Essen. Jan-Lucas Dorow, Schütze des entscheidenden 2:1 für RWE gegen Köln II, schildert seine Gefühle in letzter Minute. Alle sind aus dem Häuschen.
Der Anfang ist gemacht. Glücklich und zufrieden verließen die Fans nach dem 2:1-Erfolg über den Nachwuchs des 1. FC Köln das Stadion und waren sich in ihrer Einschätzung des Spiels wohl ziemlich einig: „Starke zweite Halbzeit und es sah sogar nach Fußball aus.“ Dass es wie schon gegen Borussia Dortmund II ein Last-Minute-Sieg war, störte niemanden, hatten sie doch ein spannendes Spektakel gesehen mit einem Happy End in der letzten Szene. Und so ein Siegtreffer auf den letzten Drücker macht ja manchmal auch noch ein bisschen glücklicher.
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Vieles erinnerte nach Schlusspfiff an das vergangene Jahr. Auch damals herrschte ausgelassene Partystimmung an der Hafenstraße, die Mannschaft wurde ausgiebig gefeiert und die Euphorie war förmlich greifbar. Fünfmal in Folge hatte RWE im August 2018 gewonnen und war auf den Regionalliga-Gipfel gekraxelt. Gegen einen eher beigen Gegner wie Bonn waren 10.000 Zuschauer gekommen - unglaublich. Und nach dem 1:0-Heimsieg waren alle Rot-Weissen völlig aus dem Häuschen. Was folgte, ist bekannt. Je höher man fliegt, desto tiefer kann man fallen.
Qualität der RWE-Mannschaft ist zu hoch für einen Absturz
Doch ein solcher Absturz erscheint diesmal doch eher unwahrscheinlich. Dafür ist die Qualität der Mannschaft zu hoch – in der Erfahrung und vor allem auch spielerisch, was man allerdings angesichts des erheblich höheren Budgets auch erwarten darf. Natürlich gab es auch schon schwächere Phasen, wie gegen Köln im ersten Durchgang. In einigen Szenen wurde schlecht verteidigt, der Wunsch, endlich mal zu Null zu spielen, ist noch unerfüllt. Aber Cheftrainer Christian Titz hatte es ja prophezeit, dass man Zeit brauche, um das Gefüge nachhaltig zu stabilisieren. Aber die Geduld, die vom Umfeld verlangt wird, bewies sein Team auf dem Rasen. „Wir ziehen unsere Linie konsequent durch und spielen bis zur 90. Minute diszipliniert weiter“, erklärte Siegtorschütze Jan-Lucas Dorow. „Dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann das Tor fällt.“
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Vor allem in der Breite, so viel kann man schon jetzt sagen, ist der Kader in dieser Saison erheblich besser aufgestellt, was Trainer Titz einen veritablen Handlungsspielraum eröffnet, den er gegen Köln auch früh nutzte. Bereits nach gut einer halben Stunde wechselte der Coach gleich zweimal. Brachte für Innenverteidiger und Kapitän Marco Kehl-Gomez den offensiven Florian Bichler, für Mittelstürmer Marcel Platzek kam Dorow in die Partie. Zwei goldrichtige Entscheidungen wie sich herausstellen sollte. Dorow bereitete das 1:1 durch Joshua Endres vor und machte das 2:1 selbst. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, sagte der Eingewechselte bescheiden. Aber er wollte nicht leugnen, dass es für ihn, für den Mann aus der zweiten Reihe, ein besonderes Erlebnis war. „Ich kann’s gar nicht erklären, der Ball kommt zu mir, ich halte den Fuß hin und er geht unter die Latte“, sagte der junge Mann und wirkte noch immer ergriffen: „Dann bist du wie im Film, alle rennen auf dich zu, die ganze Bude bebt - das ist es ja auch das, wofür man als Fußballer lebt.“
Kölner Trainer dankte „für diese Erfahrung“
Die Gastgeber stürmten nach der Pause in Richtung Westtribüne, immer auf die rot-weisse Wand zu. Spieler und Fans entwickelten dabei gleichermaßen eine Wucht, die in der Regionalliga ihresgleichen sucht. Der permanente Druck nahm den Kölnern die Luft zum Durchatmen. „Das ist für uns ne echt krasse Erfahrung, nicht nur für das Team, sondern auch für mich als Trainer“, gestand Kölns Coach Mark Zimmermann. Vor drei Wochen habe er dieses Gefühl bereits als Außenstehender auf der Tribüne mitbekommen und fand die Stimmung auch diesmal grandios. Zimmermann schloss mit den Worten: „Danke für diese Erfahrung.“
Auch Florian Bichler, der von der Bank nachrückte, beflügelte die Essener Offensive und erzielte ein Tor, das aber wegen Abseitsstellung nicht gegeben wurde. Bichler, ein gelernter Offensivspieler, bekam den Auftrag, die rechte, defensive Seite zu besetzten. Ungewohnt für ihn. „Ich glaube, dort habe ich zuletzt in der Jugend gespielt“, schmunzelte „Bichi“. Nicht ganz, schon zuletzt im Niederrheinpokal gegen Genc Osman Duisburg fand er sich dort wieder. Und ein Problem ist es offenbar nicht für ihn. „Wir haben das im Training schon häufiger gemacht. Ich weiß, wie ich mich verhalten muss, zumal wir auf dieser Position auch recht offensiv spielen. Man freut sich ja und jammert nicht.“ Schon gar nicht an einem solchen Tag.