Halle. Felix Herzenbruch muss RWE verlassen, ist aber Kapitän. Die „beleidigte Leberwurst“ will er nicht spielen. Was er über die Tage nach dem Aus sagt

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell es manchmal im Fußball geht. Am Samstag kurz vor 16 Uhr verließ Björn Rother das Feld, ging durch den Kabinentrakt und trat voller Frust gegen eine Tür. Rot-Weiss Essen hatte gerade 0:2 beim Halleschen FC verloren und befürchtete Schlimmes. Sollte es tatsächlich noch am letzten Spieltag einen Nervenkrimi im Tabellenkeller geben?

Nur 23 Stunden später atmete eine ganze Stadt durch, und das ganz, ganz tief. Oldenburg hatte mittags 1:2 gegen Zwickau verloren. RWE war gerettet und wird auch 2023/24 in der Dritten Liga spielen. Ziel erreicht.

Rot-Weiss Essen verliert und bleibt drin

Die Niederlage in Halle war auf einmal weit weg, dabei gab es eine tragische Figur bei Rot-Weiss: Felix Herzenbruch. In der vierten Minute hätte er nach einem Eckball von Thomas Eisfeld fast die Führung erzielt, kurz vor der Pause besorgte er tatsächlich das 1:0 – nun ja, für die Hallenser. Essens Oguzhan Kefkir klärte auf der Linie und schoss Herzenbruch an. Von ihm prallte der Ball ins eigene Tor ab.

Alles zu Rot-Weiss Essens 0:2 in Halle:

„Da kannst du nichts machen“, sagt „Herze“. Er meint: „Es kommt gerade vieles zusammen. Wir spielen eigentlich ordentlich hinten heraus über Eisfeld, Götze und Harenbrock.“ Da hatte er recht. In Halle war es wahrlich eines der besseren Auswärtsspiele, die Rot-Weiss Essen in dieser Rückrunde gespielt hat. „Aber im letzten Drittel fehlt uns die Präzision und die Kaltschnäuzigkeit. Das kostet Tore, Punkte und Nerven.“ Und es drückt auf die Stimmung, extrem.

„In Meppen wird gefeiert, in Oldenburg auch, und beide stehen hinter uns. Jedes Mal kriegen wir es nicht über die Bühne gebracht. Das ist vielleicht ein RWE-Ding: die negative Stimmung, Tausende Themen, es explodiert alles“, sagt Herzenbruch.

Worauf der 30-Jährige anspielt: Es herrscht Unruhe, das liegt vor allem an der Formkurve. Die zeigt im Jahr 2023 nach unten. Klammert man die drei Punkte aus dem Zwickau-Spiel aus – RWE bekam sie am Grünen Tisch, nachdem die Partie abgebrochen worden war –, ist die Mannschaft Tabellenletzter in der Rückrundentabelle.

Rot-Weiss Essen: „Wir machen es trotz allem ganz gut“

Fans diskutieren daher die Frage, ob Christoph Dabrowski der richtige Trainer ist. Gespalten sind die Anhänger auch wegen des Umbruchs, den die Sportchefs Christian Flüthmann und Marcus Steegmann eingeleitet haben. Aufstiegshelden wie Felix Herzenbruch, Niklas Tarnat, Oguzhan Kefkir und Simon Engelmann müssen gehen. Das Gros der Fans dürfte mittlerweile jedoch gemerkt haben, dass sich RWE verstärken muss, damit sie in der nächsten Saison nicht wieder bis zum vorletzten Spieltag um den Klassenerhalt zittern müssen.

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Irgendwie bedingt sich das alles gegenseitig: Die Qualität fehlt, die Ergebnisse bleiben aus, das sorgt für schlechte Laune, der Kopf spielt plötzlich mit, provoziert Fehler. „Dafür“, findet Herzenbruch, „machen wir es noch ganz gut.“

Kuriose Züge nimmt das an, was sich derzeit rund um die Hafenstraße abspielt. Herzenbruch hätte am liebsten in Essen verlängert, erhält aber keinen neuen Vertrag. Gleichzeitig führt er die Truppe nach Felix Bastians’ Verletzung als Kapitän aufs Feld. Das sei nicht einfach, gibt er zu. Als die Trennung feststand, „war ich zwei, drei Tage geknickt und am Boden“. Das sagte er auch seinen Mitspielern.

Herzenbruch will sich mit Pokalsieg verabschieden

„Ich habe der Mannschaft aber auch gesagt, dass sie sich auf mich verlassen kann, wenn es um Punkte geht. Ein Kapitän muss vorangehen. Hätte ich die beleidigte Leberwurst gespielt, wäre ich der Falsche für das Amt gewesen“, ergänzt der Verteidiger, der Teil eins seines selbst gesteckten Zieles erreicht hat: den Klassenerhalt.

Gegen Rot-Weiß Oberhausen soll Teil zwei folgen, der Gewinn des Niederrheinpokals (Sa., 3. Juni/Stadion an der Hafenstraße). „Für mich könnte es keinen besseren Abschied geben. Dann hätte ich zum Schluss die Binde getragen und das Ding mit über die Bühne gebracht, dann würde ich zufrieden nach Hause gehen.“