Essen. Die Traditionsvereine Essen und Oberhausen lassen im Kampf um den Aufstieg nichts unversucht. Der jüngste Versuch ist jedoch äußerst fragwürdig.

Marcus Uhlig ist während der Corona-Zwangspause so etwas wie das Gesicht der Krise für alle Fußballvereine unterhalb der 3. Liga geworden. Seit zwei Monaten setzt sich der Vorsitzende des Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen vorbildlich für die Interessen seines Vereins ein und zieht bundesweites Medieninteresse auf sich. Denn kaum einen Verein in Deutschland trifft die Corona-Krise so hart wie RWE. Die Essener sind der Zuschauermagnet der vierten Liga, locken im Schnitt fast 11.000 Zuschauer zu ihren Heimspielen. Die wegfallenden Einnahmen treffen die Rot-Weissen hart, denn im Gegensatz zu Vereinen aus der 2. Bundesliga, die einen ähnlichen Zuschauerschnitt vorweisen können, fließen bei RWE keine TV-Einnahmen. Spiele ohne Zuschauer lehnt der Verein aus diesem Grund verständlicherweise ab. Gegen eine Aufstiegsrunde zur Klärung der aus RWE-Sicht offenen Aufstiegsfrage sei aber nichts einzuwenden. Gemeinsam mit dem Lokal- und Tabellennachbarn Rot-Weiß Oberhausen hat Essen einen Antrag auf ein Aufstiegsturnier gestellt, um den Relegations-Teilnehmer der Regionalliga West zu ermitteln.

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Die RWE- und RWO-Verantwortlichen pochen nach eigenen Angaben auf eine "sportliche Entscheidung". Die Frage muss an dieser Stelle erlaubt sein: Wäre beiden Vereinen der Sportgeist auch so wichtig gewesen, wenn sie wie der SC Verl auf dem zweiten Tabellenplatz stünden? Wohl kaum.

RWO stimmte für einen Abbruch der Saison

Niemand kann Uhlig vorwerfen, dass er sich für seinen Verein einsetzt und sämtliche Register zieht, um ihn möglicherweise in die 3. Liga zu manövrieren. Zunächst wurde eine zweigleisige 3. Liga gefordert, nun ein Aufstiegsturnier. Man wünschte, seine Spieler hätten in der Vergangenheit einen ähnlich großen Ehrgeiz an den Tag gelegt, dann wäre diese fragwürdige Diskussion wohl nicht geführt worden. Anders lässt sich diese Idee der beiden Big Player aus der Regionalliga West nicht bezeichnen. Denn mit diesem Vorschlag macht sich vor allem RWO lächerlich. Die Oberhausener hatten bei einer Video-Konferenz des Westdeutschen Fußballverbandes (WDFV) bereits für einen Saisonabbruch gestimmt. Nun springt RWO noch auf den RWE-Zug auf. Man kann es schließlich mal versuchen.

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Der Abbruch einer Saison träfe vor allem jene Vereine hart, die ihre Ziele zum Zeitpunkt der Beendigung knapp verfehlt haben. Bewertet wird der sogenannte Ist-Zustand. Aufgrund des Drittliga-Verzichts des SV Rödinghausen hat der SC Verl gegenüber den beiden Revierklubs noch recht deutlich die Nase vorn. Zwei Punkte mehr haben die Ostwestfalen vorzuweisen, dazu hat Verl noch zwei Nachholspiele in der Hinterhand. Sowohl der aktuelle Tabellenstand als auch die sogenannte Quotientenregel sprechen für Verl. Ob dieser Vorsprung uneinholbar gewesen wäre? Sicherlich nicht. Saisonabbrüche aufgrund einer Epidemie haben in den Durchführungsplänen der Verbände keine Berücksichtigung gefunden. Den aktuellen Tabellenstand als Maßstab für die Bewertung zu nehmen, ist das einzig faire Szenario. Eines, das sich niemand gewünscht hat. Den Vorsprung hat sich der SV Verl unter anderem durch einen 4:1-Sieg in Essen erarbeitet. Warum sollte es nun aus Sicht der Verler angebracht sein, dieses Polster auf Kosten eines Entscheidungsspiels, das frühestens drei Monate nach der Unterbrechung stattfinden könnte, aufzugeben?

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Vergleich zum US-Sport hinkt

Im US-Sport wird diese Idee in ähnlicher Form tatsächlich diskutiert. Weil dort die Meister in Form von Playoffs ermittelt werden. Im deutschen Fußball ist die Tabelle entscheidend und sollte es auch in diesem Fall sein.

Sollte der Verband diesem Gaga-Vorschlag tatsächlich zustimmen, wovon nicht auszugehen ist, wären darüber hinaus Tür und Tor für alle Vereine geöffnet, die sich zum Zeitpunkt des Abbruchs in einer ähnlichen Ausgangslage wie RWE und RWO befunden haben. Von der Regionalliga bis hinunter in die Kreisliga C. Vom Fußball bis hin zu anderen Sportarten. Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen sollten ihre Energie lieber dafür verwenden, sich bestmöglich auf die nächste Saison vorzubereiten. Dann wäre ein sportlich fairer Wettbewerb wohl wieder möglich.