Gelsenkirchen. Schalke feiert den Sieg gegen Hertha wie andere die Meisterschaft. Meyer: „So einen Jubel habe ich noch nie erlebt.“ Heldt-Debatte im Hintergrund
Dass das Schalker Publikum an diesem Tag in überragend guter Form war, konnte man schon in der ersten Halbzeit lautstark hören. „Ich war überrascht”, sagte Max Meyer später, „weil wir ja nicht ganz so gut gespielt haben.” Doch was sich am Ende in der Arena abspielte, gibt’s woanders höchstens beim Gewinn der Meisterschaft: Schalke feierte den 2:1-Sieg gegen Hertha BSC wie einen Titel – die Dramaturgie sorgte für die Eruption der Emotionen.
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„So einen Jubel habe ich noch nicht erlebt”, strahlte Max Meyer nun, und seine Augen funkelten wie beim ersten Mal: „Aber ich habe auch noch nie in meinem Leben so spät ein Tor geschossen.” Am späten Freitagabend hatte Trainer André Breitenreiter Meyer noch eine SMS geschrieben. Inhalt: „Morgen machst du dein erstes Bundesligator in dieser Saison.“ Meyers Treffer in der zweiten Minute der Nachspielzeit nach herausragender Vorarbeit von Leroy Sané brachte die Arena ins Wanken. Auf den Rängen sowieso, aber auch auf dem Rasen. Weil sich alle, auch die Jungs auf der Bank inklusive Trainer André Breitenreiter, danach auf ihn gestürzt hatten, musste der kleine Kerl froh sein, beim Jubel nicht erdrückt worden zu sei.
Nur zum Vergleich: Als Kevin-Prince Boateng gegen Ende der vergangenen Saison mal ähnlich spät einen Sieg erzwungen hatte, feierte er lieber allein.
Schalke-Kapitän Höwedes wollte nicht zu kritisch sein
Man kann an solchen Szenen spüren, wie eng die Spieler als Mannschaft zusammengerückt sind. Und weil Fleiß und Arbeit vielleicht wirklich belohnt werden, springen dann auch solche Siege wie gegen Hertha BSC heraus. „Wir haben uns schwer getan”, gab Trainer André Breitenreiter zu: Selbst nach der frühen Roten Karte gegen Berlins Vedad Ibisevic, der Max Meyer in der 18. Minute rüde umgesenst hatte, gelang es Schalke nicht, den Gästen das Spiel aufzuzwingen: Die Überzahl spürte man eigentlich nicht auf dem Platz. „Wir haben das mit elf gegen zehn nicht so gut gemacht”, bemerkte Benedikt Höwedes, „wir haben Kontersituationen zugelassen und manchmal einen Schritt zu wenig getan.” So entstand in der 73. Minute auch der Berliner Ausgleichstreffer durch Salomon Kalou.
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Höwedes wollte aber auch nicht zu kritisch sein: Auch der Kapitän war hin- und hergerissen zwischen Analyse und Jubel, und natürlich überwog der große Genuss. Gerade für ihn, denn mit seinem Kopfballtor zur 1:0-Führung in der 27. Minute zog er quasi einen Schlussstrich unter seine lange Zeit der Rückkehr nach seiner schweren Knöchelverletzung. „Eine schöne Geschichte für ihn, ganz wichtig für ihn und für die Mannschaft”, sagte Max Meyer und grinste: „Wie er beim 1:0 hochsteigt, das kann auch nicht jeder.”
Schon da merkte man beim Jubel, dass es kein normaler Tag in der Arena war. Wobei die Spieler versuchten, sich vom Theater um die Zukunft von Horst Heldt möglichst nicht beeinflussen zu lassen. „Ich würde lügen, wenn man das komplett ausblenden kann“, sagte Kapitän Höwedes, „aber wir haben vorher angesprochen, dass uns das nicht tangieren soll.“
Transparent gegen Schalke-Boss Tönnies
Die Fans hatten vor dem Spiel Transparente über die Nordkurve gespannt, auf denen sie ihr Unverständnis zum Ausdruck brachen: „Was: Unruhe in ruhigen Zeiten stiften?“ Und: „CT: Du hast verstanden?“ Bemerkenswert, weil Horst Heldt in der Nordkurve nicht seine größten Freunde hat.
Vielleicht will man auf Schalke einfach mal Ruhe haben – abgesehen natürlich von solchen Szenen wie nach Max Meyers Siegtor...