Oberhausen. . Vor dem Jahresstart von RWO am Sonntag zieht Präsident Hajo Sommers im Interview eine Zwischenbilanz der Saison. Die gerät zu einem weiten Blick.

  • Am Sonntag startet RWO ins Regionalliga-Jahr
  • Vor dem Auftakt zieht Präsident Hajo Sommers im Interview eine Zwischenbilanz der Saison
  • Die gerät zu einem weiten Blick zurück und nach vorn

Es könnte sein, dass RWO an diesem Wochenende in die Restrunde der Regionalliga einsteigt. Wenn der Regen irgendwann mal aufhört. Eine erneute Absage würde RWO-Präsident Hajo Sommers auch nicht mehr wundern, nach den Pleiten, Pech und Pannen, die seinen Verein mit schöner Regelmäßigkeit ereilen.

Mit Galgenhumor kommt man besser durch: „Nach der Dortmund-Absage haben wir uns im Vorstand kaputt gelacht, wie viel Pech man eigentlich haben kann. Da guckt man gerade mal ein, zwei Zentimeter über die Grasnarbe und dann bekommt man doch wieder einen drüber. Aus einer Richtung, die man noch nie im Blick hatte.“ Gemeint ist die Absage, nachdem die Dortmunder Fan-Tribüne Süd vom DFB gesperrt worden war. Also wie es der große Fußball schafft, hintenrum dem kleinen noch in die Hacken zu treten. Sommer stellte sich im Gespräch mit der Sportredaktion einer Menge Fragen. Wie immer ergiebig und wie immer völlig durcheinander die Themen.

Konfusius sagt:

Über Mike Terranova:

„Er ist gut, seine Punktausbeute ist gut. Bei Zimmermann war alles Arbeit, bei Terra ist auch Spaß. Er wird das rausholen, was rauszuholen ist. Fußballlehrer versuchen, alles zu planen. Terranova macht das auch und dann wirft er alles um und lässt den Bauch entscheiden. Bislang klappt das. Alle, die bei uns spielen, wollen eigentlich woanders spielen und mehr verdienen. Das kitzelt er aus ihnen heraus. Die Spieler werden jünger und erfolgsorientierter, er erreicht sie dabei. Terra ist gut für uns, so wie es Bruns vor Jahren war. Terra denkt in RWO.“

Über den sportlichen Leiter Frank Kontny:

„Wir hatten schon ein Gespräch über die Fortsetzung des Vertrages, wir werden noch mehr haben. Er hat in 30 Jahren gelernt, wie Fußball funktioniert und kennt die Regeln. Deswegen hat er auch gesagt, dass er mit kleinerem Etat nicht einverstanden ist. Das ist sein gutes Recht, er ist acht Jahre bei uns und kennt den Laden. Er will Sicherheit, er will planen. Davon abgesehen finde ich, dass seine Quote bei Neuverpflichtungen bemerkenswert gut ist.“

Über Geld

„Ist im Winter bei einem Regionalligisten immer eng. Bisher konnten wir noch alle Gehälter pünktlich zahlen. Bis zum Saisonende ist das aber noch nicht durchfinanziert. Wir hoffen, dass wir einen Sponsor für die neue Tribüne finden, das würde uns sehr helfen. Die Absage des Dortmund-Spiels war sehr ärgerlich für uns. Wir stehen jetzt über einen wirklich sehr langen Zeitraum ohne Einnahmen da.“

Was ist besser geworden?

„Eigentlich alles, wenn man die letzten zehn Jahre vorbeilaufen lässt. Unser Dank gilt der Stadt, der OGM, unserer Sponsoren und nicht zuletzt auch uns aus Vorstand und Aufsichtsrat. Da hat sich der Verein entwickelt. Es war überlebenswichtig, die Landwehr zu verlassen. Tradition ist gut, aber nicht hilfreich, wenn Neues entwickelt werden soll. Wir sind mit Leistungszentrum, Geschäftsstelle und Jugendarbeit so gut wie noch nie aufgestellt. Besser ist übrigens auch, wie wir aufgenommen werden. Als wir anfingen, hat mir mal jemand gesagt: Für mich sind sie kein Fußball-Präsident. Das höre ich nicht mehr.“

Was kann noch besser werden?

