Wochen Vorbereitung.
Müssen andere U23-Teams diesen großen Umbruch nicht kompensieren?
Luginger: Viele der anderen U23-Mannschaften haben in den vergangenen zwei Jahren zu großen Teilen durchspielen können. Wenn ein Verein höhere Ziele hat, muss er zusehen, dass die Fluktuation nicht ganz so groß ist. Es geht um eine gewisse Kontinuität und darum, Spieler in den Reihen zu haben, die die Qualität für eine höhere Liga besitzen.
Kann ein Spieler, der aus der U19 kommt, eigentlich schon ein guter Regionalligaspieler sein? Die großen Talente machen ja meistens den Durchmarsch in die 1. Liga oder in die 2. Liga.
Luginger: Es ist ja klar, dass Topleuten direkt der Sprung in die erste Mannschaft gelingt, das soll auch so sein. Die U23 ist ein Zwischenschritt. In den Reihen der Jungs, die aus der U19 aufrücken, sind immer drei bis vier Spieler dabei, die die Qualität haben, sich auch sofort in der Regionalliga zu behaupten. Die meisten spielen ein Jahr in der 4. Liga und machen dann den nächsten Schritt. Maurice Neubauer zum Beispiel, der jetzt zu Mainz II in die 3. Liga gewechselt ist. Jahre zuvor waren es mehr Spieler, die die U23 als Zwischenschritt genutzt haben.
Was ist der gravierendste Unterschied zwischen der U19 und der U23?
Luginger: In erster Linie ist es die Physis, aber auch die Schnelligkeit und Handlungsschnelligkeit. Bei den Junioren hat man auf dem Rasen mehr Zeit und mehr Raum. Dass die Spieler, die hochkommen, technisch gut ausgebildet sind, steht außer Frage.
Mit Bernard Tekpetey und Aleksei Gasilin haben Sie einen Top-Vorbereiter und Ihren Top-Torjäger verloren. Sind die Abgänge zu kompensieren?
Luginger: Beide Spieler hätten wir gerne behalten, aber es war ja schon allein aufgrund der Änderung der WFLV-Statuten nicht möglich. Bernard und Aleksei sind aber ein gutes Beispiel. Mit diesen beiden Jungs und einigen Ergänzungen hätte man sich Gedanken machen können, ob man nicht oben angreifen kann. Dann hätten wir auf jeden Fall einen Torjäger und einen sehr guten Vorbereiter dabei gehabt. Jetzt haben wir junge Spieler, die in ihre die Fußstapfen treten können. Aber nicht sofort, sie brauchen Zeit.
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Phil Neumann ist von der U19-Europameisterschaft zurück. Ist ein U19-Nationalspieler in der 4. Liga nicht unterfordert?
Luginger: Auch Phil Neumann kann sich bei uns verbessern, auch er macht gerade den Schritt vom Junioren- in den Seniorenbereich. Die Frage, die sich jeder Spieler stellen muss: Wieviel Spielpraxis würde er woanders bekommen? Es ist natürlich schön, direkt in die 1. oder in die 2. Liga zu wechseln. Aber wenn er zu 95 Prozent auf der Bank sitzt, ist es sicher sinnvoller, in der 4. Liga Spielpraxis zu sammeln, und vielleicht die Möglichkeit zu haben, mit den Profis zu trainieren.
Wie sieht’s mit Felix Schröter aus, vor einem Jahr U19-Torjäger, der sich beim Zweitligisten Heidenheim nicht durchsetzen konnte und im Winter zurückkam?
Luginger: Felix spielt eine gute Vorbereitung. Bei ihm hat sich gegenüber der vergangenen Saison etwas verändert. Ich hoffe, dass er in der Art und Weise weitermacht. Dann kann es für ihn sicherlich ein gutes Jahr werden.
So denkt Schalkes U23-Trainer Jürgen Luginger über Heidel und Weinzierl
Ihre Neuzugänge kommen diesmal von weither. Kai Wagner aus Ulm, Mike Brömer aus Berlin, Jan Fießer aus Saarbrücken, Luca Bürger aus Jena und Florian Bohnert sogar aus Luxemburg. Zufall?
Luginger: Wenn man eine gewisse Qualität haben will, dann muss man über den Tellerrand hinaus schauen. Es zeichnet sich generell eine Tendenz im Jugendleistungsbereich ab, dass Spieler nicht mehr nur aus der Nachbarschaft geholt werden. Das gilt für die U23 auch.
Über U23-Teams sagt man: die Mischung macht’s. Stimmt die Mischung in Ihrer Mannschaft?
Luginger: Ja, ich denke schon. Wir haben zwar sehr viele 19-Jährige im Team. Ich hoffe aber, dass der eine oder andere schon etwas weiter ist als noch im letzten Jahr. Es ist aber eben auch ganz wichtig, erfahrene Leute dabei zu haben. Wir haben Sascha Dum, Jan Fießer und auch Kevin Scheidhauer, der zwar erst 24 Jahre alt, aber aus sportlicher Sicht schon sehr erfahren ist. Die jungen Spieler können von ihnen lernen.
Sie gehen als Cheftrainer der Schalker U23 in Ihre dritte Saison. Die Verhandlungen haben sich ziemlich hingezogen. Hand aufs Herz: Hatten Sie damit gerechnet, dass es für Sie auf Schalke weitergeht?
Luginger: Bei einem Führungswechsel in einem Verein mit einem neuen Manager und einem neuen Profitrainer kann es immer sein, dass ein kompletter Neuanfang gemacht wird. Von daher war meine Situation lange offen. Aber wir waren immer in Gesprächen, von daher war meine Vertragsverlängerung jetzt keine große Überraschung für mich.
Gab es schon Gespräche mit Manager Christian Heidel?
Luginger: Ja, wir hatten schon mehrere sehr gute Gespräche. Ich habe das Gefühl, dass er viel Wert auf die U23 legt. Ich denke, dass die Mannschaft in den nächsten Jahren innerhalb des Vereins eine größere Rolle spielen wird. Aber eine U23 muss für einen Verein auch Sinn machen. Dieses Team darf nicht bloß ein Auffangbecken für die Spieler sein, die den Sprung nicht schaffen. Ich glaube schon, dass Christian Heidel hier einiges bewegen wird.
Roberto Di Matteo und André Breitenreiter hat man nicht gerade nachgesagt, dass sie oft Kontakt zu Ihnen oder zu U19-Trainer Norbert Elgert gesucht hätten. Wie sieht’s mit Markus Weinzierl aus?
Luginger: Ich gehe davon aus, dass der Austausch mit Markus ein intensiver sein wird. Der Trainerstab ist sehr interessiert an der Arbeit in der Knappenschmiede. Mit Markus Weinzierl habe ich auch schon gesprochen, wir haben uns über Grundsätzliches unterhalten. Nach der Vorbereitung werden wir uns erneut zusammensetzen. Mit seinem Co-Trainer Wolfgang Beller bin ich in engem Kontakt, wenn es um Spieler geht.