Essen. 1860 München in der Krise: Der Gegner von Rot-Weiss Essen beurlaubt Trainer Jacobacci und zerfleischt sich selbst – Baustellen gibt es viele.

Sie haben ja schon viel ertragen müssen, aber das war zu viel. Irgendwie hatten es rund 1000 Fans des TSV 1860 raus aus dem Münchner Schneechaos nach Dortmund geschafft, sie sahen: wie ihre Mannschaft komplett zerfiel. 0:3 verloren die Löwen bei der U23 des BVB, Frust pur. „Trainer raus“, brüllten sie, und einen weiteren Klassiker aus der Playlist „Wütende Fußballfans“ auch: „Wir haben die Schnauze voll!“ Wer will es ihnen verübeln?

Sie bekamen, was sie wollten: 1860 hat sich an diesem Dienstag von Maurizio Jacobacci getrennt, auch Co-Trainer Stefan Reisinger muss gehen.

Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer sagt: „Leider konnte die Mannschaft ihre Leistungen nicht wie gewünscht in Punkte ummünzen, so dass wir uns vom Wechsel im Trainerteam nun neue Impulse in der Mannschaft erwarten. Die gesamte Löwen-Familie dankt Maurizio Jacobacci und Stefan Reisinger recht herzlich für ihren Einsatz und wünscht den beiden und ihren Familien für die Zukunft nur das Beste.“ 15. ist der Klub.

Rot-Weiss Essens Gegner versinkt im Chaos

Der Anspruch der Sechziger ist es, um den Aufstieg zu spielen. Die dritte Liga – auf jeden Fall zu klein für den Klub, der von sich behauptet „Münchens große Liebe“ zu sein. Zwischen Selbstverständnis und Realität klafft aber ein Loch so groß wie das im vereinseigenen Portemonnaie. Die Probleme bei 1860 sitzen tief. Mit einem vergleichsweise kleinen Etat von 4,5 Millionen Euro ging der Klub in die Saison. Toptalente wie Leandro Morgalla (1,8 Millionen Euro/Salzburg) und Marius Wörl (Hannover 96) musste der Klub abgeben. Selbst große Namen zu holen war nicht drin.

Lesen Sie hier: Warum 1860 München nicht zur Ruhe kommt.

Maurizio Jacobacci hat sich daher keine Illusionen gemacht und wusste, dass es ein hartes Jahr wird. Die Vorbereitung war schlecht. 13 Zugänge kamen, der letzte, Stürmer Joel Zwarts, erst Ende August, kurz vor Ende der Transferphase. Sportdirektor Günther Gorenzel verließ den Klub, ging nach Innsbruck. 1860 flirtete nonchalant mit Horst Heldt, Ex-Löwe, großer Name – doch Heldt lehnte den Managerposten dankend ab, was dann doch ziemlich gut zur Lage bei dem Klub passt: riesiger Anspruch, bescheidene Gegenwart.

Hinter den Kulissen brodelt es seit Jahren. Der Konflikt zwischen Investor Hasan Ismaik, der viele Anteile an der ausgegliederten Profi-Gesellschaft besitzt, und Robert Reisinger, dem Präsidenten des eingetragenen Vereins TSV 1860, ist alles andere als gelöst. Ismaik hat Geld und Macht, ist aber gerade für die aktive Fanszene ein Tuch so rot wie die Trikots des verhassten FC Bayern. Reisinger hingegen weiß viele Anhänger hinter sich, ist seit Kindheit ein Sechziger. Dass sich bei all den Grabenkämpfen kein sportlicher Erfolg einstellt, dürfte eigentlich niemanden wundern.

Rot-Weiss Essen kann die Stimmung weiter vermiesen

Die Linie von Jacobacci war alles andere als gerade, auch er machte sich angreifbar. Torwart Marco Hiller verletzte sich. Jacobacci sprach im das Vertrauen aus, nahm ihn aber nach einem Fehler im Landespokal (0:1 gegen Pipinsried) wieder aus dem Tor zu nehmen. David Richter ist seitdem die Nummer eins.

Trafen zuletzt im Mai aufeinander: Rot-Weiss Essen und 1860 München.
Trafen zuletzt im Mai aufeinander: Rot-Weiss Essen und 1860 München. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Hiller äußerte sich öffentlich zur Degradierung, die für ihn „aus dem Nichts“ kam. „Mir wurde vor zehn Tagen noch klar kommuniziert, dass ich nach meiner Verletzungspause weiterhin die Nummer eins bin“, sagte er gegenüber der „Bild“. Noch so ein hausgemachter Konflikt. Nicht mal zehn volle Monate war Jacobacci im Amt.

Brennpunkte zum Spiel von Rot-Weiss Essen:

Gegen Rot-Weiss Essen an diesem Samstag (14 Uhr/Grünwalder Straße) wird U21-Trainer Frank Schmöller einspringen. Ihm fehlt die UEFA-Pro-Lizenz. Innerhalb von 15 Werktagen müssen die Löwen einen neuen Coach präsentieren. Ob dann alles besser wird, darf stark angezweifelt werden.