Oberhausen. . Mario Basler ist nicht mehr Trainer von Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen - Peter Kunkel heißt sein Nachfolger. Doch was ist der neue Trainer für ein Typ? Im Interview spricht der 56-Jährige über harte Maloche, die Liebe zum Revier und darüber, wie viel Hans-Günter Bruns in ihm steckt.

Die Entscheidung kam plötzlich und für alle Beteiligten überraschend. RWO-Trainer Mario Basler nahm nach der 0:3-Niederlage gegen die Zweitvertretung des 1. FC Köln seinen Hut. Die Suche nach einem Nachfolger dauerte nur wenige Tage: Peter Kunkel (56), bisher Trainer der U23, ist neuer Chef der ersten Mannschaft. Was ist der neue Trainer für ein Typ? Im Interview mit Dirk Hein spricht der 56-Jährige über harte Maloche, die Liebe zum Revier und darüber, wie viel Hans-Günter Bruns in ihm steckt.

Emotionen gehören zum Fußball. Wie haben Sie die sehr deutliche 0:3-Niederlage gegen Köln am vergangenen Freitag erlebt?

Peter Kunkel: Ich habe mich natürlich geärgert. Die Jungs haben am Anfang nicht schlecht gespielt und hätten auch 2:0 führen können. Das war später nicht mehr so – da muss man gar nicht drum herum reden. Dann hat Mario (Basler) seinen Rücktritt verkündet.

Das kam überraschend – für Sie auch?

Ich habe auch erst bei der Pressekonferenz davon erfahren. Mario ist ja als Mensch bekannt, der häufiger einen ´raushaut. So etwas kann aus der Enttäuschung heraus entstehen. Das war für uns alle eine Überraschung. Aber das ist jetzt abgehakt. Es nutzt nicht, zurück zu schauen. Im Leben und im Fußball geht es immer nur nach vorne.

Erste Trainingseinheiten mit Peter Kunkel.
Erste Trainingseinheiten mit Peter Kunkel.

Mario Basler war ein echter Typ...

Das bin ich auch!

Muss ein Trainer eine besonders kantige Ausstrahlung mitbringen, um Spieler begeistern und mitreißen zu können?

Jeder ist doch anders. Ich habe auch eine bestimmte Art zu arbeiten – und zwar die, von der ich überzeugt bin. Damit früher oder später fruchtet, was ich auf dem Trainingsplatz umsetze. In unserem Fall wäre es besser, wenn es früher klappen würde. Ich habe mit Führungsspielern wie Weigelt und Nowak gesprochen, um herauszufinden, woran es lag und warum die Mannschaft so verunsichert war. Da werden wir ansetzen. Ich habe auch gesagt, dass da noch eine ganze Schüppe mehr kommen muss. Das war bisher zu wenig - und die Spieler haben das auch so gesehen.

Ist man nach Nackenschlägen als Seelentröster gefragt?

Die Spieler haben den herrlichsten Beruf der Welt. Wenn ich da jemanden motivieren müsste, wäre das sicher nicht optimal. Dann liefe da etwas falsch. Ich habe meine Art zu arbeiten, bin aber ein umgänglicher Mensch. Ich gucke zwar ab und an mal muffelig, aber das ist nun mal so. Das kann ich auch nicht abstellen.

Peter Kunkel über die Mentalität des Reviers 

Wie haben Sie von Ihrem neuen Job erfahren?

Frank Kontny hat mich am Montag nach der Vorstandssitzung angerufen. Ich sage aber noch einmal: Ich habe darauf nicht spekuliert. Ich habe mich im Verein immer wohl gefühlt. Die U23, die ich vorher trainiert habe, liegt mir natürlich auch am Herzen. Hier ist ein tolles Umfeld und der Verein hat trotz der vierten Liga immer noch viele Zuschauer. Es gibt hier nette Leute. Es ist ein guter Nährboden, um sich wohl zu fühlen. Jetzt soll es aufwärts gehen.

Ist es schwierig loszulassen?

Ich bin ja nicht aus der Welt und versuche, möglichst viele Spiele der U23 weiter zu sehen. Ich mag es eigene Leute einzubinden. Ich kenne die Spieler auch aus der A-Jugend. Da wird der ein oder andere Spieler vielleicht noch dazukommen.

Sollte ein Trainer aus der Region stammen, um die Denke einer Stadt besser zu verstehen?

Im Fußball herrscht doch ein Profitum, trotzdem würde ich sagen, dass so etwas nicht von Nachteil ist. Ich habe hier schon zu Bundesligazeiten im Stadion einige Spiele gesehen. Wir müssen Respekt voreinander haben. Ich sehe den Verein als großes Team.

Mentalitätsfragen: Peter Kunkel.
Mentalitätsfragen: Peter Kunkel. © Kerstin Bögeholz

Was macht den Ruhrpott für Sie aus?

