Essen. Flutlichtpartie bei Rot-Weiss Essen? „Traumhaft“, so Saarbrückens Uwe Koschinat. Er spricht über das Spiel und seine besondere Beziehung zu RWE.
Uwe Koschinat kann sich noch gut an den 19. Mai 2012 erinnern. Die Sonne strahlte über der Hafenstraße, 10.907 Fans sahen in der Regionalliga ein 1:1 zwischen Rot-Weiss Essen und dem SC Fortuna Köln, der von Koschinat trainiert wurde. Es war das letzte Pflichtspiel überhaupt im Georg-Melches-Stadion.
Koschinat kehrt an diesem Montag mit dem 1. FC Saarbrücken zurück nach Bergeborbeck. Wir unterhielten uns mit dem 51-Jährigen über Emotionen, RWE – und seine Zeit als Basketball-Trainer.
Rot-Weiss Essen: Saarbrücken-Trainer Uwe Koschinat hat Respekt
Als Trainer blieben Sie in allen sechs Spielen gegen Rot-Weiss Essen ungeschlagen, fünf Mal gewannen Sie mit Fortuna Köln, einmal spielten Sie remis. Warum setzen Sie diese Serie mit dem 1. FC Saarbrücken fort?
Uwe Koschinat: Es ist unsere große Hoffnung, in Essen zu gewinnen. Ich glaube, dass wir eine auf hohem Niveau stabile Saison spielen, die noch nicht perfekt ist. Aber es gibt Daten, die mich positiv stimmen. Wir spielen auswärts häufig zu null, unser Mittelstürmer Sebastian Jacob ist in einer starken Form und die Mannschaft hat sich schnell gefunden.
Brennpunkte zu Rot-Weiss Essen:
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- RWE-Sponsor Harfid meldet Insolvenz an.
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Gegen Elversberg haben wir am zweiten Spieltag ein Derby-Highlight gesetzt, sie 2:0 geschlagen – und ich muss keinem Essener erklären, wie schwer es gegen Elversberg ist. Trotzdem wissen wir, dass RWE bereits zu einem frühen Zeitpunkt mit dem Rücken zur Wand steht. Das wird ein richtungsweisendes Spiel.
Mit dem FCS sind Sie ungeschlagen und haben jüngst 6:0 gegen Bayreuth gewonnen. Nehmen Sie die Favoritenrolle für das Spiel an?
Ja, es wäre Blödsinn, etwas anderes zu erzählen. Ich glaube aber schon, dass der Leistungsunterschied von RWE zu uns deutlich geringer ist als der von Bayreuth zu uns. Gerade durch die jüngsten Transfers hat Essen den Kader absolut aufgebessert. Das Spiel steht etwas isoliert im Raum, es findet montags statt, danach ist die Länderspielpause. Wir beenden den Spieltag, werden das Spiel also nicht als Dritter antreten, RWE steht womöglich auf einem Abstiegsplatz. Und das Tabellenbild bleibt dann zwei Wochen stehen.
Saarbrückens Koschinat warnt vor RWE-Neuzugängen
RWE hat gegen ein anderes Topteam, den FC Ingolstadt, bereits aufhorchen lassen. Sie haben auch die Essener Transfers angesprochen. Was macht RWE aus Ihrer Sicht gefährlich?
Die Hafenstraße. Man hat gegen Ingolstadt gesehen, dass die Menschen nach den Regionalliga-Jahren eine Sehnsucht nach Drittliga-Fußball mit vielen traditionsreichen Spielen haben, die man in Essen über ein Jahrzehnt nicht genießen konnte. Die Fans haben eine ganze Menge verziehen. Darüber hinaus haben die Essener Qualität. Ich habe die Situation als Trainer von Fortuna Köln selbst erlebt, dass es nach dem Aufstieg eine Zeit der Anpassung braucht, da man seine Spielweise ändern muss. RWE war in der Regionalliga zum Siegen verdammt, solch eine Spielidee in die 3. Liga zu bringen, birgt Gefahr. Deshalb ist es wichtig, dass Essen nun Spieler wie Clemens Fandrich und Felix Götze im Kader hat, die wissen, was Existenzkampf bedeutet.
Sie gelten als emotionaler Trainertyp. Freuen Sie sich besonders, dass die Partie am Montag unter Flutlicht stattfindet?
Man kann sich nichts Traumhafteres als ein Abendspiel in Essen vorstellen. Auf der anderen Seite ist es unglücklich, dass ein solch traditionsreiches Duell auf einen Montag gelegt wurde. Viele Saarbrücker Fans werden Probleme haben, das Spiel zu besuchen. Sie müssen zur Arbeit, haben Kinder. Deshalb finde ich es aus unserer Sicht traurig. Aber klar, ich verbinde mit Essen unheimlich viel. RWE war ein Konkurrent von Köln in der Regionalliga. Und ich durfte der Trainer sein, der im letzten Spiel des alten Georg-Melches-Stadions coacht.
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Wo wir schon bei Emotionen sind: Ist es als Trainer wichtiger, dass er taktisch perfekt ausgebildet ist oder dass er die Sportler mitreißen kann? Sie haben immerhin mal die Basketball-Mannschaft Ihrer Frau trainiert und sind aufgestiegen, ohne viel Ahnung von Basketball zu haben …
Sich nur über Inhalte zu definieren, kann eine Mannschaft nicht erfolgreich machen. Du brauchst Menschen, die hinter dir stehen und deine Ideen leben. Es gibt im Mannschaftssport unheimlich viele Herangehensweisen, wie man etwas inhaltlich gestalten kann. Und es gibt unheimlich viele unterschiedliche Spielertypen. Es ist wichtig, alle hinter sich zu haben, zu moderieren. Der Führungsstil ist wichtiger als der Inhalt – ohne den es aber natürlich auch nicht geht.
Rot-Weiss Essen: Gegner Saarbrücken hat eine starke Defensive
Und wie funktioniert das beim 1. FC Saarbrücken? Was für eine Mannschaft kommt nach Essen?
Ich bin dafür bekannt, dass wir eine sehr direkte Art haben, das gegnerische Tor zu bedrängen. Wir haben aber auch eine Verantwortung geschafft, das eigene Tor zu verteidigen, die in dieser Liga beispiellos ist. Alle, auch unsere Stürmer, freuen sich über Zu-null-Spiele. Das sind gute Grundvoraussetzungen. Kritisch müssen wir ansprechen, dass wir zwischen den Strafräumen noch einiges draufpacken können, wenngleich wir in allen Spielen eine gute Spielanlage hatten – das hat sich nur nicht in Toren widergespiegelt.
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Das alles hat Sie früh in die Spitzenplätze der 3. Liga geführt. Soll der FCS am Ende der Saison den Zweitliga-Aufstieg feiern?
Es muss nach zweimal 59 Punkten in Folge in unserem Selbstverständnis liegen, zu den absoluten Topteams der Liga zu gehören. Ich habe mich deutlich dazu bekannt, dass wir uns entwickeln müssen. Wir müssen die 60-Punkte-Hürde nehmen. Dann ist es eine Frage der restlichen Spiele, ob man die 70-Punkte-Marke knackt, das war immer nötig, um aufzusteigen. Es kann aber vieles passieren, dass man nicht kalkulieren kann: Verletzungen, eine unglückliche Serie. Wir sind nicht der größte Klub in der Liga, haben nicht den größten Etat. Aber alles weniger als 60 Punkte wären eine Enttäuschung.