Essen. Regionalligist Rot-Weiss Essen ist im Pokal an Kiel gescheitert - und hat doch gewonnen. Ein Interview mit RWE-Chef Marcus Uhlig.

Das Glück war dieses Mal nicht auf der Seite von Rot-Weiss Essen. Der Viertligist unterlag am Mittwochabend im Viertelfinale des DFB-Pokals dem Zweitligisten Holstein mit 0:3 (0:2). Spielentscheidend war ein umstrittener Elfmeter, der zum 0:1 aus RWE-Sicht führte. Rot-Weiss Essens Vorsitzender Marcus Uhlig (50) sprach noch in der Halbzeitpause von einem "Riesen-Skandal". Am Tag nach dem Pokal-Aus legt der RWE-Chef im Interview mit dieser Redaktion nach. Außerdem spricht Uhlig über die finanziellen Erlöse des Pokals und die Planung für die kommende Saison.

Marcus Uhlig, Sie haben sich sehr über die Elfmeterentscheidung aufgeregt. Ist der Ärger inzwischen verflogen?

Das kann ich noch nicht behaupten. Es ging schließlich um den Einzug in das Halbfinale des DFB-Pokals. Demnach hat mich das auch am Morgen danach beschäftigt. Früher haben wir uns auch über Fehlentscheidungen des Schiedsrichters aufgeregt. Das waren normale Emotionen. Der VAR sollte den Sport gerechter machen. Wenn der Videoschiedsrichter aber in solchen Situationen wie beim Elfmeter gegen uns nicht eingreift, wird es immer schlimmer statt besser. Man könnte sagen, dass wir den Fußball verschlimmbessern.

Uhlig: "Jeder Blinde hätte dann gesehen, dass es kein Foul war"

Sie sind nicht der Erste, der den Einsatz des VAR kritisiert.

Nein, natürlich nicht. Die Aktion gegen Kiel war eine Mustersituation für den Einsatz des VAR und die aktuelle Problematik. Ich habe Verständnis für den Schiedsrichter. Im ersten Moment sind wir alle von einem Foul ausgegangen. Aber der Videoschiedsrichter hätte sich das ansehen müssen. Jeder Blinde hätte dann definitiv gesehen, dass es eben kein Foul war. Was mich zudem stört, ist die Arroganz des Vierten Offiziellen, mit dem ich über die Szene in der Halbzeit sprechen wollte. Wenn man dann wie ein Schuljunge behandelt wird, ist das nicht gut. Diese Arroganz und die fehlende Empathie ist ein Kernproblem des Fußballs. Darüber haben sich schon andere beschwert.

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Ihre Mannschaft ist im Viertelfinale ausgeschieden, hat als Viertligist drei höherklassige Vereine geschlagen. Der Stolz über diese Leistung dürfte überwiegen, oder?

Das stimmt. Unsere Pokal-Story war einfach überragend. Wir haben bundesweit nachhaltige Schlagzeilen produziert und auch jede Menge Stolz im Umfeld erzeugt. Man muss die Mannschaft und das Trainerteam dafür ausdrücklich loben.

Finanziell dürfte es sich auch gelohnt haben. Der Umsatz wurde erhöht, mehr als zwei Millionen Euro sind geflossen. Wie wichtig war das für Rot-Weiss Essen in dieser so schweren Corona-Krise?

Wir haben so viel Geld eingenommen, dass wir unsere Corona-Sorgen vorerst losgeworden sind. Von daher war das schon extrem wichtig. Ich möchte aber auch betonen, dass wir deshalb nicht im Geld schwimmen. Unsere Corona-bedingten Sparmaßnahmen können wir deshalb nicht aufheben. Man muss bedenken, dass wir ein Verein mit einem großen Zuschaueraufkommen sind, der aber anders als die Bundesligisten quasi keinerlei TV-Gelder aus dem Liga-Betrieb erhält. Mit einem Geisterspiel verlieren wir im Schnitt knapp 100.000 Euro. Mit der Meisterschaft, den vier Spielen im DFB-Pokal und dem Finale im Niederrheinpokal gegen Kleve kam da schon einiges zusammen.

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Ein Ende von Corona ist auch ein Jahr nach Beginn der Krise noch nicht in Sicht. Das dürfte auch Ihre Planung für die kommende Saison erschweren. Wie gehen Sie damit um?

Tatsächlich ist es so, dass die fehlende Planungssicherheit neue Probleme erzeugt. Für das erste halbe Jahr in der 3. Liga planen wir mit 5000 Zuschauern pro Spiel. Das würde auch für die Regionalliga gelten. Der Antrag für die Regionalliga ist nicht so ausführlich wie jener für die 3. Liga, deshalb müssen wir das nicht voll ausplanen. Wir können noch nicht wissen, ob im Sommer und Herbst eine volle oder halbvolle Auslastung möglich ist. Im schlimmsten Fall gehen wieder nur 300 oder gar keine Zuschauer rein. Wir haben deshalb verhalten optimistisch kalkuliert.

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Zuletzt wurde bekannt, dass Rot-Weiss Essen mit seinem sportlichen Führungstrio, das Sie, Sportdirektor Jörn Nowak und Trainer Christian Neidhart umfasst, definitiv auch in die neue Saison gehen soll. Wird das aus Ihrer Sicht eine langfristige Lösung?

Über bestehende Verträge spreche ich generell öffentlich nicht so gerne. Ich kann aber sagen, dass wir so lange wie möglich zusammenarbeiten möchten. Wir wollen hier etwas aufbauen und sind meiner Meinung nach auf einem guten Weg.

Helfen würde der Aufstieg in die 3. Liga. Nach dem Pokal-Aus geht es mit drei Top-Spielen in der Liga weiter. Wie richten Sie die Mannschaft nach zwei unglücklichen 0:3-Niederlagen wieder auf?

Wir müssen unsere Sinne schärfen und uns nun wie Männer aufstellen. Wir haben ein Pokal-Märchen geschrieben, das jetzt beendet ist. Der Fokus liegt nun klar auf dem Aufstieg. Ein dichter Monat März mit vielen schweren Spielen steht uns bevor. Da müssen wir alles reinwerfen.