Gelsenkirchen. Schalkes Finanzvorstand Peter Peters kritisiert vor der Jahreshauptversammlung im Interview den Wahlausschuss und das Vorgehen einiger Aufsichtsräte.

  • Schalkes Finanzvorstand Peter Peters kritisiert vor der Jahreshauptversammlung den Wahlausschuss.
  • Er kritisiert auch das Vorgehen einiger Aufsichtsräte.
  • Außerdem bekennt sich Peters zu Clemens Tönnies.

An der Basis bei Schalke 04 rumort es. Vereinschef Clemens Tönnies möchte bei der Jahreshauptversammlung am 26. Juni wiedergewählt werden, kann sich seiner Sache aber nicht sicher sein. Deswegen besucht er aktuell viele Fan-Klubs. Es gibt aber auch Gegenveranstaltungen, auf denen für eine andere Ausrichtung geworben wird. Peter Peters (53), Schalkes Vorstandsmitglied mit der längsten Amtszeit (seit 1993), erklärt im WAZ-Interview die verschiedenen Strömungen.

Herr Peters, Sie sind schon lange auf Schalke: Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung?

Peter Peters: Ich mache mir große Sorgen, das sage ich ganz ehrlich. Es kann nicht gesund für den Verein sein, wenn wir in der täglichen Arbeit von unseren Partnern, den Banken und Sponsoren, immer wieder gefragt werden: Was ist denn eigentlich bei euch los?

Wie der Wahlausschuss entscheidet

Die Frist für die Bewerbungen zum Aufsichtsrat ist in dieser Woche abgelaufen. Die Bewerbungen werden nun an den Wahlausschuss übergeben, der alle Bewerber in persönlichen Gesprächen auf die Eignung prüft.

In einem komplizierten Verfahren werden die vier besten Bewerber ausgewählt und zur Wahl auf der Jahreshauptversammlung zugelassen. Die vier Kandidaten stehen spätestens eine Woche vor der Versammlung fest.

Welche Antwort geben Sie dann?

Peters: Wir haben eine hohe Qualität und Kompetenz in unserem Verein – das sind Grundvoraussetzungen für einen stabilen Erfolg. Diese Grundvoraussetzungen werden aber infrage gestellt, wenn zum Beispiel bei der Verabschiedung von Horst Heldt aus der Nordkurve von den Ultras gerufen wird: Tönnies raus. Denn Clemens Tönnies steht für eine enorme Qualität. Er verfügt über wichtige Kontakte zur Wirtschaft und zu unseren Partnern und ist von daher in seiner beratenden Funktion auch für die Arbeit des Vorstandes sehr wichtig.

Für seine Wiederwahl sind zwei Dinge nötig. Er muss vom Wahlausschuss nominiert werden und sich dann auf der Jahreshauptversammlung dem Votum der Mitglieder stellen. Welche Hürde ist die höhere?

Peters: Allein die Frage, dass wir darüber diskutieren müssen, ob er vom Wahlausschuss nominiert wird, zeigt doch eine widersinnige Entwicklung. Bei unseren Konkurrenten Bayern München oder Dortmund käme niemand auf die Idee, die Wiederwahl von Karl Hopfner oder Reinhard Rauball zu hinterfragen. Dort würde nicht einmal ein Gegenkandidat aufgestellt. Ich stehe eindeutig zu Clemens Tönnies.

Auf Schalke hat der Wahlausschuss allerdings im vergangenen Jahr die amtierenden Aufsichtsräte Uwe Kemmer und Ingolf Müller nicht für eine mögliche Wiederwahl aufgestellt und stattdessen vier neue Kandidaten nominiert. Ist so etwas auch in diesem Jahr denkbar, wenn Clemens Tönnies und Peter Lange erneut antreten wollen?

Peters: Der Wahlausschuss ist das Gremium, das in unserem Verein die Möglichkeit dazu hat – laut Satzung entscheidet er nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Frage ist aber, ob man es zulassen kann, dass die Möglichkeit der Abwahl amtierender Aufsichtsräte in die Hände weniger Mitglieder gelegt wird (Anm. der Red.: Der Wahlausschuss besteht aus sieben Personen). Für mich waren schon die Abwahlen nur durch den Wahlausschuss im letzten Jahr äußerst fragwürdig und moralisch angreifbar.

