Essen. . RWE-Chef Marcus Uhlig glaubt, dass sich Fans und Team angenähert haben. Rund 1000 Rot-Weisse fahren zum Start nach Rödinghausen. Ein Interview.
Als Marcus Uhlig im November 2017 an der Hafenstraße anheuerte, hatte er sich gleich geoutet: Er ist von klein auf Fan von Rot-Weiss Essen, und ein RWE-Schal hängt seit 30 Jahren irgendwo in seinem Kleiderschrank. Und der bleibt auch, wo er ist, wenn die Rot-Weissen an diesem Samstag beim SV Rödinghausen (14 Uhr, Häcker-Wiehenstadion) in die Saison starten. Uhlig ist nun Chef beim Essener Viertligisten und erlebt dort seine erste Spielzeit von Beginn an.
Hallo Herr Uhlig, wie lief denn Ihre Vorbereitung auf die Saison?
Marcus Uhlig: Die läuft für mich immer noch weiter, und das hört auch nicht auf, weil die Arbeit hier ein ständiger Prozess ist. Wir haben immer zu tun, und zwar in allen Bereichen: Sport, Vertrieb, Sponsoring, Merchandising, Organisation, interne Abläufe. Es ist ja nicht so, dass wir hier eine To-do-Liste abarbeiten und irgendwann fertig sind. Überall versuchen wir uns zu verbessern und Dinge zu optimieren.
Sie haben mal zu Beginn Ihres Engagements gesagt, man werde ordentlich Gas geben. Wieviel Kilometer haben Sie seither gemacht?
Uhlig: Schwierig zu sagen. Es ist ja nicht so, dass wir die Welt auf den Kopf stellen und alles verändern und anders machen wollen. Wir haben mit unserem Team auf der Geschäftsstelle vieles gewuppt, sportlich haben wir eine Menge angestoßen.
Wie beurteilen Sie denn die sportlichen Vorbereitung?
Uhlig: Stand jetzt bin ich sehr zufrieden. Das mache ich nicht nur an den Ergebnissen fest. Wir haben das geschafft, was wir uns vorgenommen haben, wir haben die Mannschaft in der Qualität und in der Breite verstärkt. Jetzt muss man abwarten, wie es funktioniert. Aber ganz wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit Jürgen Lucas und Karsten Neitzel. Wie wir miteinander sprechen und arbeiten, da habe ich schon das Gefühl, dass wir gut vorbereitet in die Saison gehen.
Sie haben sich sofort dazu bekannt, dass sie Rot-Weiss-Fan sind. Jetzt sind Sie sogar Chef des Ganzen. Holen Sie am Samstag trotzdem Ihren RWE-Schal aus dem Schrank?
Uhlig: Bei 30 Grad im Schatten? Der bleibt im Schrank (lacht).
Wie ist es denn so, als Boss auch gleichzeitig Fan zu sein?
Uhlig: Wenn Rot-Weiss verliert, haben wir natürlich alle schlechte Laune. Deshalb müssen wir zusehen, dass wir positive Resultate liefern. Man ist da immer ein bisschen ergebnisgetrieben. Natürlich habe ich als Verantwortlicher einen anderen Blick, im Umfeld sind die Ausschläge gerade bei RWE schon etwas heftiger. Aber ich fiebere schon extrem mit auf der Tribüne.
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In der vergangenen Saison hatten sich Mannschaft und Fans entfremdet bis hin zum vorübergehenden Stimmungsboykott. Für das Spiel in Rödinghausen musste RWE Karten über das Kontingent hinaus nachbestellen, so dass wohl rund 1000 Essener Fans in Rödinghausen erwartet werden. Ist das der Schulterschluss? Und wie stabil schätzen Sie die emotionale Stimmungslage an der Hafenstraße derzeit sein?
Uhlig: Natürlich ist immer eine gewisse Anfangseuphorie dabei, aber ich denke, dass wir uns wieder angenähert haben. Das, was ich wahrnehme, ist positiv. Wir gehen gemeinsam in diese Saison, und so profan es klingt, es geht nur gemeinsam. Wir müssen mit den Fans eine Einheit sein und auch in Krisensituationen, die möglicherweise kommen werden, beieinander bleiben.
Positiv denken und nach vorne schauen, diese Haltung fordern Sie ein, und nicht immer gleich nach jedem Rückschlag in eine Krise fallen. Haben Sie ihren Optimismus, den Sie ja vorleben müssen, auch den Sponsoren vermitteln können, die möglicherweise über die Aktion Zusammen Hoch3 enttäuscht sind?
Uhlig: Wir haben versucht, überall für bessere Stimmung zu sorgen, und ich glaube schon, dass uns das zum großen Teil gelungen ist. Wir trommeln nicht, aber es ist auch wichtig, dass die Partner zu uns stehen. Es wird eine anspruchsvolle Saison, da muss vieles zusammenpassen, damit wir unsere Ziele erreichen. Wir werden alles raushauen, soviel steht fest. Und das ist ja auch die Erwartungshaltung. Wir wollen ein Team, das immer alles gibt.
Hätten Sie manchmal gerne einen reichen Onkel, der Rot-Weiss mit seinem Geld weiterhilft?
Uhlig: Nur, wenn ein solches Modell auch wirklich zu uns passt. Einige Vereine haben einen solchen Mäzen oder Unterstützer, während wir uns ausschließlich aus dem operativen Geschäft finanzieren. Aber man kann die Vereine nicht immer miteinander vergleichen und die jeweiligen Verhältnisse dort übertragen. Viktoria Köln oder Rödinghausen haben nun mal ein kleineres Umfeld als wir. Fest steht aber auch, dass uns jeder Euro weiterhilft, deshalb müssen und werden wir uns immer weiter mit zusätzlichen Erlös-Quellen beschäftigen.
Im sportlichen Bereich muss sich aber auch etwas tun.
Uhlig: Genau, auch da müssen wir uns ständig verbessern. Wir haben jetzt keine Strichliste, die wir abarbeiten, aber wir sind in täglichen Gesprächen und sehen zu, dass wir uns kontinuierlich in kleinen Schritten verbessern. Zu dieser Saison haben wir die Qualität erhöht und auch in der Breite zugelegt, so dass Karsten Neitzel mehr Alternativen hat.
Das macht Mut, oder?
Uhlig: Schon, aber die anderen leben nicht auf einem anderen Planeten oder schlafen auf Bäumen. Es muss, wie gesagt, schon alles passen. Wichtig ist, dass wir immer sachlich und besonnen agieren, dass wir in guten Phasen vorsichtig bleiben, und in negativen Momenten auch nicht gleich nervös werden und verrückt spielen. Ich weiß, das ist nicht einfach hier in Essen. Aber wenn der Erfolg mal ausbleiben sollte, dürfen wir nicht alles gleich wieder umschmeißen. Erfolg ist am Ende immer dort, wo die handelnden Personen zusammenbleiben und kontinuierlich etwas aufbauen konnten.
Leicht gesagt, der Erfolgsdruck in Essen ist doch immens, oder?
Uhlig: Ja, wir haben Druck, aber den müssen wir in positiven Antrieb umwandeln. Und mit einem positiven Signal in Rödinghausen könnten wir uns etwas Rückenwind holen.
Um die Titeljagd aufzunehmen?
Uhlig: Ehrlich? Wir sind in der vergangenen Saison Zehnter geworden und sollten jetzt nicht herumspinnen. Wir wollen mitmischen, enger und länger oben dran bleiben. Aber lassen Sie uns heute nicht über den Titel reden. Wichtig ist zunächst, gut in die Saison zu kommen. Das ist unser erstes Ziel. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.