Essen. Aufstieg, Fehlgriffe auf dem Transfermarkt, streitbare Entscheidungen - das bleibt von Jörn Nowaks Zeit bei Rot-Weiss Essen. Ein Kommentar.
Es gibt da dieses Bild von Jörn Nowak. Er lächelt, hat den Kopf ganz nass von einer Bierdusche, Torwarttrainer Manuel Lenz herzt ihn, Liga drei – Essen ist dabei. Die Hafenstraße, eine ganze Stadt feierte den Aufstieg am 14. Mai 2022. Der Name Jörn Nowak wird für immer mit diesem Erfolg verbunden sein.
14 Jahre verbrachte Rot-Weiss Essen in den Niederungen des Fußballs. Dass es RWE nach oben geschafft hat, daran hatte Sportdirektor Nowak einen gewaltigen Anteil. Jetzt ist Schluss. An diesem Donnerstag haben sich Verein und Funktionär getrennt.
Rot-Weiss Essen: Jörn Nowak wird mit Lob verabschiedet
Unterschiedliche Auffassungen hätten beide Parteien von der Zukunft, teilte RWE mit. Aufsichtsratschef Dr. André Helf und Vorstandsvorsitzender Marcus Uhlig fanden im Zuge der Trennung ausschließlich lobende Worte für Nowak und seine Arbeit. Nur selten zuvor hat sich eine Abschiedsmeldung eines Fußballvereins so positiv angehört.
Rein sportlich ist RWE auf dem Weg, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen. Und trotzdem das Aus, der Zeitpunkt überrascht wenige Tage vor dem wichtigen Spiel gegen Waldhof Mannheim. Indizien dafür, dass doch mehr vorgefallen sein muss.
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Nowak hat Erfolge gefeiert und die Strukturen bei RWE professionalisiert. Er hat vieles angeschoben, wirkte aber bisweilen dünnhäutig nach streitbaren Entscheidungen. Man denke an die Trennung von Christian Neidhart oder die Kapitäns-Affäre Dennis Grote – nicht immer machte Nowak eine souveräne Figur. Intern soll die Zusammenarbeit mit ihm bisweilen schwierig gewesen sein. Das ist das eine. Das andere ist die Kaderpolitik, und bei der fällt das Fazit durchwachsen aus.
Rot-Weiss Essen: Meisterelf trug Nowaks Handschrift
Die Meistermannschaft trug seine Handschrift: Bis auf Cedric Harenbrock und Daniel Heber wurde jeder Aufstiegsspieler von ihm verpflichtet. Er lotste namhafte Profis wie Thomas Eisfeld oder Felix Bastians in die Regionalliga. Unter Nowak setzte RWE vor allem auf gestandene Spieler – kreativ waren seine Transfers allerdings selten, und er griff auch oft daneben: Yannick Langesberg, Felix Schlüsselburg, Sören Eismann, Fabian Rüth, Zlatko Janjic.
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Vor dieser Drittliga-Saison vertraute RWE der Meistermannschaft und verzockte sich. Das ging auf die Kappe des 36-Jährigen, der als Sportdirektor für die Kaderplanung zuständig war. Ende August legte Essen mit den Verpflichtungen von Felix Götze, Clemens Fandrich und Andreas Wiegel nach, sie sollten eine wichtige Rolle beim Aufschwung im Herbst spielen. Es kam auch Luca Wollschläger. Angedacht als Verstärkung für die Sturmspitze, hat die Leihgabe gar nicht gezündet.
Gestandene Spieler – RWE hat ein Nachwuchsproblem
Angreifer Simon Engelmann fehlte immer wieder verletzt, Ron Berlinski ist wichtig fürs Team, aber kein klassischer Torjäger – dass die Offensive in dieser Saison nicht überzeugt, liegt auch an Jörn Nowaks Transferpolitik: Vorne fehlen die Spieler, im Mittelfeld gibt es dafür ein Überangebot.
Hinzu kommt Nowaks unglückliches Händchen bei Talenten. Aurel Loubongo (21) war der einzige Spieler unter 23 Jahren, der in der laufenden Runde fest zu RWE wechselte. Es ist schon lange, lange her, dass sich ein junger, talentierter Spieler in Essen durchgesetzt hat.
Vielmehr sind viele der aktuellen Leistungsträger 30 Jahre oder älter: Felix Bastians (34), Felix Herzenbruch (30), Andreas Wiegel (31), Thomas Eisfeld (30), Simon Engelmann (34). Ein Umbruch steht an. Diesen trauten die RWE-Verantwortlichen Nowak nicht mehr zu, was nicht nur an der Personalpolitik lag.