Ingolstadt. Wieder einmal entgleitet Rot-Weiss Essen ein Sieg in allerletzter Minute, weil sich das Team naiv anstellt. Der Coach fordert mehr Cleverness.
Manchmal kann einem RWE-Trainer Christoph Dabrowski extrem leid tun. Dann kommt er einem vor wie ein überforderter Familienvater, der eine Horde schwer erziehbarer Jungs einfach nicht in den Griff bekommt. So saß er wieder einmal ziemlich bedröppelt da auf der Pressekonferenz nach dem 1:1 (0:0) beim FC Ingolstadt und musste zerknirscht feststellen: „So ein Tor in der 90. Minute tut schon extrem weh, wo wir uns nicht clever verhalten, wo wir eigentlich auf Zeit spielen wollen, den Ball nicht festmachen, die Innenbahn aufgeben und Ingolstadt dann den Ausgleich macht.“
Rot-Weiss Essen stellt sich dilettantisch an
Alles schon mal gehört in dieser Saison, mehrfach sogar, was die Angelegenheit nicht besser macht. Im Gegenteil. Wie jemand aus dem RWE-Staff so treffend formulierte: „Wenn so etwas ein- oder zweimal passiert, kann man noch an Pech glauben, aber nicht beim fünften Mal“, gab er zu bedenken. Wieder einmal hatte sich RWE dilettantisch angestellt.
Bei eigenem Einwurf in der gegnerischen Hälfte und Ballverlust kann niemand im Zentrum durch ein einfaches taktisches Foul den tödlichen Pass in die Spitze verhindern, worauf der eingewechselte Ingolstädter Jalen Hawkins am eingewechselten Meiko Sponsel vorbeiflog, als habe der Essener bei seinem Gang aufs Spielfeld seine Stollenschuhe auf der Bank vergessen.
Mangelnde Konzentration oder fehlende Qualität bei Rot-Weiss Essen?
Da war auch der vortreffliche Jakob Golz beim Schuss ins lange Eck geschlagen; der RWE-Keeper, der fünf Minuten zuvor noch gegen einen Schuss von Pascal Testroet aus drei Metern sensationell reagiert hatte. Da hätte es im RWE-Kasten schon klingeln können, aber die Gäste nahmen den Warnschuss wohl nicht ernst.
Ist es mangelnde Konzentration in den letzten Minuten oder fehlende Qualität nach etlichen Einwechselungen im Abwehrverbund? Oder eine Mischung aus beidem? Die Anfälligkeit in den letzten Spielminuten ist jedenfalls frappierend und schmerzend. „Wir müssen einfach cleverer werden, es ist schon das dritte Mal in diesem Jahr, dass wir extrem wichtige Punkte aus der Hand gegeben haben, die uns einfach gut getan hätten“, so Dabrowski, der insgesamt aber eine ordentliche Auswärtspartie seiner Mannschaft gesehen hatte.
Harenbrock erzielte die umjubelte RWE-Führung
Fast hätte man von dem glücklichen Händchen des Trainers bei seinen Auswechselungen geschwärmt, denn der längere Zeit unberücksichtigte Cedric Harenbrock brauchte nur drei Minuten nach seiner Einwechselung, um den Ball nach Kefkir-Flanke mit dem Oberschenkel ins lange Eck des FC Ingolstadt zu bugsieren, nachdem sich Abwehrspieler Arian Llugiqi beim Hochspringen arg verschätzt hatte.
Der Sieg wäre nicht einmal unverdient gewesen, blieb der Zweitliga-Absteiger über weite Strecken der Partie einen Beweis seiner gehobenen Ansprüche schuldig und wirkte ähnlich demotiviert wie die enttäuschende Heimkulisse, die abzüglich der Essener Schlachtenbummler gerade einmal gut 3000 Fans auf die Beine brachte. Aufbruch in wieder bessere Zeiten sieht jedenfalls anders aus.
RWE hat Englische Woche vor der Brust
Schert die Essener nicht, die momentan was anderes umtreibt: „Wir haben eine Englische Woche mit dem Pokalspiel am Mittwoch in Wuppertal, wo wir eine Runde weiterkommen wollen, und dann haben wir ein ganz wichtiges Heimspiel gegen Bayreuth, wo wir den nächsten Dreier wieder holen wollen“, so Dabrowski zu den nächsten Aufgaben.
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Mit welchem Personal, das werden die nächsten Tage zeigen. Es würde dem Team sicherlich gut tun, wenn die zuletzt erkrankten Thomas Eisfeld und Isaiah Young wieder zur Verfügung stünden. Konkurrenz belebt das Geschäft.