Gelsenkirchen. Der Wahlkampf auf Schalke ist am Samstag in seine heiße Phase eingetreten. Bei einer Infoveranstaltung in Gelsenkirchen wurde Clemens Tönnies heftig angegriffen.

Je länger die Podiumsdiskussion in der Gelsenkirchener Flora dauerte, desto lebhafter wurde es. Wie sich die vier Kandidaten, die sich am Sonntag in einer Woche auf der Mitgliederversammlung zur Aufsichtsratswahl stellen, präsentierten, das allein sorgte schon für reichlich Gesprächsstoff. Am Ende der über zweistündigen Veranstaltung ließ Thomas Wiese aber noch eine Bombe platzen und offenbarte, wie es im Schalker Aufsichtsrat zugeht. "Wie sattelfest seid ihr?", fragte das Aufsichtsratsmitglied Wiese in Richtung der beiden neuen Bewerber Andreas Goßmann und Michael Stallmann. Das meinte er rhetorisch. Denn seine Frage ging weiter: "Wie sattelfest seid ihr? Können die, die sich hier zur Wahl stellen Einiges aushalten? Seid ihr bereit, den Weg auch bis zum Ende zu gehen? Oder wollt ihr dann das Handtuch schmeißen?"

Er sei in seiner bisher einjährigen Amtszeit nicht "mitgenommen" worden, beklagte Wiese. Im Gegenteil. Die Konflikte innerhalb des Aufsichtsrates führten in die andere Richtung. Zwar nannte Wiese es süffisant "nur ein Szenario" - demnach soll aber ihm sowie den beiden ebenfalls als Tönnies-kritisch einzustufenden Aufsichtsräten Axel Hefer (2014 gewählt) und Dr. Andreas Horn (wie Wiese seit 2015 im Kontrollgremium) von Tönnies nahegelegt worden sein, zurückzutreten.

Horn wollte Tönnies eine "goldene Brücke" bauen

Dies hat aber auch noch eine Vorgeschichte: Horn hatte Tönnies ein Gespräch angeboten, nachdem der umstrittene Aufsichtsratsvorsitzende Tönnies mehrfach dazu aufgefordert hatte, ihm eine "goldene Brücke" zu bauen - und ihm einen geordneten Rückzug zu ermöglichen. Details gehen aus einem Schriftverkehr vor, der dieser Redaktion vorliegt. Der Schuss ging gewissermaßen nach hinten los: Tönnies antwortete, in dem er ein Ehrenratsverfahren gegen Horn einleiten ließ.

Dieses läuft - am Montag muss sich Horn dem vereinsinternen Schiedsgericht stellen. Der Vorwurf des Ehrenrates lautet zusammengefasst: Seinen Vorstoß kann Horn kaum gewagt haben, ohne sich vorher mit dem Wahlausschuss ausgetauscht zu haben. Das wäre ein Vergehen gewesen. Der Wahlausschuss hingegen hat in seiner Stellungnahme an den Ehrenrat festgehalten, von den Gesprächen zwischen Horn und Tönnies nichts gewusst zu haben und seine Entscheidungen über Zulassung oder nicht Zulassung aller Aufsichtsratskandidaten unabhängig getroffen zu haben. Horn und der Wahlausschuss bestreiten übereinstimmend, im Vorfeld der Entscheidung miteinander Kontakt gehabt zu haben.

Das wird nun der Ehrenrat beurteilen. Auch gegen Wiese läuft ein Verfahren. Nach den Äußerungen am Samstag vielleicht bald ein weiteres, wie er selbst lachend bemerkte. Tönnies' Kritiker haben jedenfalls jegliche Zurückhaltung abgelegt - und dürften noch Munition für die kommenden Mitglieder-Veranstaltungen im Köcher haben. Vier weitere folgen in den nächsten Tagen, bis es dann am Sonntag in der Arena zum Showdown kommt.

Das Ende des "Schalke-Bosses"

"Schalke-Boss" ist Tönnies, wenn man so will, schon jetzt nicht mehr: Fan Pascal Szewczyk, Betreiber des Podcasts "Glückauf Pils", rang Tönnies zur Belustigung vieler der rund 100 Anwesenden eine Zusage ab. Tönnies werde der Bild-Zeitung mitteilen, ab sofort nicht mehr als "Schalke-Boss" bezeichnet werden zu wollen. Stattdessen nur noch nüchtern als Aufsichtsratsvorsitzender. Die Frage, ob Tönnies diese Bezeichnung weiterhin führen darf, scheint spannender denn je.