Essen/Oberhausen. Die Pause im Spielbetrieb wegen der Corona-Pandemie führt die Regionalligisten an den Rand der Existenz. Für sie gibt es nur noch einen Ausweg.
Wenn über die Folgen der Coronakrise für den Fußball gesprochen wird, fallen häufig die Begriffe Gehaltsverzicht und Solidarität. Sie werden vorwiegend von den Entscheidungsträgern der Erstligisten genutzt; die durch die Pandemie erzwungene Pause setzt auch den Vereinen in der höchsten Spielklasse zu. Noch sucht die Deutsche Fußball-Liga (DFL) für die Bundesliga nach Möglichkeiten, die Saison zu beenden und somit viele Klubs zu retten. Diese Existenzangst ist bei den Vereinen ein paar Spielklassen darunter aber noch viel größer.
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Dementsprechend erleichtert atmeten die Vertreter der Regionalliga West vor etwas mehr als einer Woche auf: Der Westdeutsche Fußballverband einigte sich in einer Telefonkonferenz mit den 18 Klubs, die aktuelle Saison mindestens bis zum 19. April auszusetzen. Man muss es so drastisch formulieren: eine vereinslebensrettende Maßnahme. „Jetzt kann jeder Verein fürs Erste weiter planen“, sagt Marcus Uhlig, Vorstands-Chef von Rot-Weiss Essen. Die Schreckensszenarien Saisonabbruch und Geisterspiele sind vorerst vom Tisch. Spiele ohne Zuschauer sind für Uhlig „die allerletzte Option – da spreche ich auch für die meisten Regionalligisten.“
Saisonabbruch wegen Coronavirus kostet RWO 400.000 Euro
Auch Uhlig weiß, dass der 19. April zunächst ein Orientierungsdatum ist. Eher ist davon auszugehen, dass die Pause weiter ausgedehnt wird. Von unseriösen Prognosen aber hält Manfred Schnieders nichts: „Wir nehmen die Sorgen der Vereine sehr ernst, können aber nicht absehen, wie und ob der Spielbetrieb fortgesetzt werden kann“, sagt das WDFV-Präsidiumsmitglied. Es werde alles versucht, um die Saison bis zum 30. Juni sportlich zu beenden.
Sollte dies nicht der Fall sein, könnte es für viele Regionalligisten knüppeldick kommen. Nach Meinung von RWO-Präsident Hajo Sommers werden viele Klubs in Liga vier in den nächsten Monaten gewaltige Probleme bekommen und sogar Insolvenz anmelden müssen – laut Aussage des 61-Jährigen ist sogar die Hälfte aller Klubs in der West-Staffel gefährdet. „Die Insolvenzen werden nicht sofort passieren. Aber irgendwann wird die Durststrecke so lang werden, dass viele Vereine ihren ganzen Apparat nicht mehr bedienen können. Dann ist für viele Klubs Schluss“, erklärt Sommers gegenüber dem Fußballmagazin Reviersport.
In Oberhausen sind die Fußballer in Kurzarbeit geschickt worden
In diesem Fall müsste sich auch RWO über eine Insolvenz Gedanken machen: Den Kleeblättern würden bei einem vorzeitigen Saisonabbruch rund 400.000 Euro in der Kasse fehlen. RWO sorgt vor und schickte seine Spieler sowie Mitarbeiter in Kurzarbeit – Spieler bekommen je nach Familienstand 60 bis 67 Prozent ihres Gehalts überwiesen. Sommers: „Aktuell ist die Kurzarbeit unsere einzige Möglichkeit, alles aufrechtzuerhalten und auf Sparflamme zu leben.“ Neben Oberhausen sind auch Rot-Weiss Essen, der Bonner SC, Alemannia Aachen und der Wuppertaler SV den Weg der Kurzarbeit gegangen.
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Doch in Essen, mit 11.000 Besuchern pro Heimspiel Viertliga-Krösus, ist die Situation mit der der anderen Regionalligisten kaum zu vergleichen. Bei einem Saisonabbruch würde sich der Schaden auf rund 2,5 Millionen Euro belaufen. Diese erhebliche Summe bestätigt Marcus Uhlig. „Der Abbruch wäre der Worst Case“, erklärt Essens Vorstands-Boss. „Rot-Weiss funktioniert wirtschaftlich ja in erster Linie darüber, dass möglichst viele Heimspiele vor möglichst vielen Zuschauern stattfinden. Dann können wir Einnahmen über die Zuschauer, den Fanshop, die Hospitality, das Catering generieren. Und wenn dieses Geschäftsmodell seine Existenz-Grundlage verliert, werden auch wir ernsthafte Probleme kriegen.“
Rot-Weiss Essen hat 5000 Dauerkarten-Besitzer
RWE hat bis zum Saisonende noch sechs Heimspiele, die rund eine Million Euro einbringen würden. Dazu darf sich der Tabellendritte über knapp 5000 Dauerkarten-Besitzer freuen, die bereits für die 17 Heimspiel bezahlt haben. Sollten diese, was unwahrscheinlich ist, ihr Geld für die nicht ausgetragenen Heimspiele zurückfordern, müsste RWE seinen Saison-Abonnenten gut 1,5 Millionen Euro zurückzahlen.
Ob in Essen, Oberhausen oder anderswo: Alle Vereine haben ihre eigenen finanziellen Probleme. In einem sind sie sich aber einig: Während in der Bundesliga für das Überleben vieler Vereine Geisterspiele alternativlos sind, ist für die meisten Regionalligisten eine Saison-Fortsetzung mit Zuschauern vonnöten, um nicht von der Pleite bedroht zu sein. Uhlig: „Wenn die Saison abgebrochen werden würde, wäre es eine Tragödie. Solchen Gedankenspielen würden wir uns mit allem, was wir haben, widersetzen.“