Essen. Rot-Weiss Essen gegen Preußen Münster wurde abgebrochen. Der Fall landet vorm Sportgericht. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Topspiel.
Vor dem Regionalliga-Spitzenspiel zwischen Rot-Weiss Essen und Preußen Münster hatten alle Beteiligten betont, dass dieses eine Spiel Mitte Februar noch nicht darüber entscheidet, wer auf- und wer absteigen wird. Aber: Es ging natürlich um drei wichtige Punkte im Kampf um die Meisterschaft in der Regionalliga West. Bitter: Wer die Punkte bekommt, das ist nach dem Spielabbruch an der Hafenstraße am Sonntag keine sportliche Frage mehr.
Rot-Weiss Essen gegen Münster abgebrochen – was ist passiert?
Kurz nach dem Münsteraner Ausgleichstor war in der 74. Minute ein Böller aus der Essener Fankurve in Richtung Platz geworfen und am Spielfeldrand explodiert, wo sich die Ersatzspieler der Preußen aufwärmten. Marvin Thiel ging direkt zu Boden, verließ mit einem Betreuer den Platz. Auch Preußens Jannik Borgmann wurde verletzt.
Preußen-Sportdirektor Peter Niemeyer sagte: „Sowohl unser Arzt als auch ein neutraler Arzt haben sich die beiden Spieler angeschaut und festgestellt, dass sie nicht mehr spielfähig sind.“ Der Schiedsrichter Christian Scheper brach das Spiel daraufhin ab.
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Wie wird das Topspiel jetzt gewertet?
Was das für die Wertung bedeutete, darüber wollten Niemeyer und auch der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig unmittelbar nach dem Abbruch nicht spekulieren. Uhlig betonte, man hätte natürlich gerne weitergespielt, letztendlich sei ein Abbruch aber eine Entscheidung des Schiedsrichters, die er nicht bewerten könne.
Auf Schiedsrichter Schepers Bericht kommt es jetzt auch an, wenn es um die Wertung der Partie geht. Der geht an Staffelleiter Wolfgang Jades, der allerdings auch nicht einfach entscheiden kann. „So ein Spielabbruch landet immer vorm Sportgericht“, erklärte Jades am Sonntagabend auf Anfrage dieser Redaktion. Mehr gebe es dazu aktuell noch nicht zu sagen – wenn alle Informationen gesammelt seien, würde verhandelt. „Das geht normalerweise sehr zügig, kann aber auch etwas dauern.“ Im Verfahren bekommen die Vereine die Möglichkeit Stellung zu beziehen.
Möglich ist, dass die Partie wiederholt wird – wahrscheinlicher aber, dass sie gegen Rot-Weiss Essen gewertet wird. In der Spielordnung steht, dass eine Partie gegen eine Mannschaft gewertet wird, wenn sie „den Abbruch verschuldet, oder wenn das Spiel durch mangelhaften Ordnungsdienst des Platzvereins durch den Schiedsrichter abgebrochen wird.“
Wie haben Sportgerichte in ähnlichen Fällen entschieden?
2015 wertete das DFB-Sportgericht das abgebrochene DFB-Pokalspiel zwischen dem VfL Osnabrück und RB Leipzig gegen den VfL. Das Spiel wurde damals wegen eines Feuerzeugwurfs auf den Schiedsrichter beim Stand von 1:0 für Osnabrück abgebrochen.
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„Gemäß der für alle Vereine geltenden Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist das Spiel für den VfL Osnabrück mit 0:2 als verloren zu werten, da der Verein für seine Zuschauer verantwortlich ist und das Verschulden der Zuschauer dem Verein zuzurechnen ist“, erläuterte Hans E. Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts. „Ein Wiederholungsspiel oder ein Nachspielen der letzten 20 Minuten ist daher nicht möglich.“
Marcus Uhlig wehrte sich auf der Pressekonferenz gegen den Ausdruck, die Essener seien die sportlich „Leidtragenden“ des Spielabbruchs – wie gewertet werde, sei ja noch unklar.
Verschärft RWE die Regeln für die kommenden Heimspiele?
Auf die Frage nach den Sicherheitsvorkehrungen sagte Marcus Uhlig: „Heute ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über verschärfte Sicherheitsszenarien für die nächsten Heimspiele zu sprechen. Fakt ist, dass wir uns das genau wie möglich analysieren, was heute passiert ist und ob man einen Anhaltspunkt findet, ob es irgendwo eine Sicherheitslücke gibt. Aber das kann ich mir nicht vorstellen, bei uns wird schon sehr vernünftig kontrolliert. Wir sehen es jede Woche fast in jedem Stadion, was dann trotz Kontrollen passieren kann. Es ist nicht schön, aber wahrscheinlich auch nicht in letzter Konsequenz zu verhindern.“
Wie geht es für Rot-Weiss Essen jetzt weiter?
Schon am Mittwoch wartet das nächste Spiel auf die Mannschaft von Christian Neidhart, der am Sonntag gegen Münster coronabedingt nicht im Stadion war. Im Niederrheinpokal geht es gegen den VfR Fischeln. Nächstes Regionalliga-Spiel ist die Partie in der Veltins-Arena beim FC Schalke 04 II (26. Februar) für die Essener, die weiter auf Platz eins stehen, fünf Punkte vor Münster und Fortuna Köln, wobei die Kölner ein Spiel weniger absolviert haben.
Eine Wiederholung des Spiels wäre sportlich wohl ein glimpflicher Ausgang für Rot-Weiss Essen. In jedem Fall leidet aber das Image des Vereins wieder einmal aufgrund von Negativschlagzeilen bei einem Spiel mit überregionaler Aufmerksamkeit – schon beim Hinspiel hatte es Fan-Ausschreitung gegeben, für die beide Vereine zu Strafzahlungen verurteilt wurden. Das sei „nicht tolerierbar und nicht mit den Werten von RWE vereinbar“, sagte Uhlig zu den Vorkommnissen im Hinspiel.
Nachdem das Rückspiel nicht einmal sportlich beendet werden konnte, wurde er wieder deutlich: „Das ist nicht Rot-Weiss Essen, das ist nicht die Hafenstraße. Das ist die Untat eines Einzelnen, der hier möglicherweise viel kaputt gemacht hat. Das wird aufzuarbeiten sein.“ Er kündigte an: „Wir werden alles dafür tun, dass wir herausfinden, wer das war und das Ganze zur Sanktion bringen.“
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