Nico Schäfer, Geschäftsführer beim SV Wehen, spricht im Interview über seine turbulente Zeit an der Hafenstraße mit dem bitteren Abstieg 2007.

Wenn Rot-Weiss Essen am Sonntag (14 Uhr) beim SV Wehen Wiesbaden antritt, dann wird RWE auch auf Nico Schäfer treffen. Der 54-Jährige ist seit Sommer 2016 Geschäftsführer bei den Hessen. Nico Schäfer? Ja, viele RWE-Fans werden sich an den gebürtigen Cuxhavener erinnern. Schäfer, der von 2011 bis 2016 auch für Union Berlin arbeitete, war nämlich zwischen dem 1. Juli 1997 und 30. Juni 2009 zwölf Jahre lang Finanzvorstand bei Rot-Weiss Essen. Er hat in dieser Zeit zum Beispiel auch Damian Jamro (heute Direktor Organisation, Sportadministration & Ticketing) bei RWE eingestellt.

Diese Redaktion hat vor dem Spiel mit Nico Schäfer auch über die alten RWE-Zeiten gesprochen.


Nico Schäfer, wie sehr freuen Sie sich auf das Wiedersehen mit Rot-Weiss Essen?

So ganz neu ist das Wiedersehen ja für mich nicht. Als Leiter des Lizenzbereichs bei Union Berlin bin ich auch zweimal auf RWE getroffen, beide Mal im DFB-Pokal. Da haben wir zuerst im Elfmeterschießen verloren, dann nach Verlängerung gewonnen. Natürlich sind solche Spiele immer besonders. Ich habe von 1989 bis 2009 in Essen gelebt und in dieser Zeit zwölf Jahre für Rot-Weiss gearbeitet. Essen ist für mich ein großer Lebensabschnitt. Da gibt es immer noch viele Verbindungen. Einige Mitarbeiter kenne ich noch, wie Damian Jamro. Ihn habe ich damals bei Rot-Weiss Essen eingestellt. Zudem kennt man auch noch einige Leute aus den Gremien und Sponsorenpool.

Immer ein besonderer Kampf mit RWE

Welche guten und eher negativen Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit an der Hafenstraße?

Es war immer ein besonderer Kampf mit RWE, in finanzieller aber auch in sportlicher Hinsicht. Bis auf ein Jahr kam es gefühlt immer am letzten Spieltag zu den sportlichen Entscheidungen. Da bekommt man schon graue Haare (lacht). Ein Kollege sagte mir mal, dass man in Essen dreimal schneller altert als woanders. Heißt: Ein Jahr in Essen sind gefühlt drei Jahre bei einem anderen Klub. Ich erinnere mich an Auf- und Abstiege. Ich weiß noch, als wir in Braunschweig gewonnen haben und dann binnen weniger Tage 6,13 Millionen Deutsche Mark aufbringen mussten. Das war der Wahnsinn. Aber das hat damals funktioniert.

Es wird immer viel von den RWE-Fans geschwärmt. Sie haben zum Beispiel für den Kult-Klub Union Berlin gearbeitet. Sind die Essener Anhänger wirklich so besonders in der Fußballbranche?

Diese Leidensfähigkeit eines Essener Fans muss schon groß sein. In Essen kann auch die Begeisterung riesig sein, aber auch schnell ins Negative gehen. Das ist schon eine Besonderheit dieses Vereins. Bei Union Berlin ist die Atmosphäre dagegen immer positiv. Aber klar: Bei RWE kann schon eine ganz besondere Begeisterung entstehen, die es nicht so oft in Fußball-Deutschland gibt.

In Wehen ein Nachwuchsleistungszentrum aufgebaut

Beim SV Wehen Wiesbaden geht es etwas ruhiger im Umfeld zu. Fehlt Ihnen manchmal die Wucht der Fans, die große Leidenschaft?

Man kann sich hier auf andere Dinge, Entwicklungen konzentrieren. Wir haben ein NLZ aufgebaut. Aber klar: Wir haben eher ein Sitzplatz-Publikum. Trotzdem unterstützen uns die Leute, die kommen, auch sehr gut. Wir haben auch ein starkes Sponsoring hinter uns. Man orientiert sich hier an den Säulen, die man ausbauen kann. Aber klar: Atmosphärisch gesehen, ist das alles hier nicht mit Union Berlin oder Rot-Weiss Essen zu vergleichen. Trotzdem arbeite ich nicht mit weniger Herzblut oder Leidenschaft für den SV Wehen Wiesbaden. Auch hier haut sich jeder voll rein und will erfolgreich sein. Ob man das für 2000 oder 20.000 Fans macht, macht da keinen Unterschied.

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Wie zufrieden sind Sie mit der laufenden Serie?

Nach knapp fünf Jahren mit Rüdiger Rehm als Trainer und Christian Hock als langjährigem Sportdirektor haben wir im letzten Jahr einen Umbruch vollzogen. Es sind 16, 17 Spieler gekommen. Zu dieser Saison haben wir uns dann nur noch punktuell verstärkt und sind mit einem 25-Mann-Kader in die Saison gegangen. Neben Mannheim haben wir den kleinsten Kader. Aber wir ernten jetzt auch die Früchte. Wir sind auf allen Positionen gleichwertig besetzt und spielen eine gute Saison.

Rot-Weiss Essen ist deutlich stabiler geworden

Was halten Sie von der Essener Mannschaft?

Rot-Weiss Essen ist deutlich stabiler geworden als es noch zu Saisonbeginn der Fall war. Aber das hat mich auch nicht gewundert: Eine neue Liga, ein neuer Trainer, große Euphorie: Mit diesen Dingen musste RWE erst einmal klarkommen. Dann verliert man zum Auftakt 1:5 gegen Elversberg. Das hat mich sofort an meine RWE-Zeit erinnert, als wir nach dem Zweitliga-Aufstieg auch mit einem 1:5 gegen Aue gestartet sind.

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Jetzt hat man aber in Essen nachjustiert und der Mix aus den jüngsten Zugängen sowie der Aufstiegsmannschaft scheint zu funktionieren. Mit dieser Mannschaft kann RWE auf jeden Fall den Klassenerhalt schaffen. Aber in dieser Liga ist es sehr schwer Prognosen aufzustellen. Denn bekanntlich verlässt ein Drittel diese Liga, entweder nach oben oder nach unten.

Mit wie vielen Fans rechnen Sie am Sonntag?

Ich hoffe, dass viele Essener kommen werden. Denn am Montag ist ja bekanntlich der Tag der deutschen Einheit und ein Feiertag. Da kann man sich doch ein schönes Wochenende bei uns machen. Die letzten Zahlen, die ich hörte, waren 5000 Fans, darunter 1800 bis 2000 aus Essen.

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