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Im Vorfeld der Jahreshauptversammlung gibt es Ärger um eine Reihe von Anträgen zur Änderung der Satzung, die vom Aufsichtsrat abgelehnt worden sind. Die Gruppierung Schalke.Vereint hat bei einer Veranstaltung für die Zulassung geworben, Schalke ist dagegen vorgegangen. Warum?

Peters: Weil dort Unwahrheiten verbreitet worden sind. Außerdem sind wir der Meinung, dass die nicht zugelassenen Anträge dem FC Schalke 04 in seiner Entwicklung schaden würden. Schalke.Vereint vereint nicht, sie spalten, weil sie Extrempositionen mehrheitsfähig machen wollen.

Einer der abgelehnten Anträge wurde aber von den drei Aufsichtsräten Thomas Wiese, Axel Hefer und Andreas Horn gestellt…

Peters: Da geht es auch darum, dass diese drei Aufsichtsräte künftig die Kündigung von Verträgen abschließend genehmigen wollen. Es könnte also sein, dass der Vorstand zum Beispiel eine Trainerentlassung ausspricht, der Aufsichtsrat diese hingegen ablehnt und wir weiter mit diesem Trainer zusammenarbeiten müssten. Damit würde die Kompetenz des Aufsichtsrates stark erweitert und die des Vorstandes deutlich geschwächt. Das halten wir Vorstände für widersinnig, zumal auch diese drei Aufsichtsräte in der Vergangenheit dafür eingetreten sind, dass sich der Aufsichtsrat nicht ins operative Geschäft einmischen soll.

Gibt es im Aufsichtsrat derzeit zwei verschiedene Lager?

Peters: Leider ist das so und es schadet uns. Es gibt offensichtlich Bestrebungen, dass Entscheidungen von einer Instanz zur anderen verschoben werden sollen. Wie bei der Wahl der Aufsichtsräte, wo zuletzt nicht mehr die Mitgliederversammlung das entscheidende Wort hatte, sondern der Wahlausschuss. Und weitere Verschiebungen sind geplant: Bei der Entscheidungskompetenz vom Vorstand zum Aufsichtsrat, und innerhalb des Aufsichtsrates hin zu den gewählten Mitgliedern des Gremiums, die ein höheres Stimmrecht als die kooptierten haben sollen. Es macht aber keinen Sinn, den Personen das Stimmrecht wegzunehmen, die als Vertreter unserer Partner im Aufsichtsrat sitzen.

In der Wirtschaft würde man von Bestrebungen zu einer schleichenden Übernahme sprechen…

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Peters: Das Gesamtbild macht Sorgen, und durch die Wahl zum Aufsichtsrat im vergangenen Jahr hat sich dieses Bild verschärft. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es klare Strukturen – die hat der Aufsichtsrat in den vergangenen Jahren unter der Führung von Clemens Tönnies geschaffen, wenn ich an die Verpflichtung von Alexander Jobst als Marketing-Vorstand denke und nun an die Verpflichtung von Christian Heidel. Schalke hat in den vergangenen Jahren frühere Konkurrenten wie Bremen, Stuttgart oder Hamburg abgehängt. Diese Vereine wurden nicht so gut gemanagt, oder sie haben sich, wie der HSV, zu viel mit sich selbst beschäftigt. Vor einer solchen Entwicklung warne ich ganz entschieden.

Schalke hat 140 000 Mitglieder. Täuscht der Eindruck, dass die Kritik, die an Tönnies festgemacht wird, vor allem aus der Bewegung der Ultras kommt, deren Zahl auf 700 Mitglieder geschätzt wird?

Peters: Die Ultras haben sich offen positioniert und ich habe ihnen bereits mitgeteilt, dass ich hier völlig anderer Meinung bin. Es kommt allerdings auf die Art und Weise an, wie Kritik geäußert wurde – so geht man mit einer starken Schalker Persönlichkeit nicht um.