Essen. Der Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen steckt in der Krise und empfängt am kommenden Freitag ausgerechnet den Spitzenreiter SF Lotte (19.30 Uhr, Hafenstraße). Ein Erfolg gegen das Ausnahmeteam könnte möglicherweise den ersehnten Auftrieb geben.
Es waren nur ein paar einleitende Sätze bei der obligatorischen Pressekonferenz wie vor jedem Heimspiel. Angesichts des Vorverkaufs erwartet Rot-Weiss für das Spiel am Freitag (19.30 Uhr/bei uns im Live-Stream) gegen Spitzenreiter SF Lotte etwa 7500 Zuschauer. Zweifelsohne wieder einmal eine für Regionalliga-Verhältnisse außerordentliche Kulisse. Doch es hätten vielleicht noch mehr sein können und irgendwie wirkt die Stimmung auch etwas gedrückt, ganz und gar nicht so wie vor einem Match, dem man entgegenfiebert. Die sportliche Krise an der Hafenstraße hinterlässt Spuren.
Nimmt man allein die Tabelle als Maßstab ist es kein Duell auf Augenhöhe. Die kleine Gemeinde Lotte aus dem Tecklenburger Land macht es auch in dieser Spielzeit dem Traditionsklub aus dem Pott vor, wie Titelkampf wirklich geht. Lotte war in der Vorsaison überragend, Lotte ist in dieser Saison überragend, erneut ein ganz heißer Titelanwärter. Überhaupt: Lotte ist seit Oktober 2012 in der Liga ungeschlagen. Das Maß aller Dinge.
Dagegen muss RWE kleine Brötchen backen, überraschend kleine Brötchen. In der Vorsaison hatten die Rot-Weißen auf Rang vier allerdings auch nur scheinbar Anschluss zum Liga-Primus gehalten. Denn es waren satte 20 Punkte die beide Teams am Ende voneinander trennten. Aktuell sind es 17 Zähler, obwohl einige Spieler und Trainer Maik Walpurgis den Titelträger verließen.
Die Essener haben sich den Saisonverlauf natürlich auch ganz anders vorgestellt. Das ist sattsam bekannt. Sie wollten oben mitmischen, dümpeln aber auf Rang elf durchs Tabellenmittelfeld und müssen eher zusehen, dass sie nicht in den Abstiegsstrudel geraten. Lotte, Gladbach II, VfL Bochum II und Siegen – so lautet das Restprogramm. Und zu guter Letzt in diesem Jahr ist man zum Rückrundenbeginn zu Gast beim Titelkandidaten Viktoria Köln. „Es wurde genug geredet“, weiß auch RWE-Trainer Waldemar Wrobel vor der Partie gegen Lotte.
Die Mannschaft trainiere gut und habe die Qualität, versichern die Verantwortlichen seit Wochen gebetsmühlenartig. Es liege ja nur an Kleinigkeiten, so die einen, Erfolgserlebnisse würden weiterhelfen, sagen die anderen. Oder man müsse auch mal in Führung gehen. Hat alles nichts genutzt. RWE fehlt es an Konstanz, es mangelt an Klasse und bleibt bei guten Ansätzen, die hin und wieder zu sehen sind. Und dann auch wieder nicht.
Torhüter Schwabke wieder im Aufgebot
Personalprobleme plagen die Rot-Weißen nicht: Bis auf die Soukou, Sauter und Arenz sind alle Spieler an Bord. Verteidiger Tim Hermes war erkältet und ist deshalb fraglich.
Torhüter Daniel Schwabke wird definitiv wieder zum Regionalliga-Aufgebot gehören, nachdem er seine einwöchige Sperre für eine Rote Karte bei der U23 abgesessen hat. Möglich sogar, dass er Philipp Kunz als Nummer eins wieder verdrängt.
„Wir müssen uns ganz anders präsentieren“, fordert Wrobel – auch nicht zum ersten Mal. Gerade im eigenen Stadion haben die Rot-Weißen aber bisher allenfalls Mittelmaß geboten, nur einmal gewonnen (mit 2:0 gegen Aachen). Auf die Physis und Aggressivität des Gegners, auf dessen enorme Laufbereitschaft und individuelle Klasse in der Offensive müsse man eine Antwort finden, beschreibt der RWE-Trainer und warnt mit deutlichen Worten: „Spielen wir unkonzentriert und schlampig, kriegen wir den Arsch voll.“ Also kämpfen gegen die Krise.
Die Gastgeber stehen in der Pflicht und mit dem Rücken zur Wand. Das Problem ist, dass niemand weiß, warum es nicht mehr läuft. In der vergangenen Woche haben RWE-Chef Michael Welling und der Aufsichtsratsvorsitzende Christian Hülsmann die Stellenausschreibung herausgegeben für einen hauptamtlichen Sport-Vorstand. Eine mittelfristige Maßnahme für die Zukunft, die der sportlichen Krise geschuldet ist. Momentan aber hilft sie nicht weiter. Zwangsläufig gerät da auch der Trainer in den Fokus. So ist nun mal das Geschäft, da kann man nichts machen. Doch, gewinnen.