Essen. Eine Menge Arbeit wartet auf Flüthmann und Steegmann. Rot-Weiss Essens Sportdirektoren sprechen über Kaderplanung, Herzenbruch und Engelmann.

Langweilig werden die nächsten Wochen nicht für Christian Flüthmann (40) und Marcus Steegmann (42), das steht fest. Rot-Weiss Essens neue Sportdirektoren müssen den Kader planen. In Teil zwei des großen RevierSport- und WAZ-Interviews sprechen die Redakteure Krystian Wozniak, Justus Heinisch und Ralf Wilhelm mit den beiden Funktionären über Vertragsverlängerungen sowie Fanlieblinge wie Simon Engelmann und Felix Herzenbruch.

Hier geht es zu Teil eins: Das denken beide über Christoph Dabrowski.

Herr Flüthmann, Herr Steegmann: Warum hat es sich Rot-Weiss Essen nehmen lassen, einem Spieler wie Noel Futkeu, der aus Essen stammt und im Süden der Stadt in Gala-Form ist, kein Vertragsangebot vorzulegen?

Marcus Steegmann: Ich versuche schon, sportlich und sachlich die besten Entscheidungen für Rot-Weiss Essen zu treffen. Ich weiß, dass das nicht immer einfach ist. Denn hier spielen natürlich das Publikum, die Emotionen eine Rolle. Aber es muss unser Anspruch sein, dass wir die Kaderplanung sachlich angehen. Es wird immer Entscheidungen für und gegen einen Spieler geben. Das ist part of the game. Da kann es auch unpopuläre Entscheidungen geben. Wir haben begrenzte Kaderplätze, jeder Platz ist wertvoll. Hier geht es auch darum, nicht einen zu großen Kader zu haben und dann nicht mehr jedem Spieler gerecht werden zu können. Wir müssen jede einzelne Position abwägen und bewerten, was für den gesamten Kader Sinn macht.

Rot-Weiss Essen will eine „hungrige Mannschaft“

Ihrem Vorgänger Jörn Nowak hatte man durchaus vorgeworfen, wenig kreativ bei den Transfers zu sein. Werden wir in Zukunft kreativere RWE-Transfers sehen?

Steegmann: Ist es kreativ, wenn man ins Ausland geht und Spieler verpflichtet? Ein Beispiel: Viktoria Köln war bis zum Winter mit Verl zusammen die jüngste Drittliga-Mannschaft. Wir haben es dort geschafft, Jungs aus dem eigenen Nachwuchs bei den Profis zu integrieren. Und mein Ansatz ist es schon, dass wir RWE ein Stück weit verjüngen. Bei Viktoria war es nicht nur eine finanzielle Sache, dass wir auf junge Spieler gesetzt haben. Wir haben schließlich für junge Spieler auch Geld bezahlt. Wir wollten schlichtweg eine hungrige Mannschaft haben. Und jetzt wächst da etwas zusammen. Das wird auch ein grundsätzlicher Ansatz bei Rot-Weiss Essen sein.

Brennpunkte bei Rot-Weiss Essen:

Christian Flüthmann: Wir brauchen nicht nur fußballerische Qualität im Kader, sondern auch eine gute Persönlichkeitsstruktur.

Steegmann: Das alles heißt aber nicht, dass wir keinen erfahrenen Spieler verpflichten werden. Wir verschaffen uns aktuell einen Überblick und das in allen Bereichen. Wenn wir sehen, dass uns Leadership in der Truppe fehlt, dann kann eine Verpflichtung eines 30-Jährigen auch ein Puzzleteil sein. Aber, wie gesagt, da sind wir noch im Fein-Tuning und schauen uns alles genau an.

Kreative Wege im Scouting – vieles läuft im Verborgenem ab

Wie wird sich Rot-Weiss Essen in Zukunft im Scouting aufstellen?

Steegmann: Wir waren bei Viktoria Köln im Scouting durchaus breit aufgestellt. Wir hatten auch das Thema Daten-Scouting. Das wird auch bei Rot-Weiss Essen der Fall sein. Wir wollen uns breiter aufstellen, damit wir dann auch bessere Entscheidungen treffen. Aber wir werden unsere Scouting-Pläne und die Personen, die auch schon jetzt für uns arbeiten, nicht öffentlich machen. Ich finde, dass das eine Sparte ist, die im Verborgenen laufen kann und soll.

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Von Krystian Wozniak, Justus Heinisch, Ralf Wilhelm

Flüthmann: Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Daten-Scouting. Die Datenqualität wird stetig höher. Die erste und die zweite Bundesliga ist noch professioneller aufgestellt, aber auch in der dritten Liga ist viel Bewegung drin.

Steegmann: Wir werden uns im Daten-Scouting schon in der Drittliga-Spitze bewegen. Es gibt hier bisher nur zwei, drei Vereine, die mit diesem System arbeiten, mit dem wir in Zukunft auch arbeiten werden.

Welches Spieler-Beuteschema verfolgt denn Rot-Weiss Essen in Zukunft?

Steegmann: Welche Märkte sind für Rot-Weiss Essen interessant? Grundsätzlich sind die dritte Liga und alle Regionalligen spannend für uns. Ich bin ehrlich: Wir werden nicht nur Spieler aus dem Ruhrgebiet zu Rot-Weiss Essen holen können. U23-Mannschaften sind natürlich auch spannend.

Wie steht es um Rot-Weiss Essens Leihspieler?

RWE hat fünf Leihspieler im aktuellen Kader, sechs Mann sind derweil verliehen. Wie ist da der Stand der Dinge über den 1. Juli 2023 hinaus?

Steegmann: Klar: Wir haben einige Themen, wie Leihspieler, wie ausgeliehene Spieler, die wir in den nächsten Wochen lösen müssen. Da müssen wir schauen, was für den Spieler der nächste bessere Schritt ist. Wir können aktuell noch nicht sagen, mit welchen Leihspielern und Jungs, die wir ausgeliehen haben, verlängern werden, weil wir noch keine finalen Gespräche geführt haben.

Lange dabei, aber mit auslaufenden Verträgen unterwegs: Simon Engelmann (r.) und Felix Herzenbruch (l.) von Rot-Weiss Essen.
Lange dabei, aber mit auslaufenden Verträgen unterwegs: Simon Engelmann (r.) und Felix Herzenbruch (l.) von Rot-Weiss Essen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Simon Engelmann und Felix Herzenbruch gehören auch zu den neun Spielern deren Verträge auslaufen. Wollen Sie die beiden Publikumslieblinge in Essen halten oder wird es für das Duo eng bezüglich einer RWE-Zukunft?

Steegmann: Von meiner Wahrnehmung von außen und jetzt auch von innen sind Simon Engelmann und Felix Herzenbruch absolut verdiente Spieler von Rot-Weiss Essen. Von der Seite kann man da schon einmal einen Haken machen. Aber wie gesagt, wir sind noch in der Beobachtungsphase und noch nicht an dem Punkt, finale Entscheidungen zu treffen. Diese Zeit nehmen wir uns auch. Wir wollen auch Stimmungen aufnehmen, sind mit dem Trainer, mit den Scouts im Austausch. Das gehört alles dazu. Auch die Frage, wie der Trainer in der neuen Saison spielen will.“

Flüthmann: Es ist ja auch so, dass die Spieler wollen müssen. Es ist ja nicht immer nur vereinsseitig.