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„Die Durchlässigkeit nach oben in unserem Verein. Beispiel Chris Führich aus der A-Jugend. An dem sind drei Bundesligisten dran, da haben wir keine Chance. Wir haben ihm eine Vertragsverlängerung angeboten, sein Berater wollte nicht. Für viele außergewöhnliche Talente ist es keine Perspektive, in der Regionalliga zu spielen, aus der man nicht heraus kommt. Also muss auch die nach oben durchlässiger werden. Cottbus-Trainer Pele Wollitz hatte mit seinem Aufruf zum Streik der Regionalligisten wegen der dämlichen Aufstiegsregelung schon recht. Geht nur leider im DFB nicht.“

Was ist schlechter geworden?

„Es war noch nie leicht, Geld für diesen Verein zu bekommen, und es wird immer schwerer. Wir haben nicht das, was man haben muss. Uns sind zwei Großsponsoren verloren gegangen. Wir haben zwar viele Stammsponsoren, aber so wie es aussieht, wird der Etat für die kommende Saison kleiner ausfallen. Wir hatten für die laufende Spielzeit für den gesamten Betrieb 2,7 Millionen Euro. Bis jetzt sieht es so aus, als ob es 2,3 für die Saison 17/18 werden.“

Der Pokal?

„Egal, wer es ist, wir müssen das Halbfinale gewinnen. Die Chance unser Liquiditätsloch zu stopfen, ist im Pokal so groß wie nie. Aber wir sind auch gebrannte Kinder: Sobald wir anfangen, uns zu freuen, geht es in die Hose. Wir malen uns den Einzug ins Finale aus, wie wir gesunden und Erfolg haben, und dann: Genau so wird es nicht kommen. Das ist RWO. Motivation ist das eine, Angst das andere. Bei Pokal fällt mir Baumberg, Elfmeterschießen und Elfmeterschießen ein.“

Die Perspektiven?

„Terra soll bleiben, so lange es geht. Egal in welcher Funktion. Wir als Vorstand und Aufsichtsrat-Chef Hartmut Gieske bleiben noch zwei Jahren und vier Monate im Amt. In der Zeit wollen wir den Verein weiter finanziell gut auf den Weg bringen. Dann bin ich auch sicher, dass wir einen neuen Vorstand finden. Noch ist aber niemand in Sicht. Nach 15 Jahren wird es Zeit, den Verein neu aufzustellen. Vor Jahren war uns Twitter und Facebook egal, jetzt sind die wichtig. Es wird immer neue Formen geben und dafür braucht man neue Leute. Die Alten müssen weg.“

Und was bleibt?

„Baustellen natürlich. Wobei mir die für die Betuwe-Linie wirklich Kopfzerbrechen bereitet. Vier Jahre lang werden wir Baustellen an Trainingsgelände und in Stadionnähe haben. Das ist nichts, womit man jemanden locken kann. Ein neues Gleis, eine Wand, eine Überführung – es wird ganz schön laut bei uns. Für die Bahn AG sind wir nichts wert, da wird alles über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir, der SC RWO, aber fühlen uns durchaus wertvoll. 2020/21 soll alles fertig werden, und dann wird die Konrad-Adenauer-Brücke hochgelegt. Noch Fragen?“

Ja, Mottofrage: Ich habe heute nichts versäumt, denn ich habe nur geträumt...

„Wir gewinnen das Niederrheinpokal-Finale und spielen in der ersten Runde bei Bayern München. Dann wollen wir mit finanziell etwas weniger eingeschränktem Etat in der Liga so weit wie möglich oben spielen. Mehr Geld erhöht immer die Chancen, der Rest ist Hoffnung. Wenn alles zusammenkommt, Glück, Können und Geld, kann etwas passieren. Deswegen freue ich mich so für Lotte. Das ist ein gutes Beispiel, das Hoffnung macht. Unser Ziel bleibt es, aus dieser Liga herauszukommen. Nur wann, mit begrenztem Budget: Nächstes Jahr oder übernächstes oder in 20 Jahren?“