Doha. . Der FC Schalke 04 hofft auf eine direkte Qualifikation für die Champions League. Manager Horst Heldt erkennt aber auch die Klasse der Konkurrenz an.
Das Trainingslager in Katar ist beendet. Wie zufrieden ist der Manager?
Horst Heldt: Wir haben in Ruhe arbeiten können. Es ist schön, dass Jan Kirchhoff nachgereist ist und alle Einheiten mitmachen konnte. Sidney Sam und Kevin-Prince Boateng haben intensiv trainiert, das war zuletzt nicht der Fall. Davon können wir in der Rückrunde enorm profitieren. Von daher bin ich zufrieden.
Sechs Spieler sind in Deutschland geblieben, drei Spieler haben sich Katar verletzt. Haben Sie mittlerweile Angst, beim Training zuzuschauen?
Heldt: Wenn unser Arzt wieder über den Platz rennt, beobachtet man das schon sehr genau. Aber man muss sich zu dieser Zeit intensiv auf die Rückrunde vorbereiten, es gibt keine Alternative. Dass sich Spieler verletzen, kommt vor bei dieser Intensität. Das ist in anderen Vereinen auch so. Natürlich tut es uns weh, dass mit Ralf Fährmann, Dennis Aogo und Maurice Multhaup drei Spieler verletzt abreisen mussten. Bei Fährmanns Kreuzbandzerrung hatten wir Glück im Unglück, es hätte schlimmer kommen können. Bei Dennis Aogo ist es ein kleiner Einriss des Muskels von zwei Zentimetern. Wir haben Hoffnung, dass er zum Rückrundenstart dabei ist.
Wer ist der Gewinner, wer ist der Verlierer des Trainingslagers?
Heldt: Einen Verlierer gibt es bei uns nicht. Und jeder, der durchgekommen ist, ist ein Gewinner. Marcel Sobottka hat einen großen Schritt nach vorne gemacht. Er hat sich hier sehr gut präsentiert.
Was ist mit Kevin-Prince Boateng?
Heldt: Wir haben Kevin besonders beobachtet, er war in den Trainingseinheiten sehr präsent. Kevin beansprucht für sich eine Führungsrolle und das lebt er. Das ist wichtig für alle Spieler. Wir sind sehr zufrieden mit ihm.
Warum haben sich die Verhandlungen mit Matija Nastasic so lange hingezogen?
Heldt: Es erweckt vielleicht den Eindruck, aber es hat gar nicht so lange gedauert. Der Teufel steckt eben im Detail. Es sind nicht nur die reinen Zahlen ausschlaggebend. Im Fall Nastasic kommt hinzu, dass er als Nicht-EU-Bürger ein Vorab-Visum für Katar brauchte und Botschaften nicht rund um die Uhr arbeiten. Als wir dann am Sonntagabend den Durchbruch erzielt haben, ging es sehr schnell, Matija ist am Dienstag nach Katar geflogen.
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Wie ist ihr erster Eindruck von ihm?
Heldt: Matija ist ein kommunikativer, junger Spieler, der sehr freundlich und nett ist. Er wird gleich anfangen, Deutsch zu lernen. In der ersten Trainingseinheit hat er sofort seinen Job gemacht. Er ist Innenverteidiger. Damit meine ich, dass er auf dem Platz nicht so freundlich und nett ist. Das muss er auch nicht, dafür haben wir ihn von Manchester City ausgeliehen. Wir sind überzeugt davon, dass er eine große Verstärkung ist.
Haben Sie Roberto Di Matteo mit der Verpflichtung einen großen Wunsch erfüllt?
Heldt: Der Begriff Wunsch oder Wunschspieler ist überzogen. Aber Roberto Di Matteo hat sich sehr gefreut, dass es geklappt hat. Er kennt ihn aus England, hat viele Spiele live gesehen. Der Trainer weiß am besten, was unsere Mannschaft braucht.
Schalke dribbelt sich fit
Schalke-Manager Heldt schließt weitere Verpflichtungen nicht aus
Braucht die Mannschaft wegen der vielen verletzten Spieler denn noch weitere Verstärkungen?
