Essen. Uralt-Ultra-Präsident schwärmt von einem denkwürdigen Spiel an einem denkwürdigen Tag. Und ein wenig Wehmut ist trotz Aufstiegsjubel auch dabei.
Was soll ich denn jetzt noch groß schreiben, jetzt, wo scheinbar ganz Deutschland und der Rest Europas Rot-Weiss Essen zum Aufstieg in die Dritte Liga gratuliert hat. Massenhaft Nachbetrachtungen und Analysen von Experten mit Rang und Namen verfasst wurden. Unzählige Videos und Fotos vom denkwürdigen letzten Spiel dieser denkwürdigen Saison das World Wide Web überfluten.
Okay, ich könnte eine Dankesrede wie bei einer Oscar-Verleihung halten, doch dann müsste ich jemanden ohrfeigen. Könnte ich, mach ich aber nicht. Nicht bei Aufstieg. Dann besser den Roten Teppich wie in Cannes, weil der Verein lang genug durch Knüppelgassen gehen musste, trotz Niederlagen, Enttäuschungen, Misserfolgen und Rückschlägen niemals aufgab und am Ende das (vorläufige) Ziel erreichte.
Rot-Weiss Essen hat sich in die Herzen der Fans gespielt
Der Erfolg hat viele Väter, - muss ich jetzt auch Mütter anführen? - von außen schwer zu beurteilen, wer wie viel Anteil daran hat. Vorstandsboss Marcus Uhlig, Sportdirektor Jörn Nowak und Ex-Trainer Christian Neidhart nenne ich stellvertretend für sämtliche MitarbeiterInnen des Vereins. Sie haben die Grundlagen geschaffen, damit die Mannschaft auf dem grünen Rasen trotz Punktabzüge am Grünen Tisch den Titel Meister der Regionalliga-West gewann.
Die Spieler haben sich zudem tief in die Herzen der Fans gespielt. Was da am Samstag vor, während und nach der Partie gegen Ahlen an der Hafenstraße abging, ist für Nicht-RWE-Fans kaum zu begreifen. Für Fans anderer Ruhrpott-Clubs schon eher. Wobei diese gewaltige wie gewaltlose Explosion der Gefühle schon seinesgleichen sucht.
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Auch Heranwachsende entscheiden sich für diesen ehemaligen Viertliga-Club
Ich frage mich noch heute, was geht da in einem vor, es ist doch im Grunde nur ein banales Ballspiel und das noch nicht einmal auf höchstem Niveau. Drittklassig, hey, warum flippen die Menschen für sowas förmlich aus, tanzen, jubeln und feiern, als hätten sie die Welt erobert. Niemand fragt nach Herkunft, Kontostand oder politischer Gesinnung. Samstag waren sie alle vor dem Rot und Weissen Gesetz gleich. Sie, wir, waren SIEGER! Keine Wahlsieger. Nein, echte Champions!
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Nach 14 Jahren Erfolglosigkeit, mit kurzen Ausnahmen. Sowas prägt. RWE hat mindestens zwei Generationen an Fans verloren. Wer will sich schon mit „Loosern“ abgeben?! Trotzdem entschieden sich immer wieder Heranwachsende ausgerechnet für diesen ehemaligen Viertliga-Club. Eben jene junge Garde macht mich stolz. Sie sind aus dem Holz geschnitzt, die einen RWE-Fan ausmachen. Wegstecken, mal murrend, mal genervt, mal verzweifelt, doch Durchhalten wird irgendwann belohnt. Treue zahlt sich am Ende aus. Eine Lebenseinstellung.
Der 14. Mai 2022 lässt viele Jahre davor vergessen
Der 14. Mai 2022 lässt viele, viele Jahre vergessen. Einer dieser ganz seltenen magischen Momente. Motzen und zweifeln können wir noch früh genug. Wenn ich schon die Namen der möglichen Trainer-Kandidaten höre. Geh´ mich doch weg damit. RWE hat den Sprung zurück ins Profigeschäft gepackt und parallel die Jugendarbeit forciert. Zudem entsteht ein neues Trainingsgelände. Es tut sich an allen Ecken und Kanten etwas. Nur nicht an den Ecken im Stadion.
Fügt zusammen, was zusammengehört! Die Eckdaten sind bekannt. Ohne Unternehmensberater wird´s deutlich preiswerter. Dieser Rat ist kostenlos. Aber erstmal fahren wir bald nach Zwickau, um den RWE spielen zu sehen. Endlich mal was Neues. Ein Traum ging in Erfüllung. Traurig und wehmütig wird mir ums Herz, wenn ich an all die eingefleischten RWE-Fans denke, die diesen Triumph nicht mehr miterleben durften, die viel zu früh von uns gegangen sind. Ihr bleibt unvergessen! Ihr seid RWE!
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