Ich bin hier geboren und werde hier wahrscheinlich auch sterben. Ich kenne auch nichts anders. Ich kann mir nicht vorstellen, woanders hinzugehen. Ich stamme gebürtig aus Essen und kann jetzt mit dem Fahrrad zum Training kommen.

Sie mögen Oberhausen?

Die Menschen sind größtenteils ehrlich, sind Arbeiter und können anpacken. Im Revier merkt man gar nicht, dass man in einer anderen Stadt ist, würde da nicht so ein Schild am Ortseingang stehen. Alles ist für mich eins und steckt voller Überraschungen. Vor 20 Jahren hätte auch noch niemand gedacht, dass man auf dem Gelände des ehemaligen Hüttenwerkes mal ein Einkaufszentrum namens Centro stehen würde. Es gibt sehr schöne Ecken. Hinter dem Stadion kann man am Kanal wunderbar laufen – so etwas macht Oberhausen und das Ruhrgebiet aus.

Hat es ein Trainer von außerhalb schwerer, hier zu arbeiten?

Es haben sich bestimmt auch Trainer von außerhalb bei RWO beworben. Sie müssten natürlich versuchen mit der Mentalität und den Leuten klarzukommen. Sonst würde so etwas nicht passen. Mario (Basler) hatte eine offene Art, er wirkte, als wäre er immer hier gewesen. Ein richtiger Sturkopf hätte es da schon schwerer. Ich werde mich nicht verstellen, ich sage Datt und Watt – aufgrund meines Dialektes muss eine Mannschaftssitzung nicht zwei Stunden länger dauern.

Was Hans-Günter Bruns und Peter Kunkel verbindet 

Sind Sie ein Typ, dem Fans wichtig sind? Gerade nach häufigen Niederlagen hagelt oftmals die Kritik auf die Verantwortlichen ein?

Fans sind wichtig. Sie gehören beim Fußball fest dazu, darum muss man sich dem auch stellen. Man kann auch gemeinsam diskutieren, darauf haben die Fans ein Recht. Natürlich ist die Mannschaftsaufstellung dabei tabu. Die Fans haben dem Verein immer die Stange gehalten und sind auch nach der letzten Saison besonnen geblieben.

Wie wichtig ist Ihnen Treue?

Eine Verpflichtung hat man immer. Egal, ob 100 Mann kommen oder 2500. Ich kann ja nicht sagen, wenn 100 Leute erscheinen, ist mir alles egal. Gegenüber jedem einzelnen Zuschauer hat man eine Verpflichtung und wir müssen nun schnell schauen, dass es wieder läuft.

Wie wird sich Ihr Lebensrhythmus ändern?

Es wird nicht viel geändert. Ich habe nur wesentlich mehr zu tun. Ich liebe den Fußball. Ich weiß, dass viele Termine dazu gehören und mache das gerne. Ich habe einen großen Erfahrungsschatz. Ich bin keiner, der von einem zum anderen Klub läuft. Ich war in Wattenscheid fast 30 Jahre bei einem Verein. Als Spieler und Trainer. Ich fühle mich bei Rot-Weiß Oberhausen pudelwohl und möchte auch etwas länger hierbleiben.

An der Wirkungsstätte: Peter Kunkel.
An der Wirkungsstätte: Peter Kunkel. © Kerstin Bögeholz

Gerade im Fußball ist das Geschäft sehr schnelllebig. Trainer kommen und müssen gehen, womit nicht jeder Charakter klarkommt. Wie sehen Sie das?

Ich bedauere das und es macht mich auch ein wenig traurig. Viele neue Trainer stellen sich hin und reden von einem Fünfjahresplan, so viel Zeit hat doch kaum einer. Es ist schon schwierig, als Trainer zwei oder drei Jahre irgendwo zu arbeiten. Du kannst nicht drei Jahre am Stück nur gewinnen – dann geht es plötzlich schneller als man denkt.

Manche Leute vergleichen Sie mit Hans-Günter Bruns, hören Sie das gerne?

Das höre ich gerne!

Wie viel Hans-Günter Bruns steckt denn in Peter Kunkel?

Wir haben bei Wattenscheid 09 ein halbes Jahr zusammen trainiert. So lange kennen wir uns schon. Er wechselte dann zu Borussia Mönchengladbach. Ich kann zu seinen Trainingsmethoden aber nicht viel sagen. Ich schätze ihn sehr als Mensch und als Fußball-Fachmann.

Sehen Sie sich als „harten Hund“?

Fußball ist für mich in erster Linie Arbeit, dann kommt das Spiel. Umgekehrt funktioniert das nicht. Du kannst nicht schön spielen, ohne dafür zu arbeiten. Ich kann schon mal laut werden. Aber ich bin ein umgänglicher Typ. Wenn du nur herumschreist, wirst du irgendwann auch nicht mehr ernst genommen. Ich schalte schon vorher mein Gehirn ein. Ich höre mir alle Meinungen an - und setzte meine Meinung dann trotzdem durch. (lacht)