Heldt: Im Moment ist nichts geplant, weder an Zugängen noch an Abgängen. Ob wir noch was machen, hängt auch davon ab, wer von den Verletzten bis zum Rückrundenstart zurückkommt. Das Transferfenster ist noch lange geöffnet, ich bin auf alle Eventualitäten vorbereitet, das ist mein Job.
Welche Spieler erwarten sie denn bald zurück?
Heldt: Leon Goretzka hat im Trainingslager einen großen Schritt nach vorne gemacht, er hat zwar nur individuell trainiert, das aber sehr gut. Wir haben große Hoffnungen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis er ins Mannschaftstraining einsteigt. Auch bei Joel Matip sieht es sehr gut aus. Atsuto Uchida ist am weitesten, er wird am Sonntag oder Montag wieder mittrainieren. Ich bin bei beiden optimistisch, dass sie zum Rückrundenstart dabei sind.
Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit von Roberto Di Matteo?
Heldt: Sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit macht großen Spaß. Das empfinden auch die Spieler so. Roberto Di Matteo lebt vieles von dem vor, was die Spieler brauchen. Er hat einen klaren Plan. So souverän wie er sich in seiner ersten Pressekonferenz präsentiert hat, so ist er auch. Das ist für uns als Verein sehr wichtig.
Hat der Trainer auch Sie mit der Systemumstellung auf 3-5-2 überrascht?
Heldt: Wir reden natürlich viel miteinander, auch darüber. Überrascht hat es mich aber, dass er die Umstellung so konsequent durchgezogen hat. Beeindruckend, wie schnell er der Mannschaft vermitteln konnte, wie er das System interpretiert. Das zeugt von Qualität, von Mut, aber auch von Überzeugung. Er hatte nach der Länderspielpause im November nicht viele Möglichkeiten das 3-5-2 zu trainieren. Die Umstellung war der Schlüssel, dass wir trotz der vielen Verletzte erfolgreich gespielt haben.
Das Ziel ist die erneute Qualifikation für die Champions League. Würden Sie Rang vier heute unterschreiben?
Heldt: Wenn ich zwischen Platz vier, fünf, oder sechs wählen kann, würde ich unterschreiben. Am liebsten wollen wir uns aber auf direktem Wege qualifizieren, das bedeutet mindestens Rang drei. Der FC Bayern München ist Deutscher Meister, Platz eins ist zementiert, das wird sich auch so schnell nicht ändern. Dahinter gibt es einen harten Kampf. Wolfsburg, Mönchengladbach, Leverkusen, auch Augsburg wird nicht leicht abzuschütteln sein. Es wird ein harter Kampf bis zum Schluss. Unsere Ausgangslage ist aber gut, unser Ziel zu erreichen.
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Der FC Schalke hat sich zum vierten Mal in Doha auf die Rückrunde vorbereitet. Der Vertrag mit der Aspire-Academy ist ausgelaufen. Strebt der Verein sogar eine Verlängerung an?
Heldt: Wir werden in Deutschland gemeinsam mit Roberto Di Matteo ein Resümee ziehen uns dann mit der Aspire Academy unterhalten, ob oder wie es in Doha weitergeht. Entschieden ist noch nichts.
Traininglagerreisen deutscher Mannschaften nach Katar sorgen in Deutschland für Diskussionen. Es gibt Missstände, die nicht von der Hand zu weisen sind. Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, wünscht sich mehr Fingerspitzengefühl und einen kritischeren Blick junger Spieler, die bei der Weltmeisterschaft 2022 in Stadien spielen könnten, in denen Bauarbeiter aufgrund der Bedingungen ihr Leben gelassen haben.
Heldt: Ich würde mir von Frau Freitag ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl wünschen. Sie hat keinen Kontakt mit unseren Spielern aufgenommen, kann also gar nicht beurteilen, wie kritisch sie sind. Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass hier auch schlimme Fehler gemacht wurden, die nicht akzeptabel sind. Aber der Dialog, die Auseinandersetzung mit dem Land findet vor Ort statt und nicht aus der Entfernung. Die Kataris haben sich diesem Thema sehr angenommen und in der Gegenwart Missstände behoben. Es ist eine Entwicklung, die man unterstützen und im Dialog begleiten sollte.