Gelsenkirchen. . Der Konzern überweist Schalke jährlich nur einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Doch die Profis werden sich an neue Autos gewöhnen müssen.

Bevor André Breitenreiter am Mittwochmorgen um 10 Uhr zur nächsten Trainingseinheit bittet, wird sich wieder eine Armada von Touaregs auf den Weg nach Gelsenkirchen machen. Noch steigen Stars wie Ralf Fährmann, Leroy Sané und Klaas-Jan Huntelaar aus ihren VW, wenn sie am Schalker Vereinsgelände angekommen sind. In der kommenden Saison wird es dann aber wohl ein anderes Fabrikat sein: Volkswagen steigt aus, Schalke steigt um.

Auch interessant

Noch fungiert der Automobil-Gigant in der sogenannten Sponsoren-Pyramide auf der zweithöchsten Ebene als Premium-Partner der Königsblauen. Volkswagen stieg im Jahr 2008 als exklusiver Automobil-Partner beim Revierklub ein. 2012 wurde die Zusammenarbeit mit VW vorzeitig um drei weitere Jahre ausgebaut. Nach Informationen dieser Redaktion wird die am Saisonende auslaufende Vereinbarung aber nicht verlängert.

Denn die Konzernspitze der Volkswagen Aktiengesellschaft steht unter Druck. Am Dienstag kamen mehr als 20.000 Mitarbeiter zur Betriebsversammlung in einer Produktionshalle zusammen. Vor den Arbeitnehmern mussten sich die Top-Manager zur Abgas-Affäre erklären.

VW-Chef kündigt Konsequenzen an

VW-Chef Matthias Müller sagte auf der Versammlung, dass die Software-Manipulationen und ihre Folgen „finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen würden“, die in Gänze noch nicht absehbar seien, aber „substanziell und schmerzhaft“ ausfallen dürften.

Auch interessant

Auch das Sport-Sponsoring kommt dabei auf den internen Prüfstand. Vor allem im Profifußball ist Volkswagen engagiert. „Der Fußball ist eine wesentliche Säule in der Sponsoring-Strategie unseres Unternehmens. Diese wichtige Kommunikations- und Werbeplattform wurde in der Vergangenheit sehr erfolgreich genutzt, und dies wird auch in Zukunft der Fall sein“, hatte VW erklärt, als der Abgasskandal bekannt wurde. Und sinngemäß hinzugefügt: Konkrete Entscheidungen werden folgen.

VfL Wolfsburg als Aushängeschild

Aushängeschild des VW-Engagements ist der VfL Wolfsburg, eine 100-prozentige Tochter des Konzerns. Es heißt, VW habe in den jüngeren Vergangenheit bis zu 90 Millionen Euro im Jahr in den Fußballklub am Firmenstandort gepumpt. Ob das tatsächlich vorerst so bleiben wird?

Offen ist auch, wie es mit dem DFB-Pokal weitergeht, den der Autobauer sponsert. Es kursieren Gerüchte, dass Mercedes, unter anderem Partner der Nationalmannschaft, nicht abgeneigt wäre, in den Wettbewerb einzusteigen.

Ausstieg würde 1860 hart treffen

Jährlich 1,6 Millionen Euro soll Volkswagen das zweite Trikot-Sponsoring wert sein: beim Zweitligisten 1860 München. Auch dieser Vertrag wird am Saisonende wohl nicht verlängert. Die finanziell angeschlagenen Löwen würde der VW-Ausstieg deutlich härter treffen als Schalke. Denn existenzbedrohend ist der Ausstieg für den FC Schalke 04 nicht. Aus Wolfsburg kam eine jährliche Überweisung im „niedrigen einstelligen Millionenbereich“, wie Königsblau auf Nachfrage bestätigt. Zudem hat VW die Lizenzspieler-Abteilung inklusive Trainerstab mit Autos aus der Markenflotte ausgestattet. Außerdem hat Schalke auch einen neuen Sponsor gewonnen: den italienischen Schinkenkönig Rovagnati.

Auch interessant

Nicht nur Schalke profitiert von VW. Satte 20 der 36 Vereine aus den beiden Topligen sind auf irgendeine Weise vom Wolfsburger Konzern mehr oder weniger abhängig. Im Ruhrgebiet gibt es Kooperationen mit lokalen Händlern: Den VfL Bochum unterstützt die Tiemeyer-Gruppe, den MSV Duisburg das dortige VW-Zen­trum. Beide Klubs sind aber allenfalls mittelbar betroffen.

Ähnliches gilt auch für Werder Bremen, die SpVgg Greuther Fürth, den Chemnitzer FC sowie viele Amateurvereine wie den FSV Zwickau, Hessen Kassel, Lupo Martini Wolfsburg (Oberliga) oder Kickers Emden (Landesliga), die auch ein kleines Stück vom großen Kuchen abbekommen. Mehr als 100 Millionen Euro von VW fließen laut einer 2015 von der TU Braunschweig durchgeführten Studie jährlich an Vereine im Profifußball. Nur wenige andere Unternehmen investieren ähnlich viel Geld in den Fußballzirkus.