Gelsenkirchen. Johannes Geis trifft am Freitag mit Schalke 04 auf Borussia Mönchengladbach. Es ist auch das Wiedersehen mit André Hahn. Wir haben mit Geis gesprochen.
- Johannes Geis trifft am Freitag mit Schalke 04 auf Borussia Mönchengladbach.
- Es ist auch das Wiedersehen mit André Hahn.
- Wir haben exklusiv mit Geis gesprochen.
Den 25. Oktober 2015 dürfte Johannes Geis nicht mehr vergessen. Beim Bundesliga-Spiel in Mönchengladbach kam der Mittelfeldspieler des FC Schalke 04 in einem Zweikampf mit André Hahn zu spät. Der Gladbacher brach sich den Schienbeinkopf und riss sich den Außenmeniskus. Geis sah die erste Rote Karte seiner Karriere, bekam eine lange Sperre aufgebrummt und brauchte einige Wochen, um die Folgen seines Fouls zu verarbeiten. Im DerWesten-Interview wollte der 22-Jährige vor dem Rückspiel (Freitag, 20.30 Uhr, live in unserem Ticker) aber auch über andere Dinge sprechen.
Johannes Geis, hat sich Christian Heidel bei Ihnen über S04 erkundigt, bevor er bei Schalke 04 unterschrieben hat?
Johannes Geis: Nein, ich gehe davon aus, dass er sich sein eigenes Bild gemacht hat. Genau wie ich bei meinem Wechsel, hat er mit Sicherheit gesehen, dass hier auf Schalke etwas Großes entstehen kann. Das ist aus meiner Sicht ein nachvollziehbarer Schritt von ihm.
Was hätten Sie ihm denn über Schalke erzählt?
Geis: Dass er den Schritt auf keinen Fall bereuen wird. Hier ist immer was los, hier ist immer Feuer. Hier ist immer etwas zu tun, die Fans und das Umfeld sind einfach phänomenal. Wenn er nach meinem Rat gefragt hätte, dann hätte ich ihm bestimmt den letzten Anstoß zur Zusage gegeben (lacht).
Schon vor ihrem ersten Spiel haben Sie Schalke als „Religion“ bezeichnet. Nun sind Sie seit einem dreiviertel Jahr hier. Hat ihre Einschätzung noch Bestand?
Geis: Ich bin in dem Wissen hier her gekommen, dass Schalke ein riesengroßer Verein ist. Als ich dann mein erstes Spiel hatte, wurde das aber noch übertroffen. Man erwartet schon vorher viel, aber erst wenn man hier ist, merkt man, wie bombastisch es wirklich ist. Ich bleibe dabei: Schalke ist für viele hier wie eine Religion - vor allem für die, die jedes Spiel ins Stadion kommen.
Wird die von Ihnen beschriebene Faszination nicht irgendwann vom Profi-Alltag abgelöst? Irgendwann ist das doch Normalität, oder?
Geis: Natürlich bin ich nicht mehr so nervös wie am Anfang. Aber ich genieße immer noch jedes Spiel, besonders zuhause vor den eigenen Fans. Hier vor vollem Haus auf dem Rasen zu stehen, das ist Wahnsinn. Ich kann mich glücklich schätzen, das zu erleben. Jedes Spiel ist für mich besonders.
Die Stimmung ist allerdings auch nicht immer positiv, das haben auch Sie schon erlebt. Waren Sie überrascht, wie schnell und heftig die Atmosphäre umschlagen kann?
Geis: Wir haben vor der Saison ja kein klares tabellarisches Ziel ausgegeben, sondern gesagt, dass es ein Jahr der Entwicklung wird. Aber natürlich ist Schalke auch ein Verein, der das Maximum herausholen will. Das wollen wir, das will der Trainer und das ganze Umfeld. Hier gewinnst Du zwei Spiele, verlierst dann aber das nächste - und bekommst das direkt zu spüren. So deutlich habe ich das anderswo noch nie erlebt. Aber das ist einfach darauf zurückzuführen, dass die Leute sich so stark mit dem Verein identifizieren und für ihn leben. Ich kann das deshalbsehr gut verstehen. Trotzdem wäre es für die Zukunft wünschenswert, dass die Schwankungen in beide Richtungen nicht immer ganz so groß sind.
In den vermeintlich vorentscheidenden, sogenannten „Sechs-Punkte-Spielen“ hat man oft den Eindruck, als wäre der Druck für die Mannschaft zu groß.
Geis: Vielleicht fehlt uns noch die Kaltschnäuzigkeit. Wir können nicht alle auf Knopfdruck auf den Punkt da sein, viele junge Spieler machen einfach noch Schwankungen durch. Natürlich wollten wir gegen Berlin ein anderes Spiel abliefern und wenigstens einen Punkt mitnehmen, aber das alles ist Ausdruck unserer Entwicklung. Ich bin mir sicher, dass wir solche Spiele in der nächsten Saison schon anders angehen können, wenn wir die Zeit dazu bekommen.
