Essen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies positioniert sich vor der Schalker Hauptversammlung als Vorkämpfer für Verschwiegenheit. Ein Kommentar.

Man stelle sich vor: Ein wohlhabender Verkehrsrowdy, der regelmäßig mit weit mehr als der erlaubten Geschwindigkeit durch die Gegend rast, fordert drastische Geldstrafen für Temposünder, die gewöhnliche Arbeitnehmer (wie sie auch in Vereins-Aufsichtsräten sitzen) in den Ruin treiben würden. Undenkbar? Nicht auf Schalke. Dort will Clemens Tönnies seinen Aufsichtsrats-Kollegen gerade eine „Verschwiegenheitsverpflichtung“ abverlangen, deren Nichteinhaltung mit 500 000 Euro geahndet werden soll.

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Das abstrus hohe Strafmaß einmal außen vor gelassen: Weil Vertraulichkeit ein hohes Gut ist, lässt sich gegen eine solche Verpflichtung, die in vielen Unternehmen üblich ist, grundsätzlich nichts sagen. Würde der Initiator im aktuellen Fall nicht ausgerechnet jemand sein, dessen Name seit langem ein Synonym für Redseligkeit und Dampfplauderei ist, um keine härteren Worte zu benutzen.

Nicht die von der Vereinsspitze oft gescholtene Presse ist schließlich der größte Unruhestifter in dem von Haus aus eher ruhelosen Klub. Sondern der mit einem ausgeprägten Geltungsdrang ausgestattete Aufsichtsratschef selbst. „Das Leck“, hat Stefan Willeke von der ZEIT die ständige Schalker Suche nach Maulwürfen unübertrefflich beschrieben, „ist nicht einmal dann abgedichtet, wenn der Chef des Aufsichtsrates mit sich selbst tagt.“

Redet sich Schalke-Boss Tönnies um Kopf und Kragen?

Was Außenstehende amüsieren mag, wird für Königsblau zunehmend zum Problem. Die Lösung liegt zwar auf der Hand. Aber erst die bevorstehende Jahreshauptversammlung wird zeigen, ob die Mehrheit Tönnies die Rolle als Vorkämpfer für Verschwiegenheit abnimmt - oder ob der mächtigste Mann auf Schalke sich inzwischen um Kopf und Kragen geredet hat.