Essen. . Der Ausstand an der Hafenstraße misslingt gründlich. RWE unterliegt Absteiger SC Wiedenbrück. Timo Brauer erzielte zum Abschied ein Traumtor.

Es dürfte kaum einen Rot-Weissen geben, der nach dem Schlusspfiff nicht erleichtert aufgeatmet hat: Gott sei Dank gibt’s nur noch einen Spieltag, dann hat RWE fertig – und die aus Essener Sicht so maßlos enttäuschende Saison ein Ende.

Zeit, dass sich was ändert

Auch der Saisonausklang an der Hafenstraße ist dem Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen gründlich misslungen und man kann den Fans nur beipflichten: „Zum Glück hat dieses Elend bald ein Ende. Auf ein Neues!“

Diese Heimpleite hat nochmals verdeutlicht: Selten zuvor, wenn überhaupt, waren die Rot-Weissen dermaßen vom Verletzungspech verfolgt. Aber klar ist auch: Es muss sich Grundlegendes ändern, wenn RWE in der kommenden Saison oben angreifen möchte.

Die Verantwortlichen haben die se Spielzeit natürlich längst analysiert und man kann nur hoffen, dass sie die richtigen Schlüsse daraus ziehen und diese konsequent umsetzen. Es braucht einen Schnitt, notfalls per Abfindung.

Neun Spieler, und es könnten noch einige folgen, wurden am Samstag offiziell verabschiedet. Unter ihnen Timo Brauer. Eine schwierige, eine unangenehme, weil emotionale Personalie, weil Brauer ein markantes Gesicht ist und als Identifikationsfigur gilt. Erst schien es, als wolle man mit ihm weitermachen, dann entschied man sich doch anders. Das hätte besser laufen können.

Natürlich hat der neue Sportdirektor Jörn Nowak bereits eingegriffen. Er hat die Sicht von außen, was manchmal auch von Vorteil sein kann. Bei RWO träumt Nowak aktuell noch der Meisterschaft. Er weiß also, wie Titelkampf geht. Und genau das gilt es an der Hafenstraße zu beweisen. (Rolf Hantel)

So richtig Spaß macht es dem Anhang schon lange nicht mehr, dafür waren die Leistungen vor allem an der Hafenstraße viel zu dürftig. Und mittlerweile reagieren die treuen Fans vor Ort auf die sportlichen Tiefschläge mit einer gewissen Lethargie. Klar, es gab Pfiffe nach dem 1:2 (0:0) gegen den Abstiegskandidat SC Wiedenbrück, aber alles in allem waren die Reaktionen gemäßigt, man hatte nicht den Eindruck, als würde das Volk schäumen vor Wut. Und zeitweise war es während des Spiels ungewöhnlich still im Stadion. Man ist es halt leid.

Gäste mit Leidenschaft, Gastgeber mit Problemen,

Dabei hätte Rot-Weiss beim letzten Heimspiel der Saison locker und unbeschwert aufspielen können, während die Gäste zumindest ihre Minimalchancen im Abstiegskampf wahren wollten. SCW-Trainer Björn Mehnert attestierte seiner Mannschaft Leidenschaft, aber alles in allem wirkte das, was die Ostwestfalen auf den Rasen brachten, doch bieder und harmlos. Zum Sieg hat’s dennoch gereicht, nicht aber zur Rettung, weshalb Wiedenbrück nach 90 Minuten genauso enttäuscht war wie die Gastgeber.

Gruß von der Westtribüne an den scheidenden Sportdirektor Jürgen Lucas.
Gruß von der Westtribüne an den scheidenden Sportdirektor Jürgen Lucas.

„Wir haben uns genügend Chancen herausgespielt, um ein Tor zu machen“, sagte RWE-Trainer Karsten Neitzel. „Aber man wird am Ergebnis gemessen, und da haben wir wenig Argumente auf unserer Seite. Es ist ein gebrauchter Tag für uns. Wir wissen, dass wir zu viel verkehrt gemacht haben.“

Damit wollte es Neitzel auch bewenden lassen. Die Saison ist eh gelaufen. Wobei er aber noch versuchte, ein bisschen Verständnis für sein Jungs zu wecken. In der Tat spielte RWE nach knapp einer Stunde mit dem allerletzten Aufgebot. Kevin Grund hatte sich zuvor verletzt abgemeldet, Angreifer Enzo Wirtz musste nach 34 Minuten verletzt passen, Offensivspieler Lukas Scepanik nach 55 Minuten. Für Scepanik kam Timo Becker, ein Innenverteidiger, was die Misere noch einmal verdeutlichte.

Fans lassen Timo Brauer nach Traumtor hochleben

Der gerade genesene Stürmer Max Wegner saß zwar noch auf der Bank, aber er dürfte wohl eine Option im Vertrag haben, dass sich bei einer gewissen Zahl an Einsätzen sein Engagement bei RWE verlängert. Ergo: Die Verantwortlichen müssen diese Personalie offensichtlich noch überdenken.

Klarheit herrscht dagegen bei den neun Spielern, die vor dem Anpfiff verabschiedet wurden. Timo Brauer, einer von ihnen, setzte schließlich eine der wenigen Pointen an diesem Tag und provozierte skurrile Szenen. Aus 18 Metern hatte der Timo den Ball zum 1:1-Ausgleich in den Giebel gehämmert (67.) und ließ sich nun vor der Westtribüne feiern. Dort stimmten sie an: „Außer Timo könnt’ ihr alle gehen...“

Ein Dankeschön an Jürgen Lucas von der Westtribüne

Natürlich wollte die Fans damit auch Kritik an den Rest der Truppe loswerden. „Am heutigen Tag auch völlig zurecht“, räumte Neitzel ein.

RWE-Chef Marcus Uhlig  mit Jürgen Lucas
RWE-Chef Marcus Uhlig mit Jürgen Lucas

Für Timo Brauer war es das letzte Spiel im RWE-Trikot, denn zum Abschluss bei Fortuna Düsseldorf II ist nach der fünften gelben Karte gesperrt. „Das Tor war die Krönung“, meinte Brauer trotz aller Enttäuschung über das Spiel und seinen Abschied. Die Niederlage konnte er damit nicht abwenden, und auch die Verantwortlichen bei Rot-Weiss werden ihre Entscheidung natürlich deshalb nicht überdenken. Ein Comeback an der Hafenstraße wollte Brauer indes nicht ausschließen. Er sei halt ein Rot-Weisser durch und durch. Und das ist auch der Grund, weshalb sich die Fans auf der Westtribüne beim scheidenden Sportdirektor Jürgen Lucas ausdrücklich mit einem riesigen Transparent bedankten.