Der Kapitän Benedikt Höwedes fehlt verletzt. Mangelt es schlichtweg an Erfahrung und auch an Führungsspielern?
Geis: Es ist immer leicht, Niederlagen so zu erklären. Viele unserer jungen Spieler haben aber auch schon große Erfahrung. Die meisten haben schon Champions League gespielt, einer wie Leroy Sané hat schon sein erstes Länderspiel gemacht. Die jungen Spieler haben auf dem Platz aber eine andere Herangehensweise als ein alter Haudegen, der auch mal die ganze Mannschaft wachrütteln kann. In jedem Fall müssen wir aus diesen Erfahrungen lernen und daran wachsen.
Inwiefern können Sie schon ein Führungsspieler sein, der seine Mitspieler motiviert und vorangeht?
Geis: Natürlich möchte ich das sein. Aber ich bin auch erst im ersten Jahr auf Schalke. Wir sind alle zusammen gut in die Saison gekommen, haben einen furiosen Start hingelegt. Das hat zu einer großen Erwartungshaltung geführt, der wir zum Beispiel in Berlin nicht standhalten konnten. Da muss auch ich noch dazulernen und Selbstkritik üben, weil ich noch energischer sein und noch mehr für die Mannschaft in die Bresche springen will. Vielleicht sollte ich mir auch mal einen Mitspieler schnappen und sagen: ‚Wir packen das!‘ So geht vielleicht ein Ruck durch die Mannschaft. Das habe ich gegen Hertha so auch nicht gemacht, in diese Rolle will ich aber auf jeden Fall noch reinwachsen.
Solch einen Führungsanspruch muss man aber auch mit der eigenen Leistung untermauern, oder?
Geis: Ja klar. In Berlin war es auch von mir kein gutes Spiel. Da ist es dann auch nicht so leicht, auf dem Platz laut zu werden. In unserer Mannschaft hat aber jeder solch ein Standing, dass er die anderen wachrütteln und positiv pushen darf. Auch Kritik ist erlaubt, denn es geht darum, der Mannschaft zu helfen.
Wie zufrieden sind Sie denn mit der eigenen Leistung bisher? Zwölf Torbeteiligungen in 31 Pflichtspielen sind doch keine schlechte Quote…
Geis: Was heißt ‚zufrieden‘? Nach meiner Roten Karte bin ich in ein kleines Loch gefallen, danach musste ich erstmal wieder zurückkommen. Zuletzt waren wir auf dem aufsteigenden Ast, dann kam in Berlin ein Spiel, in dem ich auch von mir selbst mehr einfordere. Damit war ich zum Beispiel überhaupt nicht zufrieden. Ich gehe danach nicht nach Hause und sage ‚alles ist super‘, sondern verlange viel mehr von mir. Ich hoffe, dass ich das auch zeigen kann.
Lassen Sie uns über Freitag sprechen: Ist die Partie gegen Borussia Mönchengladbach aufgrund der Vorgeschichte ein besonderes Spiel für Sie?
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Geis: Natürlich ist es ein spezielles Spiel für mich. Leider ist das damals passiert, aber es lässt sich eben nicht mehr rückgängig machen. Ich bin froh darüber, dass es André Hahn wieder gut geht. Er ist zurück auf dem Platz und stand am letzten Spieltag wieder im Gladbacher Kader, das freut mich, denn ich hatte sehr gehofft, dass er so schnell wie möglich wieder fit wird.
Hat dieses Foul und alles, was danach auf Sie einprasselte, Sie verändert? Sind Sie vorsichtiger geworden? Oder hat das letztlich keine Spuren bei Ihnen hinterlassen?
Geis: Ich habe schon gesagt, dass es nach der Sperre für mich in den Spielen bis zur Winterpause nicht einfach war. Trotzdem ist das jetzt auf dem Platz kein großes Thema mehr für mich, ich gehe wieder ganz normal in die Zweikämpfe.
Werden Sie sich am Freitag sehen? Werden Sie persönlich den Kontakt zu André Hahn suchen?
Geis: Wenn ich André sehe, werde ich ihm natürlich alles Gute wünschen und hoffe, dass er das auch so annimmt und wir einen Schlussstrich unter die Geschichte ziehen können.
Dann zurück zum Sportlichen: Worauf kommt es im wichtigen Spiel gegen Gladbach an?
Geis: Wir spielen zuhause, Gladbach ist nicht die auswärtsstärkste Mannschaft – deshalb müssen wir unser Spiel durchziehen. Natürlich hat Gladbach brutal gute Einzelspieler und brutale Qualität in der Offensive. Da müssen wir kompakt stehen und sehr gut aufpassen. Aber wir werden unsere Möglichkeiten bekommen, so wie seinerzeit im DFB-Pokalspiel. Wir müssen unsere Chancen nur dieses Mal besser nutzen. Ich bin zuversichtlich, wir alle brennen auf das Spiel. Es ist eine sehr wichtige Partie, ein Heimspiel. Freitagabend, Flutlicht – da muss die Post abgehen.